Kapitel 36 -Abschied-

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Alexia:

Sie wusste wieder wer sie war und dass die Strafe des Himmels sie beide damals wie auch heute auseinanderreißen würde. Göttliche Wesen hatten sich nicht mit Menschen abzugeben und auch nicht mit ihnen anzubändeln oder sich gar in die Geschehnisse einzumischen. Auch nicht die, die von den Göttern geschaffen wurden. Sie hatte jedoch diesen Frevel begangen und dann erneut zu ihren erstiegenen Schutzbefohlenen gefunden, ihn sogar lieben gelernt. Und nun wurde sie vor die Wahl gesellt. Er oder Sie! Und ohne zu zögern hatte sie gewählt. Denn jedes Leben war in ihren Augen kostbar, wie ihr eigenes. Das Herz und die Seele eines Menschen waren genauso wertvoll, wie das eines Gottes.

Weiße Schwingen brachen aus ihrem Rücken und umarmten ihren geliebten der sie aus halb geschlossenen Augen ansah. Sein Gesicht waren nur wenige Zentimeter von ihrem eigenen entfernt, die sie langsam überwand. Nur um für einige Sekunden ihre Lippen auf die seinen zu legen. Der Kuss brannte sich in ihre Seele ein.

Nach diesem flüchtigen Augenblick sah er sie überrascht mit weit aufgerissenen Augen an. Augenblicklich kühlte sich ihr Körper aus und sie verspürte diese Leere, wie sie vor ihrer erneuten Begegnung da gewesen war, erneut. Aus seiner am Boden knienden Starre erwachend, folgte er ihren Bewegungen, wie sie sich aufrichtete. Er wollte sie nicht verlieren. Er wollte nicht, dass sie ging. Denn dann würde er sie nie wiedersehen. Würde nie wieder mit ihr sprechen können, nie wieder ihr Lächeln zu Gesicht bekommen. Sie nie wieder Berühren können. Das alles sah sie im Bruchteil einer Sekunde in seinen Augen.

Er hatte doch schon so viel verloren, warum dann auch noch sie? Sie wollte ihn wirklich nicht verlassen, doch es ging nicht anders. Ruckartig stand er auf, in derselben Bewegung legte er seine rechte Hand auf ihre Wange und seine Lippen auf die ihren.

Er küsste sie, als gäbe es kein Morgen, was für sie auch stimmte.

Er schloss die Augen, sein linker Arm hin schlaff an seinem Körper herunter, doch es schien ihm nichts auszumachen.

Sie schmeckte nach einiger Zeit, dass sich etwas Salziges mit ihrem Kuss mischte. Sie schmeckte Tränen. Lediglich aus Mangel an Sauerstoff lösten sie sich, denn er war immer noch ein lebendes Lebewesen, welches Atmen musste, um zu überleben.

Ihr Gesicht zierte eine einzelne Tränenspur, die ihr über die Wange bis zu seiner Hand, die immer noch dort lag, verlief. Seine Finger hatten jede einzelne Träne aufgefangen und waren mit der salzigen Flüssigkeit benetzt. Sie weinte um, dass was sie verloren hatte und nun erneut verlieren würde. Sie weinte um Draco und hoffte, dass er es auch ohne sie in dieser grausamen Welt schaffen würde.

Traurig sah sie ihn mit einem letzten Lächeln an, bevor sie sich das Weiß um sie herum verzog. Die kalte Realität wurde frei gelegt und SIE kehrte ohne ein weiteres Wort des Abschiedes ihm einfach den Rücken zu.

Sie hatte seine Tränen gesehen, so wie er ihre.

Draco:

Ein Licht brach aus ihren tiefen inneren heraus, so grell, dass er die Augen schließen musste. Leises zischen drang an seine Ohren und dann war die Welt um ihn herum nur noch warm und friedlich. Erst als das Zwitschern der Vögel wieder einsetzte und das innere seiner Augenlieder nicht länger orange leuchtete öffnete er die Augen. Seine Kehle schnürte sich zu. Blass und durchscheinend wie ein Geist stand sie vor ihm. So schön wie ein Engel mit diesen weißen, zarten schwingen. Sie drehte sich zu ihm um. Bereit zu gehen.

Mit einem letzten verzweifelten Versuch, setzte er zum sprechen an, denn auch er hatte die ihr verborgenen Erinnerungen miterleben können, als er sie geküsst hatte, doch die Worte blieben ihm zunächst im Halse stecken.

Doch dann schaffte er es doch.

„Aber du bist Alexia, meine Rettung, mein Neuanfang." Versuchte er der Erscheinung klar zu machen, doch sie stolperte immer weiter zurück, von ihm weg. Ihn dabei mit einem leeren Blick ansehend. Nur durch ihre gemeinsame Zeit erkannte er, dass ihre Blicke, ihre Augen nicht wirklich leer waren, sondern bedauern und dieselbe Traurigkeit die er ebenfalls empfand darin lagen. Ihre Lippen bebten, als sie ansetzte zum Sprechen.

„Und die werde ich immer sein. Aber die Zeit verändert sich und ich muss das auch tun." Dabei liefen ihr die ersten Tränen über die Wangen. „Wenn man darüber nachdenkt, verändern wir uns alle, wir sind die verschiedensten Personen im Laufe eines ganzen Lebens und dass ist okay, dass ist gut..." Ihre Erscheinung flackerte und der Wind frischte auf. Ein kummervolles Lächeln erschien auf ihren immer noch ebenen Zügen. „Sei ständig in Bewegung. Solange du all die Personen, die du einmal gewesen bist, nicht einfach vergisst. Ich zumindest werde keine einzelne Zeile von dem hier vergessen, nicht einen einzigen Tag, das schwöre ich. Ich werde niemals wieder die Zeit vergessen, in der ich dich kennengelernt habe." Und dann...

...war sie einfach weg. Ihr Körper hatte sich beim letzten aufheulen des Windes einfach aufgelöst. Das Licht aus dem sie nur noch bestanden hatte, dass aus ihr herausgebrochen war, war verblasst.

Er viel auf die Knie und schrie. Er schrie seinen Kummer seinen Verlust, seine Verzweiflung aus sich heraus. Es tat weh, doch er wusste, dass er nicht in alte Muster zurückfallen durfte, doch die Tränen, die ihm nun in Strömen über das Gesicht liefen, konnte und wollte er nicht stoppen. Er hatte sie schon wieder verloren, war wieder der Kälte ausgeliefert, lediglich sein schlagendes Herz, welches sich langsam aufzuwärmen schien, gab ihm ein wenig Hoffnung. Sie war ein Engel gewesen und er glaubte fest daran, dass sich ihre Wege irgendwann und irgendwie, wieder kreuzten würde, doch bis zu jenem Tag musste er leben. Musste lieben, auch wenn er SIE nicht lieben konnte.

Er ging die vergangene Zeit noch einmal in Gedanken durch und auch wenn sie nicht wusste bis zum Schluss warum sie das tat, was sie tat, hatte sie ihm einen Zukunftsweg geebnet.

Erneut hatte er die Zeit vergessen, sich ganz seinen Schmerz und seinen Erinnerungen hingegeben. Erst als der Regen einsetzte und eine Hand sich auf seine bereits klammen Schulter legte, die dem Auror gehörte, der ihm so viele Chancen eingeräumt hatte, welche er nicht mehr zählen konnte, stand er mit traurigem Blick auf. Sah Potter mit seinen eigenen sturmgrauen und trüben Augen in die seinen, die ihn voller Mitleid anblickten und wusste, dass dieser Tag, dieser Weg zu Ende war.

Draco Malfoy FF - Unsterbliche Seelen ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt