Budapest 2 (Clintasha)(Shipp)

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Ihren rechten Arm hat sie fest um seine Schultern geschlungen, um ihr verletztes Bein nicht zu stark zu belasten, als er sich bemüht sie so gut es geht zu dem Hotel zu bringen, in dem er ein muffiges Zimmer bezogen hat.

Um möglichst wenig Aufmerksamkeit auf die, von ihm verursachte, Wunde zu lenken, hatte er vorher die Spitze abgebrochen und dann auch das lange Ende, welches nicht durch ihr Fleisch gedrungen war, abgetrennt. Nun wirkte es mehr so als hätte sie nur einen kurze, schwarzen Stock im Bein, was zwar nicht weniger weh tut, dafür aber fast kein Aufsehen erregt. Außer man folgt der verräterischen Spur aus Blutstropfen im weißen Schnee, durch den wir stapfen müssen. Warum mussten sie auch ausgerechnet zu dieser Jahreszeit nach Europa kommen! Manche Leute mögen diese weiße Masse vielleicht romantisch finden, doch in dieser Situation findet er sie einfach nur anstrengend.

"Wie lange hältst du es noch durch?", fragt er sie einfühlsam und versucht möglichst leise zu sprechen. Nachdem sie zugestimmt hatte mit ihm ins Hotel und später auch nach New York zu kommen, hatte er sich wirklich schrecklich gefühlt, weil er sie absichtlich verletzt hatte.

Die Vorurteile, die er anfangs, dank Furys, nicht wirklich zutreffenden Einschätzungen zu ihrem Charakter, gegen sie hatte, sind verfolgen und er sieht nun, wer sie wirklich ist. Für viele mag sie vielleicht eine Mörderin und ein gefühlloser Roboter sein, doch für ihn ist sie jetzt schon viel mehr. Er sieht in ihr eine Frau, die einfach den falschen Start im Leben gehabt hat. Jedenfalls denkt er das. Um sie genauer einschätzen zu können, muss er sie erst besser kennenlernen und mehr über sie erfahren.

"Mach dir keine Sorgen um mich. Ist gar nicht so schlimm", versucht sie ihn zu beruhigen, doch er glaubt ihr kein Stück: "Ich komme mit Schmerzen klar. Das habe ich schließlich lange genug trainiert." Bei ihren Worten muss er schlucken. Wie schrecklich muss ihr bisheriges Leben wohl gewesen sein?

"Ich mach mir aber Sorgen", erwidert er leicht geknickt: "Wir sind aber auch gleich da. Kann kümmern wir uns darum." Er nickt in die Richtung ihres Oberschenkels. Zerknirscht bemerkt er, dass das Blut sich bereits im Stoff ihrer Hose fest gesaugt hat. Automatisch geht er schneller und würde sie am liebsten tragen, um sie völlig zu entlasten. Wenn sie stolpern und den Gegenstand in ihrem Fleisch dadurch verschieben würde, könnte er es sich nie verzeihen.

Nach wenigen Sekunden sind sie, zu seiner Erleichterung, endlich bei dem kleinen, unscheinbaren Hotel angekommen und er wird von einer Welle der Hoffnung übermannt, die Schaumkronen zu schlagen scheint. "Wir sind da", verkündet er und öffnet die Tür, damit die junge Frau es nicht erst versucht.

Sein breites Grinsen scheint sie anzustecken, sodass auch der Rotschopf ein kaum merkliches Lächeln zustande bringt. Scheinbar hat sie sich noch nicht vollkommen mit dem Gedanken angefreundet ihrem alten Leben den Rücken zu kehren oder Angst vor den Konsequenzen, die das KGB vielleicht aus ihrem Verrat ziehen könnte.

Im Hotel angekommen legt er einen Arm um ihre Taille und zieht sie nun etwas schneller mit sich, um möglichst wenig Aufmerksamkeit auf sie zu ziehen, doch sie bleibt einfach stehen: "Nicht so schnell, sonst fallen wir nur noch mehr auf. Das Geheimnis den Rennes ist, dass man nicht rennt, sondern entspannt läuft." Auf ihren Hinweis hin, läuft er langsamer und tatsächlich wenden die, die sie angestarrt haben, ihren Blick von ihnen ab. So wirken sie wirklich nur wie ein normales Paar, anstatt wie zwei Leute, die noch vor weniger als einer halben Stunde versucht haben einander umzubringen.

Beim Aufzug angekommen, drückt er auf den Aufzugknopf, kann es aber nicht lassen seinen Kopf so zu drehen, dass er die Leute hinter sich aus dem Augenwinkel sehen kann.

Ein Mann, der in einem billigen Sessel sitzt und eine Zeitung in den Händen hält, schaut ihnen, über den Rand des Papiers hinweg, ununterbrochen und undurchdringlich an. Aber erst das rechte, glasige Auge des Herren im Smoking jagt ihm wirklich einen Schauer über den Rücken. "Was ist los?", fragt die Frau in seinen Armen. "Ach nichts", schnell dreht er den Kopf wieder nach vorne und zieht sie mit sich in den Fahrstuhl.

Die Türen schließen sich für seinen Geschmack viel zu langsam. Als sie endlich mit einem 'Klong' zu gehen, will er seinen Arm von ihr lösen und sie stattdessen zu der Stange bringen, an der sie sich ebenfalls festhalten kann, doch sie legt ihre Hand auf seine und verschränkt ihre Finger vorsichtig in seinen: "Halt mich bitte weiter fest, äh..." Ihm fällt sofort auf, dass sie seinen Namen mit hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht kennt: "Clint, ich heiße Clint Barton! Schön dich kennenzulernen, Natalia." "Freut mich dich kennenzulernen", erwidert sie mit einem Lächeln, das nun viel echter und sanfter ist als das, was sie den Menschen in der Lobby gerade gezeigt hat: "Aber bitte nenn mich nicht Natalia. Du hast gesagt, dass ich neu anfangen kann und deshalb will ich diesen Namen nie wieder hören." "Okay, wie willst du dann heißen?", fragt er interessiert nach. "Keine Ahnung", sie schließt kurz die Augen und beißt sich auf die Lippe. Als er ihre rosane Unterlippe zwischen ihren Zähnen entdeckt, spürt er, wie es plötzlich in seinem Bauch zu kribbeln beginnt. Die Tatsache, dass sich in seiner Hose etwas regt, versucht er allerdings einfach zu ignorieren. "Ich hab's", nach einige Sekunden öffnet sie die Augen wieder und sieht ihn mit einem Gesichtsausdruck, der ihn stark an ein Kind erinnert, an: "Nenn mich ab jetzt Natasha Romanoff, okay." "Natasha Romanoff", er lässt sich den Namen auf der Zunge zergehen: "Das gefällt mir." "Ich habe aber noch eine letzte Bitte, äh ... Clint", sein Name aus ihrem Mund klingt für ihn völlig ungewohnt. "Ja?" Sie atmet einmal tief durch: "Kann alles, was in Budapest passieren wird, auch wirklich in Budapest bleiben?" Sofort nickt er: "Einverstanden, kein Wort zu irgendwem." "Danke, Clint", sein plötzliches Zusammenzucken, als Natasha ihren Kopf gegen seine Schulter lehnt, überrascht ihn völlig. Warum reagiert er auf diese Berührung so sensibel?

Es fällt ihm immer schwerer die Welle von Empfindungen, die ihn immer stärker zu übermannen versucht, je länger sie ihn berührt, zurückzuhalten. Zum Glück öffnen sich die Türen mit einem 'Ping', sodass er sie unbedacht mit sich ziehen kann.

Er ist so unbedacht, dass sie beinahe über ihre eigenen Füße stolpert. Sofort verlangsamt er sein Tempo: "Tut mir leid, Nat." Bei dem Spitznamen hebt sie den Kopf und schenkt ihm dieses eine Lächeln, das man nur ein oder zweimal im Leben zu sehen kommt. Ein Lächeln, das bis zu ihren grünen Augen reicht und sie zum Strahlen bringt.

𝐎𝐍𝐄𝐒𝐇𝐎𝐓𝐒 𝐌𝐀𝐑𝐕𝐄𝐋Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt