Kapitel 34 - Erinnerungen-

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Alexia:

Sie hatte ihre Flügel um ihn und sich selbst gespannt. Eine eiserne Wand aus weißen Federn um gab sie. Schütze sie vor den andauernden Angriffen, die ihren geliebten Menschen bereits zumindest vorsorglich die Funktion seines linken Armes gekostet hatte.

Ein Blick in diese sturmgrauen Augen vor ihr verrieten, dass er dankbar für diese kleine Verschnaufpause war. Jedoch immer noch über diese wundersame Erkenntnis verwirrt wirkte. So wie sie selbst auch. Das Dröhnen in ihrem Kopf wurde stärker und Blitze ließen ihre Sicht flackern. Sie war ein Schutzengel!

Und die Realität um sie herum verschwand.

Ihre einst geschaffenen Erinnerungen zerbarsten wie Glas und fielen wie zerschlagene Scheiben ins Nichts. An ihrer Stelle traten neue, andere klarere und sie wusste, dass diese im Grunde ihre echten Erinnerungen waren. Die Spiegel zu ihrer wirklichen Seele.

Sie erinnerte sich daran, wer sie war. Sie erinnerte sich, dass Draco Lucius Malfoy ihr erster Mensch gewesen ist, den sie alleine betreuen durfte und wie aufgeregt sie dabei gewesen war.

Sie erinnerte sich, dass sie vor Freude ein Tänzchen aufgeführt hatte, als sie auch noch erfuhr, dass er ihr Mensch sogar magische Kräfte besaß. Er war ein Zauberer und sie durfte ihn auf seinem Weg durch die Welt der Magie begleiten.

An dem Tag war sie glücklich und aufgeregt gewesen, dann jedoch kam alles anders. Sie sah dem jungen Draco vor ihrem inneren Auge zu, wie er mehr oder weniger alleine aufwuchs, wie er fleißiger als Hermine Granger es je getan hatte, alles lernte, bis er seine Hauslehrer übertraf. Sie sah ihn Bücher regelrecht verschlingen. Eins nach dem anderen. Um die Aufmerksamkeit seines Vaters zu erlangen, um nur einmal ein Wort des Lobes von ihm zu hören.

Sein Kontakt zu seinem Vater, dem Herrn von Malfoy-Manor war in den ersten 6 Jahren seines Lebens recht spärlich ausgefallen, bis er den Fehler machte, einem Hauselfen zu helfen, indem er ihm half, ein wackelndes Tablet zu stützen.

Er hatte mit seinem unschuldigen kindlichen Reflex nichts Böses gewollt, doch seinem Vater, der sonst kaum ein Wort mit seinem einzigen Kind, seinem Sohn, seinem eigenen Fleisch und Blut und Erben sprach, war an jenem Tag das erste Mal in den Sinn gekommen, dass Draco seine Nachfolge antreten würde. Weshalb er fahrig aufgesprungen war und Draco ins Gesicht schlug.

Am selben Abend hatte Draco, dass erste Mal, die verseiften, kalten und klammen Kerker von innen gesehen. Und die Nacht auf dem wenigen Stroh, welches auf den befleckten Boden lag und welches sehr wahrscheinlich schon seit Jahren nicht mehr gewechselt worden war, verbracht.

Sie hatte mit ansehen müssen, wie er in der Dunkelheit am Boden kauerte, wie ein Tier. Sie hatte mit ansehen müssen, wie er sich in den Schlaf weinte und immer wieder in die Leere fragte, was er falsch gemacht hatte. An jenem Abend, hatte sie nur mit ihren Flügeln, die kälte von ihm abschirmen können, zu mehr war sie nicht befugt gewesen, doch sie hoffte, dass ihr Gesang, auch wenn er es nur unterbewusst wahrnehmen konnte, ihn tröstete. Und ihm das Gefühl gab, nicht allein zu sein.

Zum ersten Mal hatte sie sich gewünscht, kein Schutzpatron einer wiedergeborenen, unsterblichen Seele zu sein, und es war leider auch nicht das letzte Mal, dass sie diesen Wunsch aussprach in der kurzen Zeitspanne, die sie diese Seele kennen würde.

Nach jener ersten Nacht begann seine Erziehung zu einem wahren Malfoy und die Schläge. Egal wie sehr sich der kleine Draco anstrengte, sein Vater war nie zufrieden. Selbst seine Mutter wirkte immer mehr ausgemergelt, kalt und müde. Ihr glockenhelles lachen, war verstummt. Diese Erlebnisse waren für Alexia zwar nur einen Wimpernschlag lang, doch in dem fühlte sie sich komplett nutzlos. Weil sie das zersplittern seiner jungen Seele nur mit ansehen durfte.

Dann kam endlich der Tag der Eule, die den Brief aus Hogwarts brachte und Hoffnung einkehrte. Hoffnung, dass diese junge Seele, dieser kleine Junge doch noch gerettet werden konnte. Selbst Draco spürte so etwas wie Freude in seinem seit einigen Jahren gefühllosen Herzen. Doch seine sogenannten Freunde, die er nur auf Zustimmung eines Vaters hatte, würden mit ihm in den Zug steigen, was die Hoffnung in Alexia dämpfte, jedoch nicht die Vorfreude Dracos.

Und wie sie anfänglich befürchtet hatte, musste dieser recht blasse Junge, sich immer wieder gegenüber seinen Freunden aufspielen. Nicht nur, dass er am ersten Tag es schaffte, den begehrten Jungen namens Harry Potter zu vergraulen, obwohl sein Vater ihm eingeschärft hatte, in Potters Nähe zu bleiben. Nein, stattdessen arbeitete er unablässig daran eine ewige Feindschaft mit dem Wunderknaben aufzubauen, was seinem Vater in den kommenden Winterferien hart bestrafte.

Zudem stimmte es den großen Lucius Malfoy nicht gerade milder, dass die Person seiner Begierde der Schlüssel zum dunklen aller Lords war und nun mit Blutsverrätern und Schlammblütern verkehrte. Danach ging es, wie sollte es auch anders sein, immer weiter Berg ab. Nicht nur mit seiner Seele, sondern auch mit seinem Verhalten und seiner Menschlichkeit. Er baute Mauern um sich und sein verkümmertes Herz herum, die nicht einmal sie durchbrechen konnte. Dabei war sie seine Schutzbefohlene, sein Schutzengel.

Sie musste mit ansehen, wie er ihr immer weiter entglitt. Wie er Potter reinlegte, er die kleine Miss Granger Schlammblut nannte, den kleinen Longbottem schikanierte, betrog und belog, wo immer er konnte und dann auch noch dieser Schabracke Umbridge half.

Die wenigen male, wo sie eingreifen konnte, waren nur nahezu flüchtige Augenblicke, wie seinen Sturz vom Besen im dritten Jahr, wo sie ihm davor bewahrte, sich das Genick zu brechen oder der Tag des Duells, wo sie ihm half, sowohl die Schlange als auch den vorangegangenen Zauber von sich fernzuhalten. Sie hatte zu seinem eigenen Schutz immer wieder versucht, die beweglichen Treppen des Schlosses zu verändern, damit er nie zur falschen Zeit am falschen Ort war, um nicht noch mehr Ärger zu erhalten. Auf welchen sein Vater sich stürzen konnte. Doch wie seit dem ersten Jahr der klägliche Versuch Lord Voldemorts aufzuerstehen zeigt, war die wenige Ruhezeit, in die er sich nicht für Crabbe, Goyle und Parkinson oder Zabini aufspielen musste, nicht von Dauer.

Denn an dem Tag, an dem der dunkle Lord zurückkehrte, hatte Draco zum ersten Mal eine Daseinsberechtigung für seinen Vater. Und Alexias Herz wurde schwer, als Lucius seinem Sohn zur sprichwörtlichen Schlachtbank führte. Auch wenn er in dem Moment, wo er das Mahl erhielt, keine Mine verzog, spürte sie doch, wie erinnerlich hinter seinen Mauern zusammenbrach. Sie konnte seine Seele schreien hören, obwohl er still blieb. Sie konnte seine Tränen sehen, auch wenn seine Augen trocken waren. Sie spürte seinen Schmerz und doch blieb sein Ausdruck derselbe.

Sie konnte nicht mehr, doch verlassen konnte sie ihn auch nicht. Ihr blieb nichts anderes, als ihm weiterhin zu folgen, wo auch immer sein Weg sie beide hinführen mochte.

Draco Malfoy FF - Unsterbliche Seelen ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt