Kapitel 3: Ich vermisse ihn (1.042)

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Taehyung:

Ein Monat ist mittlerweile bereits verstrichen und von Jungkook gibt es noch immer keine Spur.

Es ist fast so, als wäre er wie vom Erdboden verschluckt.

Weder Nachbarn haben irgendwas gesehen, noch zeigen irgendwelche Überwachungskameras — die ich durch ein paar betrügerischen Taten einsehen konnte — den kleinsten Hinweis auf Jungkook's momentanen Standort. Auch kein einziger Hinweis der wenigstens zeigt, was für Typen es hätten sein könnten.

Jin habe ich seit seines Besuches bei mir im Krankenhaus auch nicht mehr gesehen, weshalb sich meine Sorge um den Ältesten von uns echt steigert.

Er hat schließlich seinen kleinen Bruder — das einzige Familienmitglied, das ihm noch geblieben ist — verloren und weiß nicht, wie es ihm gerade geht. Ihn muss die Sorge um Jungkook mindestens genau so sehr auffressen, wie sie mich auffrisst. Wenn nicht sogar noch schlimmer, schließlich kannte er Jungkook schon seit er noch in den Windeln lag. Er hat Jungkook's Heranwachsen miterlebt. Er hat Jungkook teils sogar großgezogen, da ihre Eltern ja recht früh verstorben sind.

Er hat im Prinzip nicht nur seinen Bruder verloren, sondern irgendwo auch seinen Sohn.

Ich will mir gar nicht ausmalen, wie schlecht es Jin gerade gehen muss mit dem Gedanken seinen Bruder vermutlich nie wieder sehen zu können.

Ich weiß nicht um das Befinden der Person, die ich über alles liebe. Ich hab' zwar im Gefühl, dass er noch lebt, aber was wenn nicht? Ich will zwar nicht daran denken, aber dennoch schleicht sich dieser Gedanke, dass Jungkook mittlerweile tot ist, immer wieder in meinen Kopf und das macht mich unglaublich fertig.

Da will ich mir gar nicht ausmalen, wie es Jin mit diesem Gedanken geht.

Jedenfalls begebe ich mich gerade mit meinem Tablett voller Essen in die erste Hofpause im späten Februar. Die Temperaturen sind recht angenehm und es liegt auch kaum noch Schnee.

Zu dieser Zeit etwa habe ich Jungkook kennengelernt.

Wie er mir geholfen hat, als ich gemobbt wurde.
Wie er mir ein beruhigendes und friedliches Hasenlächeln geschenkt hat.
Wie er mir Jimin und Hoseok und somit meine ersten richtigen Freunde vorgestellt hat.

„Alles okay?" fragte mich der Schwarzhaarige damals, während er mir seine Hand reichte, die ich nach Unmengen an Fragen und Zweifeln in meinen Gedanken annahm und mir von ihm hoch helfen ließ. Erst als ich stand beantwortete ich seine Frage und diese wundervolle Reise mit ihm und Jimin, Hoseok und Jin nahm ihren Anfang.

„Du solltest besser nachhause gehen und dich umziehen. Das klebt doch sicher." sprach mein Gegenüber auf mich ein, doch ich schüttelte einfach nur meinen Kopf und sagte: „Nein. Das war sicherlich nicht das letzte Mal heute. Und ich werde wegen ihnen garantiert nicht den Unterricht verpassen." „Willst du dich nicht wenigstens umziehen?" „Später vielleicht." zuckte ich einfach nur mit den Schultern.

„Wow, also dass du das so locker nimmst..." sagte der Schwarzhaarige verblüfft und mit leicht geweiteten Augen.

„Trockne dich wenigstens ab." sprach mein Gegenüber, während er mir ein Handtuch reichte. „Wieso hast du denn ein Handtuch dabei?" „Trockne dich ab." entgegnete er nur und hielt mir das Handtuch noch näher entgegen. Leicht zögernd und noch immer verwundert über seine Hilfe nahm ich es schließlich entgegen und rubbelte meine Haare soweit wie eben möglich trocken, um so wenigstens ein Teil der Limonade aus meinen Haaren zu bekommen.

„Wieso hat dir eigentlich niemand geholfen? Hast du keine Freunde?" fragte der Schwarzhaarige leise und schüchtern. Unschlüssig darüber, ob ich ihm die Wahrheit sagen oder doch lieber anlügen sollte, sah ich ihn einfach nur an.

Schon damals sah er gut aus.

„Ach vergiss es." sagte er dann lächelnd. „Jedenfalls sind meine Freunde und ich da hinten." begann er und wies mit seinem Daumen in eine Richtung. „Wenn du willst, kannst du mit zu uns. Ich würde dich gerne kennenlernen, Taehyung." fuhr er dann fort und ich weitete meine Augen.

„Woher weißt du denn, wie ich heiße?" fragte ich irritiert nach. „Naja, einer von den Typen von vorhin hat dich so genannt, also bin ich davon ausgegangen, dass das dein Name ist. Etwa nicht?" „Achso. Doch, das ist mein Name." beantwortete ich seine Frage. „Wie heißt du eigentlich?" stellte ich dann die Gegenfrage. „Das erfährst du, wenn du mitkommst." entgegnete er frech grinsend und steuerte nun auf den Tisch zu, zu welchem er zuvor noch gewiesen hatte.

„Taehyung, das sind Jung Hoseok und Park Jimin. Freunde, das ist..." er unterbrach und sah mich erwartungsvoll an, ehe er sich flüsternd an mich wandte: „Ähm...Das wäre der Moment, in dem du mir deinen Nachnamen verrätst." „Oh, Ähm. Kim. Mein Name ist Kim Taehyung." stellte ich mich also vor. „Freunde, das ist Kim Taehyung." fuhr der Schwarzhaarige dennoch mit seiner Vorstellung fort. „Ich bin übrigens Jeon Jungkook." stellte er anschließend sich vor und lächelte mich mit seinem wunderbaren Hasenlächeln an.

Wieder schleicht sich nach diesem Flashback ein trauriges Lächeln auf mein Gesicht, während ich mich zu jenem Tisch begebe, an dem ich Jimin und Hoseok damals kennenlernte und Jimin auch jetzt auf mich wartet.

Schon damals hat Jungkook so zurückblickend irgendwas in mir ausgelöst. Fast so wie Liebe auf den ersten Blick. Doch dass es wirklich Liebe war, was ich für ihn empfand, fand ich erst Monate später heraus.

„Hey, alles okay?" fragt mich Jimin mir gegenüber, als er wohl ebenso wie ich die Tränen bemerkt, die über meine Wangen laufen. „Ich vermisse ihn so, Jimin." schluchze ich und lasse den Tränen ihren Lauf. Direkt kommt Jimin zu mir und nimmt mich in seine Arme. „Ich vermisse ihn auch, Tae." spricht der Blondhaarige, wobei ich spüren kann, wie eine Träne auf meinen Haaren landet.

„Was wenn er tot ist?" schluchze ich weiter, während ich mich mehr in die Jacke meines besten Freundes kralle. „Hey, nein! Denk das nicht!" sagt Jimin und drückt mich aus der Umarmung, um mein Gesicht in seine Hände zu nehmen und mir tief in die Augen zu sehen. „Jungkook lebt." fügt er dann noch hinzu. „Was macht dich da so sicher?" frage ich schniefend, woraufhin Jimin kurz seine Lippen aufeinander presst und meinem Blick ausweicht, ehe er mir wieder genau in meine Augen schaut, um seine Ernsthaftigkeit in den folgenden Worten klar zum Ausdruck zu bringen:

„Jungkook ist stark und er wird alles in seiner Macht stehende tun, um wieder zu dir zu können. Da bin ich mir sicher."




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Ghost Of You {TaeKook}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt