Eine Spur

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„Ich hab ne Spur!", rief Matt in der Bibliothek der Kleinstadt, aus der Yuu stammte. Noch bevor die Bibliothekarin ihn ermahnen konnte, stand Luca neben ihm. 

„Wo?", sagte er ernst, sein Blick starr auf den Computerbildschirm gerichtet. Auf der geöffneten Seite, sah er Bilder und Kommentare in denen Menschen Kinder suchten. Matt schnappte sich den Stuhl und setzte sich davor. Schob Luca mit dem Ellenbogen zur Seite, tippte ein paar Sachen in den PC ein und eine weitere Seite öffnete sich. 

„Im Gegensatz zu dir, gibt es Dämonen die viel mit der neuen Technik arbeiten.", erklärte er Luca, welcher ihn grimmig anstarrte. 

„Mach einfach.", sagte er stur, ihm war es selbst peinlich, dass er nicht mit Computern zurecht kam. 

 „Schon gut. Ich meinte damit auch, dass es Seiten gibt in denen Dämonen Auffälligkeiten öffentlich machen.", erklärte er und Luca begriff, "Hier gibt es Einen, der soll einen Vertragshalter ohne Dämon begegnet sein. Er schreibt, dass es ein Junge mit rund 14 - 15 Jahren, blonden Haaren und orangenen Augen gewesen war."

„Das ist er.", Luca starrte auf die Beschreibung und konnte es kaum glauben, dass er ihn doch gefunden hatte, „Wo ist er?!"

Die Bibliothekarin stand auf und stakste mit provokativen Geklacker ihrer Schuhe zu beiden Männern hinüber. Luca hatte keine Lust sich jetzt um das Getöse einer Menschenfrau zu kümmern. Er schaute ihr in die Augen löschte ihre aktuellen Gedanken und drehte sich zu Matt um. Die Frau blieb stehen, sah sich um und taumelte verwirrt zu ihrem Tisch zurück. Ein paar mal schaute sie hin und wieder zurück. 

„Langsam mit den jungen Pferden. Er ist in der Stadt Zense.", las er vor, doch noch bevor Matt sich richtig zu Luca umgedreht hatte, war dieser wie vom Erdboden verschluckt.
Er hatte ihn tatsächlich gefunden. Wieso war er nicht schon eher auf die Idee gekommen, das Internet dazu zu nutzen. Er freute sich innerlich, doch er musste auf dem Boden bleiben. Immerhin wusste er noch nicht, wo genau er sich in dieser Stadt befand.

„Yuu steh auf, es ist schon spät.", rief seine Tante Mei. Er drehte sich im Bett auf die andere Seite, er war immer noch tot müde. Den Traum von der letzten Nacht, hatte er schon ein paar Mal und jedes mal konnte er am nächsten Abend kaum ein Auge zumachen. Ein schwarz gekleideter Mann mit schwarzen in sich gedrehten Hörnern, hockte auf der dünnen Stange eines Geländers und beobachtete ihn mit violetten Augen. Nach einiger Zeit, in der er sich kaum bewegt hatte und noch nicht einmal das Gleichgewicht verlor, stand er auf. Er sprang gekonnt vom Geländer, lief Yuu entgegen und streckte die Hand mit längeren spitzen Fingernägeln nach ihm aus. Wie immer schreckte Yuu panisch zurück. Genau dort wachte er auch wie immer auf und hatte ab diesem Zeitpunkt immer nur das Bild des Mannes vor Augen. Seine tiefe Stimme hallte in seinem Kopf 'Du gehörst mir' und das Lied das er andeutete kannte Yuu gut.

Say Goodbye,

As we dance with the devil tonight,

don't you dare look at him in the eye,

as we dance with the devil tonight.

Seid seiner frühsten Kindheit, kannte er die Melodie dieses Liedes und seid er sprechen konnte, sang er auch den Text dazu. Immer wieder hatten seine Tanten ihn ausgefragt, von wem er das Lied gelernt hatte. Er konnte nicht antworten und sie konnten es nicht ausstehen. Also behielt er es die meiste Zeit im Kopf. Herauszufinden woher er es kannte, hatte er schon lange aufgegeben.

Als er seinen Tanten von diesem Traum einmal erzählt hatte, währen sie fast in Panik ausgebrochen und hatten außerdem auch nicht mehr nach dem Grund des Liedes gefragt. Also verschwieg er ihnen, dass er diese Träume immer noch ab und zu hatte, und zwar genau in dieser Nacht. Er drehte sich im Bett erneut auf die andere Seite. Als er die Augen öffnete, sah er ein vertrautes lächelndes Gesicht. Seine Cousine Mina war für ihn wie eine kleine Schwester und immer eine gute Aufmunterung, wenn er mal schlechter gelaunt war oder ihm etwas seltsames Sorgen bereitete.

„Schlafmütze!" Sie wackelte tadelnd mit dem Zeigefinger vor seiner Nase und versuchte ihre ernste Miene beizubehalten.

„Kusch...", er zischte sie spaßeshalber an, sodass ihre federleichten und relativ dünnen Haare sich kurz gegen einen leichten Atemstoß stellen mussten. Kichernd rannte sie los und schmiss die Tür dabei soweit auf, wie es ging. Er seufzte. Wieso mussten alle Leute die in sein Zimmer kommen, die Tür so weit aufreißen... Sie konnten die Tür doch einfach mal nur einen Schlitz offen lassen oder schließen. Erneut Seufzte er und schwang sich gleich aus dem Bett. Im Badezimmer stützte er sich auf das Waschbecken und schaute sich genau an. Er hatte zwar schon viele blonde Menschen auf den Straßen gesehen, doch meistens hatten die ihre Haare gefärbt. Die weißblonde Farbe, die seine Haare hatten, waren ihm allerdings noch nie begegnet. In der Grundschule hatten ihn viele deswegen gehänselt und auch jetzt schauten ihn die Leute manchmal noch an, als wäre er aus einer anderen Galaxis. Wenn es mal nur die Haarfarbe wäre, dachte er sich und sengte frustriert den Kopf. Die Augen. Nicht mal seine Augenfarbe war normal. Woher hatte er die nur? Seine Mutter hatte zwar glatte Haare wie er, aber auf den Fotos waren sie immer dunkelbraun sowie ihre Augen. Wenn er allerdings seine Tanten danach fragte, machte sie nur betrübte Gesichter. Nein, das noch nicht mal. Sie sahen sich an als läge er schon im sterben.

„Du kommst zu spät!", rief seine eher genervte Tante Julia vom unteren Stockwerk des Hauses aus, Yuu seufzte und schaute wieder auf. Sein Blick traf seinen Eigenen und wieder ertappte er sich dabei, wie er niedergeschlagen die Stirn in Falten zog. Er drückte den Hebel des Wasserhahns nach oben und ließ das Wasser noch einen Moment laufen, bis er letztendlich beide Hände zu einer Schüssel formte und das Wasser damit sammelte.

In der Küche herrschte jähes treiben. Beide Tanten wuselten in der Küche herum, machten da mal einen Schrank auf und holten dort mal eine Schüssel hervor. Allein durch diesen Anblick konnte Yuu wahnsinnig werden, er hasste dieses Hin-und-Her Gelaufe. Allerdings ließ sich Julias Mann davon nicht aus der Ruhe bringen. Er las in aller Ruhe die neusten Schlagzeilen des Tages. Ein Auto, was man kaum noch als Auto bezeichnen konnte, da es zur Hälfte zerfetzt war, lag in einem Graben. Es sah aus, als hätte es sich halb um den Baum gewickelt, was an sich noch nicht mal seltsam war. Jedoch besagte die zweite Zeile, dass es ein Tierangriff gewesen sein sollte. Jetzt kam die Frage auf, was für ein Tier würde ein Auto angreifen? Als Yuu im vorbeigehen einen letzten Blick auf das Bild warf, erkannte er Kratzer an der Beifahrertür. Sie erinnerten ihn von der Größe her an Löwenpranken. Doch wo sollte dort ein Löwe herkommen? Er schnappte sich grübeln sein Frühstück und war schon aus dem Haus verschwunden.

Die Zeit verging zu langsam. Yuu fühlte sich als würde er schon stunden auf den Minutenzeiger starren. Doch bewegen wollte der sich nicht. Vielleicht war das die Strafe dafür, dass er seine Wecker früher immer unbewusst gegen die Wand geschleudert hatte. Langsam driftete sein Blick ab. Da er an der Wand saß, wanderte sein Blick aus dem gegenüberliegenden Fenster, auf die Bäume, von denen viele bis zur Mitte des Fensters gingen, einige aber auch bis über die Schule reichten. Plötzlich sah er etwas in der Baumkrone und schreckte auf. Ein ca 50 cm großes grünliches und eher rundes Wesen hing gerade an einem etwas dünneren Ast und schaute Yuu direkt in die Augen. Unter dem Gewicht des dicklichen Gremlins, gab der Ast regelmäßig nach und verursachte dadurch ein auf und ab wippen. Ein paar Sekunden vergingen bis das hässliche Wesen bemerkt hatte, dass Yuu wirklich ihn anschaute. Er grinste und zeigte dabei seine spitzen Zähne. Die knorpelige Haut wurde dabei fiel zu stark in die Breite gezogen. Yuu rümpfte angewidert die Nase, als er die Coladose zwischen seinen Zähnen bemerkte, allerdings war das nicht der einzige Dreck und Abfall der dort auch noch weiter verweilen würde. Die mit dreckigen Krallen besetzte Pranke wurde in die Luft gehoben und bewegte sich hin und her. Winkte er Yuu gerade zu? Verständnislos zog sich dessen Stirn in Falten, er schüttelte den Kopf und drehte sich nach vorn. Das Klingeln der Schulglocke ließ ihn aufspringen. Sein Blick wanderte sofort wieder in Richtung Fenster, suchend schauten sich seine Augen um. Nichts. Alles was es noch auf dem Baum zu sehen gab war eine Krähe. Jedoch schenkte diese ihm nur einen verächtlichen Blick.

A/N:  Beim Nächsten wirds besser. ;)

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