Draco:
Sein Magen hatte sich am Morgen, an dem er sich von Alexia auf dem Gleis 9 ¾ verkrampft und bisher nicht mehr gelockert. Es bereitete ihm einfach Bauchschmerzen, sie nach dieser Nacht so einfach zurückzulassen. Während der ganzen Zugfahrt blieb es auch dabei. Er ahnte noch nicht, dass es in Hogwarts nur noch schlimmer werden würde, doch so geschah es.
Kaum hatte er einen Fuß ins Schloss gesetzt, legte sich eine bedrückende Stimmung auf sein Haupt. Die Schüler um ihn herum spürten es auch und eine nervöse Unruhe machte sich in den Reihen der Schüler breit, die sich nun in der Großen Halle zur Begrüßung und gemeinsamen Essen tummelten. Die Schulleiterin Professorin McGonagall hatte Mühe die Schüler ruhig zu halten.
Es dauerte gefühlt eine Ewigkeit, bis diese Veranstaltung endlich zu Ende war und er sich in den Gemeinschaftsraum seines Hauses zurückziehen konnte, dabei hing im ganzen schloss eine Grabesstimmung. Es wirkte schon beinahe so unheimlich, dass er glaubte, in die Zeit seines sechsten Jahres zurückversetzt zu werden. Er konnte schon beinahe das grässliche keuchende Gelächter der Geschwister Carrow hören, die vor knapp einem Jahr noch diese Gänge streiften.
Er hatte damals die Angst seiner Mitschüler gesehen, er selbst hatte ein kaltes Lächeln aufgesetzt und sich bemüht den Schein zu erwecken, dass er genau derselben Ansicht war wie die des dunklen Lords. Angst bestimmt allerdings zu diesem Zeitpunkt auch sein Leben und nun hin genau dieser bedrückende Schleier der Erinnerung wieder über ihn und die Schülerschaft.
Als er sich an eins der bullaugenartigen Fenster im Gemeinschaftsraum aufs Sofa fallen ließ, kam ihm der Gedanken, dass die Ketten, die er so mühsam abgestreift hatte, sich erneut um seinen Körper wickelten und ihm die Luft zum Atmen nahm.
Draco war noch nie in der Lage gewesen, diese Ketten alleine zu sprengen, denn er wusste, dass er selbst das schwächste Glied war, dass zuerst zerstört werden musste. Nein, er selbst, war nie in der Lage gewesen, sich zu ändern, das hatten bisher immer andere in seinem Leben übernommen. Zuerst Potter und nun Alexia. Sie beide hatten die imaginären Ketten gesprengt oder zumindest so weit gelockert, dass er eigenmächtig handeln konnte.
Sosehr er Harry Potter auch verabscheute, war dieser Junge der Held einer jeden Geschichte, genau dass, was Draco eigentlich immer sein wollte. Er verachtete im Grunde also nicht Harry, sondern den Spiegel, den er bei einer Begegnung ihm vorsetzte. Doch dieser Spiegel hatte ihn davon abgehalten, Dumbledore zu töten, es hatte ihm dazu veranlasste, in der ein oder anderen Situation zuzögen, und nun hatte dieser Spiegel ihm zu Alexia unbewusst geführt. Ihm eine zweite Chance gegeben, obwohl der diese in seinen Augen nicht verdient hatte.
Diese und andere Gedanken hatte ihn in einem Halbschlaf wegdämmern lassen, in dem seine Taten, seine Worte und Gedanken aus der Vergangenheit ihn verfolgten. Schlammblut, Wiesel, abartige Missgeburt, waren noch die harmlosesten Ausdrücke, die in seinem Kopf und seinem Herzen herumschwirrten. Er hatte sich für etwas Besseres gehalten, ob wohl er es nicht einmal wert war, der Dreck unter den Schuhen derer zu sein, die er beschimpft, erniedrigt, verraten hatte.
In seinem Augenwinkel nahm er einen Schatten wahr. Zitternd sog er die Luft ein und versuchte aus der Trance, in die er gefallen war zu erwachen. Eis floss durch seine Venen und sein Herzschlag setzte für eine Sekunde oder länger aus. Etwas Schweres ließ sich neben ihm nieder, er spürte etwas Warmes auf seiner Schulter und ein kräftiger Ruck riss ihn aus seinem Dämmerzustand heraus.
Blaise saß neben ihm und blickte in an. In seinen Augen konnte er sich selbst erkennen und in seinen Augen konnte er die stürmischen Unruhen einer grauen Nacht erkennen. Er hatte Angst. Er, der Eisprinz, hatte Angst und jeder um ihn herum konnte es erkennen.
Fast hyperventilierend versuchte er seine Gesichtszüge wieder in den Griff zu bekommen, doch sie entgleisten ihn immer mehr, als er sich im Gemeinschaftsraum umsah und den Schatten aus seinem Traum an der gegenüberliegenden Wand sah. Zudem war er nicht der Einzige, der diesen Schatten sah. Gewimmer und dann angsterfüllte Schreie machten ihm bewusst, welche Form dieser Schatten hatte und sein Magen, der sich mit Eisklumpen gefüllt hatte, begann zu rebellieren. Ihm war schlecht, doch so sehr er versuchte, aufzustehen, um gegen diesen Drang in seinem Inneren zu unterdrücken, sich zu übergeben, wollten seine Beine nicht gehorchen.
Ein lautloses Lachen ließ seine Mitschüler schweigen und Draco spürte etwas Nasses seine Wangen hinablaufen. Alles in ihm begann zu schreien. Mühsam kämpfte er sich auf die Beine, doch kaum, dass er stand, knickten sie unter seinem Körper weg und Bilder, die ihn in seinen Träumen heimsuchten, blitzten vor seinen Augen auf. Blaise, der eben noch neben ihm saß, hatte sich nun auf dem Sofa zusammengerollt und schrie. Er schrie wie so viele andere um ihn herum, auch so lange, bis der Schatten verschwand und einige Lehrkräfte in den Slytherin Gemeinschaftsraum stürmten, angeführt von der Schulleiterin Professorin McGonagall.
Als Nächstes erinnerte sich Draco nur noch an Bruchstücke. Er spürte, wie er und die anderen woanders untergebracht worden. Er merkte, dass er auf etwas Weichem lag und als er kurz die schemenhaften Gestalten sah und das Ganze weiß um sich herum, wurde ihm bewusst, dass er sich im Krankenflügel befand. Und dann, als er endlich wieder bei verstand war, sich die Bruchstücke in seinem Hirn langsam zusammensetzten und er seine im Versuch war, seine schweren Augenlider zu öffnen, roch er den beißenden Geruch von Desinfektionsmittel.
Sein Atem ging schwer, sein Körper war jedoch noch um einiges schwerer. Eine ihm bekannte Stimme ließ ihn in seinem Vorhaben, die Augen zu öffnen, innehalten. Granger sprach gerade mit der Schulleiterin und ließ sich darüber aus, dass es vielleicht ein Racheakt eines der anderen Hauser gewesen sein könnte, die den Slytherins, die es wagten, nach den Taten von Voldemort zurückzukehren.
Doch etwas in ihrer Stimme ließ ihn hellhörig werden, als sie ihre Vermutung aussprach. Waren es Zweifel oder lag doch Unsicherheit in ihrer Stimme? Mühsam öffnete er die Augen, versuchte sich in eine aufrechte Position zu kämpfen, was die Gespräche um ihn herum verstummen ließ. Er würde McGonagall nicht sagen können, was passiert war, doch er konnte es Hermine Granger erzählen und hoffen, dass der Funken der Gerechtigkeit in ihr größer war als der Hass, den sie für ihn empfand.
Denn das, was er dort gesehen hatte, durfte nicht sein. Nicht jetzt, wo er endlich etwas hatte, was er beschützen wollte. Doch war er überhaupt in der Lage, so etwas zu tun? Jemanden anderes zu schützen, als sich selbst?
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Draco Malfoy FF - Unsterbliche Seelen ✔
FanficUnsterbliche Seelen ist die Geschichte eines Todessers Kann Spuren von Gewalt enthalten: Nachdem Krieg gab es nichts mehr für ihn. Bis er Miss Alexia Psychés begegnete, die ihn nicht nur durch sein letztes Jahr in Hogwarts begleitet, sondern sein...