Kapitel 1 -Die Tage nach dem Krieg-

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Draco:

Der Krieg war vorbei, sein Vater in Askaban und Albträume suchten ihn heim. Jeden Morgen wachte er schweißgebadet und mit dunklen Augenringen auf. Manchmal sahen sie schlimmer als am Vortag aus.

Seine Albträume hielten ihn immer fest im Griff und das schlimmste an ihnen war, dass sie nur aus seinen tatsächlichen Erinnerungen bestanden.

Er wusste weder ein noch aus. Denn weder die Gesellschaft akzeptierte seinen Freispruch, den er ganz alleine Potter zu verdanken hatte, noch ließen seine Erinnerungen ihn in Ruhe.

Er war müde, erschöpft und am Ende seiner Kräfte doch der einzige Ausweg, der ihm dafür blieb, war der, denn er seiner Mutter zuliebe widerstand. Für seine Mutter, die einzige Person, die ihn liebte, die einzige, die jetzt für ihn da war, ließ er es bleiben. Denn es würde sie restlos zerstören, das wusste er.

Nicht dass er es nicht versucht hatte, wie die Narben an seinem Handgelenk unterhalb des Dunklen Mals bewiesen. Doch er hatte es schnell wieder aufgegeben, als seine Mutter mit Tränen überströmten Gesicht sich über ihn gebeugt hatte und verzweifelt immer wieder ihren Zauberstab geschwunden hatte.

Er erinnerte sich, dass seine einzigen Gedanken in diesem flüchtigen Moment waren, wie sie nur wegen ihm so viele Tränen vergießen konnte? Und er nicht verstand, wie ein Mensch überhaupt um einen anderen Menschen trauern oder weinen konnte.

Er hatte es damals nicht verstanden und er verstand es bis heute nicht. Er war von Grund auf schlecht. Böse. Ein Verräter, eine Schlange, ein Frettchen, ein Versager.

Es stand ihm nicht zu, geliebt zu werden, vor allem war liebe in seiner Familie für einen Malfoy nur ein Zeichen der Schwäche. So wie es sein Vater es ihm eingeprägt hatte, und daran glaubte er, auch nach all dem, was geschehen war, immer noch.

Doch etwas in ihm sträubte sich dennoch gegen diese Aussage, die so fest in seinem Unterbewusstsein verwurzelt war. Denn wenn er dabei bliebe, würde es bedeuten, dass seine Mutter ebenfalls schwach wäre und ein kleiner Teil von ihm sich nach dieser Schwäche sehnte, die sie ihm entgegenbrachte.

Aber ein Malfoy hatte sich nicht nach Schwäche zu sehnen. Allein der Gedanke war überaus lächerlich wie er fand. Hörbar frustriert schnaubte er auf und versuchte nicht länger darüber zu grübeln und an die Decke seines Schlafzimmers zu starren.

Ermattet strampelte er sich mehr wie ein Kleinkind, als wie ein junger Mann, der er nun einmal war, aus dem Bett. Doch ein Schwindel begann Besitz von ihm zu ergreifen. Noch so eine Schwäche, die er einfach nicht loswurde.

Benommen wagte er ins angrenzende Badezimmer, um sich frisch zu machen, doch auch das kalte Wasser, welches er sich ins Gesicht spritzte oder die heiße Dusche, die seinen Körper wiederbeleben sollte, brachten was. Lediglich der getrocknete kalte Schweiß, der sich die Nacht auf seine bleiche Haut gelegt hatte, wurde abgespült, um platt für die nächste Nacht, den nächsten Albtraum, den nächsten Schweißausbruch zu machen.

Das Wasser vermochte jedoch nicht, seine Gedanken zu klären.

Als er zum Waschbecken herüber trottete, nahm er wahr, dass seine sturmgrauen Augen dunkler als gewöhnlich waren und seine einst prachtvollen weißblonden Haare, ausgedünnt und glanzlos herunterhingen.

Sein Körper wirkte ausgemergelt und kraftlos. Am liebsten hätte er gegen den Spiegel geschlagen, aus dem sein anderes ICH, sein Spiegelbild in anblickte, ihn verspottete und er sich selbst musterte. Doch noch nicht einmal mehr dafür hatte er noch die Kraft, also wandte er sich einfach von ihm ab.

Schloss für eine Sekunde die Augen, lehnte sich ans Waschbecken an, holte tief Luft und versuchte sich für das noch Kommende zu wappnen.

Den wie jeden Tag seit seiner Begnadigung hatte er jeden Morgen ins Ministerium gemusst, um dort vorzusprechen und sich seine gemeinnützigen Aufgaben gegenüber der Zauberer-Gesellschaft abzuholen. Denn seine Freiheit hatte schließlich, wie alles andere auch, einen Preis.

Eine geradezu milde Strafe, wie er fand, wenn man bedachte, wer er war und was er alles getan hatte.

Was seine Familie getan hatte und was ihr, nein, sein Name in dieser Londoner-Gesellschaft bedeutete. Geschuldet war dieses jedoch wieder allein Potter und den restlichen Beziehungen seines Vaters, die lediglich ihr Gesicht nicht verlieren wollten. Zwar brachten Sie dem eigentlichen Hausherren Lucius Malfoy nichts mehr, dafür jedoch aber ihm seinen einzigen Sohn. Das einzige Geschenk vermutlich, was er je von seinem Vater bekommen hatte, welches wirkliche Wertschätzung beinhalten sollte, auch wenn es nicht die eines Malfoys war.

Fertig angekleidet, trat er aus dem Badezimmer und durchschritt appetitlos das Haus bis zur Küche, wo selbst seine Hauselfen ihn mit einem missfallenden Blick bedachten.

Den auch wenn diese auf der Seite der Malfoys waren zu Zeiten des Krieges, weil sie nichts anderes kannten. War er dennoch ein Verräter für sie, den am Tag der letzten Schlacht, hatte er, der Sohn ihres eigentlichen Herren, anfänglich auf der falschen Seite des Schlachtfeldes gestanden und war auch nur recht zögerlich auf die Seite des Dunkeln Lord gewechselt.

Ein verbittertes Lächeln spiegelte sich auf seinen Lippen wider, als er daran dachte und gedanklich selbst über sein törichtes Verhalten spottete.

Ein Malfoy der sich nicht entscheiden konnte und dann in Augen beider Seiten die falsche Seite gewählt hatte, sollte es nicht geben. Solch ein verhalten verbat bereits sein Name.

Ein Bild des kleinen Dobby blitzte vor seinen inneren Augen auf und wie Bellatrix ihr Messer warf, als Potter, Granger und das Wiesel mit ihm verschwanden. Apparierten, um genau zu sein. Er sah ein gewinnendes Lächeln auf dem Gesicht seiner Tante und es befand sich auch noch in ihrem Gesicht, welches sie zur Schau trug, nachdem die vier lange verschwunden waren.

Ein Lächeln, welches in ein finsteres und kaltes Funkeln in ihre Augen übergegangen war.

Schnell schüttelte er den Kopf, um die Geister der Vergangenheit loszuwerden, doch davon bekam er lediglich Kopfschmerzen und ihm wurde schlecht. Die Bilder jedoch wollten nicht so einfach verblassen.

Mit recht dünnen, fast knochigen Fingern, wie er selbst merkte, hielt er sich stützend an einem Stuhl fest, um nicht zu schwanken. Wenigstens einen gewissen Teil seiner Würde sollte er versuchen beizubehalten, auch wenn es nur gegenüber seien versklavten Elfen war.

Das hatte er sich an dem Tag geschworen, als sein Vater von den Auroren abgeführt wurde.

Immer wieder tief einatmend, versuchte er das Gesicht nicht zu verziehen und einfach so zu wirken, als wäre er in Gedanken versunken. Als er sich gesammelt hatte, nahm er sich vom überladenden Tisch lediglich einen Toast mit Butter und trank einen Schluck Kaffee im Gehen, wobei er die Tasse, bevor er das Haus verließ, auf einem der wenigen Möbelstücke in der großen Halle von Malfoy Manor abstellte und einen kurzen Blick, als er durch das große portalartige Tor nach draußen Schritt über seine Schultern warf. Ein Blick, der zu den Kronleuchtern an der Decke fiel, wo nun seit einer geraumen Weile einer weniger hing.

Draco Malfoy FF - Unsterbliche Seelen ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt