Ghost Of You {TaeKook}

Kapitel 1: Selbstmitleid (1.243)

Taehyung:

Als ich nach drei Tagen wieder aus dem Krankenhaus entlassen wurde, ging es mir nur noch erbärmlicher und schlechter, als in den Tagen davor.

Seither wurde immer noch keine neue Spur von Jungkook gefunden und wie heißt es immer? Wenn eine vermisste Person nach achtundvierzig Stunden immer noch nicht gefunden wurde, besteht nur noch eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass diese Person überhaupt noch am Leben ist.

Und so sitze ich nun hier auf dem Boden im Bad, habe meine Arme um meine Beine geschlungen und schluchze leise vor mich hin. Genau so, wie in den letzten Tagen auch schon.

Und nun ist mittlerweile schon die erste Schulwoche nach den Ferien vorüber gezogen und ich hab' mich immer noch nicht in der Schule blicken lassen. Ich weiß nicht, ob ich das aushalten werde, wieder in der Schule zu sein. Der Schulstress, die Mitschüler, die Lehrer, die Klausuren...

Ich bin in meinem letzten Schuljahr und müsste mir deshalb eigentlich besonders viel Mühe geben, um ein ordentliches Abitur zu bekommen, doch daran denke ich schlichtweg nicht.

Das Einzige, an das ich denken kann, ist Jungkook und wie es ihm wohl gerade geht.

Ob er überhaupt noch lebt und wenn er lebt, ob er geschlagen oder gar misshandelt wird unter den Fängen seiner Entführer. Ob er genug zu Essen und zu Trinken bekommt und wie er sich wohl gerade fühlen muss. Bestimmt voller Angst und hilflos, weil er nichts machen kann, um sich befreien zu können. Einsam, weil er niemanden hat. Weil er nicht seinen Bruder, Jimin und Hoseok bei sich hat. Weil er mich nicht bei sich hat. Weil er alleine mit seinen Entführern ist.

Warum sitze ich dann eigentlich nur hier rum und versinke in Selbstmitleid?

Ich sollte auch meinen Teil dazu beitragen, meinen Freund noch lebend zu finden. Ich glaube fest daran, dass er noch lebt, auch wenn er jetzt schon gut zehn Tage verschwunden ist. Es mag bescheuert klingen, aber ich kann ihn ab und an noch immer spüren, so als wäre er nicht weit von mir entfernt.

Mit einem neuen Ziel vor Augen wische ich mir die Tränen von den Wangen und stehe rasch auf, um mich in meinem Zimmer vor den Computer zu setzen und eine Vermisstenanzeige für Jungkook sowohl ins Internet zu stellen, als auch auszudrucken.

Während der Drucker nun also arbeitet, entscheide ich mich seit langem mal wieder dazu, mein Handy an zu machen.

Seit ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, habe ich mein Handy nicht einmal angeschaltet, da ich mich lieber in Selbstmitleid ertränken wollte. Schon gefühlte tausende Male war ich auch kurz davor mich zu ritzen, um diesen Schmerz in meinem Herzen wenigstens kurzzeitig durch einen anderen, körperlichen Schmerz zu ersetzen.

Doch immer wenn ich kurz davor war, die Klinge an meinem Handgelenk anzusetzen, kam mir wieder die Erinnerung von vor gut acht Monaten in den Sinn. Als Jungkook und ich dort unter Tränen auf dem Steg saßen und uns diese Versprechen gegeben haben.

„Bitte versprich mir nur eins, Jungkook. Solltest du mich wirklich zurücklassen müssen, dann versprich mir bitte, dass du mich für immer und ewig in deinem Herzen tragen wirst. Genau so, wie ich dich dort tragen werde. Bitte versprich mir, dass du wieder zu mir zurück kommst, wenn das vorbei ist."

„Ich verspreche es dir." murmelte er in meine Brust und ich meinte ein leichtes Lächeln zu spüren. „Versprich auch du mir bitte, dass egal was auch passieren wird, du dennoch ein glückliches Leben führen wirst, auch wenn weder ich, noch die Anderen bei dir sein sollten. Versprich mir bitte, dass du dich nicht unterkriegen lässt." „Ich verspreche es dir."

Ein trauriges Lächeln schleicht sich nach diesem Flashback auf meine Lippen, während nun auch vereinzelt Tränen aus meinen Augen kommen, die ich jedoch schnell wegwische, als ich höre wie mein Handy vibriert. Deshalb nehme ich es in die Hand, um zu checken, wer mir neben den ganzen alten Nachrichten noch geschrieben hat. Doch zuerst beantworte ich die älteren Nachrichten, die vorrangig von Jimin und Hoseok sind. Auch die Gruppe von Hoseok, Jimin, Jungkook und mir weist mehrere Nachrichten auf: