Kapitel 24: So unglaublich stark (1.126)

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Taehyung:

Seit Jungkook wieder zurück ist, ist jetzt schon wieder ein Monat vergangen. Er hat nach wie vor noch Probleme, sich damit abzufinden, dass so vieles anders ist, als er es kannte. So schnell wird er sich daran auch natürlich nicht gewöhnen können.

Ihm fehlen im Prinzip drei Jahre seines Lebens.

Genau genommen muss er ein ganz neues Leben anfangen.

In dieser Welt hat er keinen ordentlichen Schulabschluss und somit weder eine Ausbildung beziehungsweise Studium, noch einen Job.

Es ist quasi so, als hätte er drei Jahre im Koma gelegen und muss jetzt alles nachholen, was er versäumt hat.

Nach ewigem hin und her konnte ich ihn immerhin dazu bringen, mit zu mir in mein Elternhaus zu ziehen, damit ich mich besser um ihn kümmern und ihm helfen kann, wo es mir nur möglich ist.

Jimin, Hoseok, Jin und ich haben ihm alles erzählt, was in diesen drei Jahren passiert ist.
Was wir innerhalb dieser Zeit gemacht haben.
Wie es nach seinem Verschwinden in unserem Leben weiter ging.

Einiges schien sogar gleich zu sein, denn Jimin und Hoseok üben in dieser Welt die gleichen Berufe aus, wie auch in der falschen von Jungkook.

Mit dieser Info, konnte sich Jungkook ein wenig beruhigen, da nicht alles komplett anders war, als er es kannte, jedoch ist es dennoch viel, was anders ist.

Jimin und Hoseok leben in Daegu und nicht in Incheon, so wie es in Jungkook's Welt der Fall war.
Meine Eltern sind tot, während sie in Jungkook's Welt jedoch noch am Leben waren.
Jin hatte im Gegensatz zur Welt in der Jungkook lebte, keinen Job, da er jede freie Minute dazu nutzte, Jungkook irgendwie finden zu können, auch wenn er jetzt einen Job gefunden hat.

Doch der wohl größte Unterschied für Jungkook und mich ist wohl der, dass Jungkook Erinnerungen mit mir hat, die ich nicht habe, da ich es nicht wirklich war.

Klingt verwirrend, aber ich denke mal, dass man es trotzdem versteht.

Seufzend verlasse ich mit einer Tasse Tee, den ich für Jungkook gemacht habe, die Küche und gehe ins Wohnzimmer, in dem sich Jungkook schon seit Ewigkeiten aufhält. Bei mir im Bett schlafen wollte er noch nicht, was mich zugegeben schon verletzt hat, aber ich kann es verstehen. Für ihn bin ich auf gewisse Art und Weise ein Fremder, den er erst wieder kennenlernen muss. Gekuschelt haben wir dennoch ab und an, wenn auch nur kurz und im Wohnzimmer auf dem Sofa.

Auch jetzt liegt Jungkook wieder auf der Couch. Eingemummelt in eine Decke und in einem tiefen Schlaf.

Als ich ihn so betrachte, kommen mir wieder Tränen in die Augen, weshalb ich meine Lippen aufeinander presse und meinen Blick kurz von ihm abwenden muss und mir dabei mit meinem Handrücken über die Wangen wische, um somit die Tränen verschwinden zu lassen, die aus meinen Augen kommen. Dann stelle ich den Tee auf den Wohnzimmertisch und wende meinen Blick wieder auf den schlafenden jungen Mann vor mir.

Das Befreien aus dieser Welt scheint ihn gesundheitlich ziemlich geschadet zu haben. Seither hat er schon leichtes Fieber, ist dauerhaft müde und hat dann und wann Schüttelfrost. Auch jetzt ist sein Gesicht unglaublich blass, aber dennoch ist er in meinen Augen die schönste Person auf dieser Welt.

Sachte streiche ich ihm durch seine Haare und lege meine andere Hand auf die von Jungkook, welche ich leicht drücke.

So jung und dennoch so viel Scheiße in seinem Leben, die er durchstehen muss beziehungsweise musste.

Erst der frühe Tod seiner Eltern und die mit diesem einhergehenden Depressionen und Suizidgedanken sowie -versuche mit selbstverletzendem Verhalten als Bonus obendrauf; dann dieses Leben auf der Flucht, bei der er ständig nicht nur Angst um sein Leben haben musste, sondern auch um die Leben jener, die ihm etwas bedeutet haben und dann noch dieses Leben in dieser falschen Realität und wie er sich jetzt wieder an die eigentliche gewöhnen muss. Die ganzen Albträume, die er in all dieser Zeit hatte, mal ausgenommen.

„Du bist so unglaublich stark, mein Engel." murmle ich nach meinem Gedankengang mit einem traurigen Lächeln, während Tränen aus meinen Augen kommen und ich dabei durch seine Haare streiche. Anschließend hauche ich ihm einen kleinen und kurzen Kuss auf seine Stirn, woraufhin Jungkook sich mehr in das Kissen kuschelt, dabei jedoch nun auch ein leichtes Lächeln seine Lippen ziert. Automatisch bildet sich deshalb nun auch ein Lächeln auf meinem Gesicht aus, ehe es plötzlich an der Tür klingelt.

Erschrocken sehe ich in Richtung Haustür, ehe ich meinen Blick wieder Jungkook zuwende, der jedoch noch immer schläft. Erleichtert über diese Tatsache, da Jungkook diesen Schlaf wirklich dringend benötigt, stehe ich nun also vom Boden auf, um zur Tür zu gehen, bevor nochmal geklingelt wird.

„Hey, Tae. Ich wollte Kookie besuchen." begrüßt mich Jin, als ich die Tür öffne. „Er schläft gerade noch, aber ich denke mal, dass er gleich aufwachen wird. Er hat bisher noch nie länger als drei Stunden am Stück schlafen können. Komm ruhig schonmal rein." entgegne ich, woraufhin sich der Ältere bedankt und eintritt.

Direkt bewegt sich Jin in Richtung Wohnzimmer und ich folge ihm, nachdem ich die Tür noch geschlossen habe. Genau so wie ich zuvor, kniet nun auch Jin auf dem Boden vor der Couch und streicht seinem Bruder ebenso durch seine Haare. Währenddessen murmelt er: „Er musste schon so viel durchstehen. Warum wird er immer noch so sehr auf die Probe gestellt? Ich verstehe es einfach nicht." Tränen sammeln sich während seiner Worte in seinen Augen. „Das habe ich mich auch schon gefragt, Hyung." murmle ich leise, während ich mich neben Jin hocke und ihm beruhigend über seinen Rücken streiche. „Jungkook ist so unglaublich stark." Diese Worte des Älteren nicke ich einfach ab.

Eine ganze Weile verharren der Braunhaarige und ich so auf dem Boden, während wir beide Jungkook einfach verloren anstarren. Wir werden erst wieder in die Realität gezogen, als es wiederholt an der Tür klingelt. Doch dieses Mal weckt das Klingeln Jungkook, denn während ich zur Tür gehe, bekomme ich noch mit, wie Jin seinen Bruder begrüßt und dieser diese Begrüßung leise und höchstwahrscheinlich verschlafen erwidert.

„Was machst du denn hier?" frage ich mit großen Augen, als ich die Tür öffne und nun sehe, wer davor steht. „T-Taehyung? Du...Du wohnst hier?" fragt jene Person leicht stotternd. „Hey, das ist gefühlt das erste Mal, dass ich dich reden höre." entgegne ich und verschränke dabei meine Arme vor meiner Brust. „Und um deine Frage zu beantworten: Ja, ich wohne hier. Warum sonst steht an der Klingel mein Name?" „Also genau genommen ist das jetzt kein Grund. Tausende in Korea heißen Kim. Ich gehöre schließlich auch dazu. Also verzeihe bitte, wenn ich mich an der Tür geirrt habe." entgegnet der Silberschopf und will gerade erneut zum Reden ansetzen, als plötzlich Jin's Stimme ertönt: „Namjoon."




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Ghost Of You {TaeKook}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt