Gedankenverloren starrte ich an meine Zimmerdecke. Noch immer hallten mir meine eigenen Worte im Geiste nach.
Auf das die Rebellen allesamt von Krankheiten geplagt werden und endlich untergehen mögen.
Aus irgendeinem Grund wiederholte sich dieser Satz in meinem Kopf in Dauerschleife.Ansonsten hatte ich den Abend als recht schön empfunden. Kurz nach unseren Trinksprüchen hatte sich die Feier aufgelöst und unsere Gäste hatten ihre Zimmer im Palast bezogen. Insgeheim freute ich mich schon auf morgen, denn die Familien der Minister und Ministerinnen würden ebenfalls zu Besuch kommen. Dann würde ich auch endlich meine Freundin Juminiko wiedersehen. Sie war die Tochter des Unterhaltungsministers und lebte in einer der Eisstädte im Norden des Reichs, weshalb ich sie nur ungefähr zweimal im Jahr sehen konnte. Außerdem hatte sie mir bis jetzt jedes Mal etwas aus dem Norden mitgebracht und diesmal hatte ich auch etwas für sie. Ein Armband, gefertigt aus Rubinen von den Blutstränden im Süden. Vor einigen Monaten war ich mit meinem Vater geschäftlich dort gewesen und als ich dieses Armband gesehen hatte, hatte ich sofort an Juminiko denken müssen. In ihr brannte die unauslöschliche Flamme der Abenteuerlust und zu den Blutstränden zu reisen war ihr größter Traum. Mir würde es wahrscheinlich genauso gehen wenn ich in der weißen Einöde des Nordens aufgewachsen wäre.
Seufzend schloss ich erneut die Augen. Heute Abend wollte mir das einschlafen einfach nicht gelingen. Dabei hatte ich mich gegen Ende der Feier müde gefühlt. Doch davon war jetzt keine Spur mehr.
Frustriert schlug ich die Bettdecke zurück und stand auf. Rasch zog ich mir einen Mantel und Schuhe über und machte mich auf den Weg in meinen kleinen Garten. Vater hatte extra einen kleinen Bereich für mich herrichten lassen, da ich es liebte zu gärtnern. Das Gefühl wenn ich meine Finger in die Erde grub und dabei den frischen Duft der Pflanzen um mich herum einatmete war unbeschreiblich. Nur ich hatte den Schlüssel zu diesem kleinen Außenbereich, sonst niemand. Nicht einmal mein Vater. Hierher kam ich immer wenn ich nachdenken musste oder einfach eine kurze Pause von dem ganzen Thronerbinnen-Kram brauchte.
Rasch schloss ich die Tür zu dem Bereich auf und trat in einen süßlichen Schwall an Düften hinaus. Tief nahm ich die Gerüche in mich auf. Dieser Ort gab mir Kraft und Zeit zum Entspannen.
Hinter mir schloss ich die Tür wieder ab und schlich zu der Bank im hinteren Teil des Gartens. Einzig ein Weg aus vereinzelten Steinplatten führte durch ihn hindurch, links und rechts die Blumenbeete. Im hinteren Teil befanden sich knapp hinter der Bank ein Ahornbaum und ein Magnolienbaum unter dessen Blüten ich mich nun setzte. Erhellt wurde der Bereich von drei verteilten Fackeln. Deren flackernder Schein tanzte beherzt über die verschiedenen bunten Blüten, Blätter und Halme.Verträumt starrte ich in die bunte Farbenpracht. Mit angezogenen Beinen saß ich auf der Bank, als mir aus dem Augenwinkel plötzlich etwas komisch vorkam. Ich drehte meinen Kopf und sah in die schwach erleuchtete Dunkelheit links von mir. Dort im Gras, direkt neben dem Magnolienbaum lag etwas. Neugierig hüpfte ich von der Bank und Schritt darauf zu. Da es sich nicht bewegte, konnte es kein Tier sein. Zudem spiegelte sich sehr schwach der Schein der Fackeln in dem Objekt. Interessiert streckte ich die Hand danach aus und hob es auf. Ich besah mir den Gegenstand nun genauer. Er hatte die Größe eines Apfels und war auch ungefähr so schwer. Beim Umdrehen des Gegenstandes fiel mir auf, dass nur die eine Seite das Fackellicht reflektierte. Die andere Seite strahlte einen sanften silbernen Glanz aus. Er sah eigentlich aus wie ein größerer Stein. Fasziniert strich ich mit den Fingerspitzen darüber, als mir plötzlich ein elektrischer Schlag in die Hand fuhr. Ich setzte zu einem Fluch an, als meine Sicht plötzlich getrübt wurde und eine Frau vor mir erschien. Erschrocken schrie ich auf.
Sie hatte eine eigensinnige Schönheit an sich. Honigfarbene Haare rahmten in wilden Locken ihr Gesicht ein und braun-grüne Augen sahen mich an. Doch etwas war seltsam. Sie schien nicht wirklich real, an manchen Stellen konnte ich die Pflanzen hinter ihr durch sie hindurch sehen.
"Was zum...!?" entfuhr Es mir geschockt.
Doch noch bevor ich irgendetwas weiteres sagen konnte verschwand die Frau auch wieder. Von einem Moment auf den anderen war sie verschwunden. Schien sich in Luft aufgelöst zu haben. Verwirrt blickte ich mich um. Nirgends war sie zu sehen.
Ein Schauer lief mir über den Rücken und nervös verschränkte ich die Arme vor der Brust, wobei ich den seltsamen Gegenstand wieder ins Gras fallen ließ. Bestimmt lag das am Achatbeerenwein. Daran musste es liegen. Anscheinend vertrug ich nicht mal ein Glas davon ohne zu haluzinieren. Energisch schüttelte ich den Kopf und rieb mir über die Augen. Das war die einfachste Erklärung und eine andere gab es sowieso nicht.
Eilig schritt ich zur Tür und hatte die Hand bereits auf der Klinke und den Schlüssel im Schloss umgedreht, als ich mich nochmal umdrehte. Prüfend flog mein Blick über den Garten, welcher einsam und verlassen da lag . Nichts ungewöhnliches, keine Frau die halb durchsichtig war.
Ein leises Lachen kam mir über die Lippen. Ich sollte wirklich aufhören diesen Wein zu trinken, er stellte komische Dinge mit meinem Geist an.Ich öffnete die Tür, trat herein und schloss sie hinter mir wieder. Mit schnellen Schritten ging ich wieder zu meinem Zimmer. Auf dem Weg fielen mir zwei Sachen auf:
Erstens: Der Stein kam ursprünglich nicht aus meinem Garten. Also musste ihn jemand oder etwas dorthin gelegt oder fallen gelassen haben.
Zweitens: Das Gesicht der Frau schien mir irgendwie vertraut. Als hätte ich sie schon einmal gesehen oder so.
Doch beides konnte einfach nicht sein. Außer mir hatte keiner Zutritt zu dem Garten und ich würde mich sicher an die Frau erinnern, wenn ich sie kennen sollte. Doch da ich das nicht tat, schien sie wirklich nur ein Gespinnst meiner Fantasie zu sein.Kaum lag ich unter der Decke in meinem Bett in meinem Zimmer, so starrte ich erneut an die Decke. Mein kleiner Ausflug hatte mir überhaupt nichts als seltsame Halluzinationen gebracht. Das Gesicht der Frau schwebte noch immer in meinem Geist und meine Gedanken schienen im Gegensatz zu vor dem kurzen Aufenthalt im Garten Karussell zu fahren.
Und das alles nur wegen einem einzigen Glas Achatbeerenwein!Ein seufzen drang an die Oberfläche. Das würde noch eine verdammt lange Nacht werden.
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Grey Soldiers ~ Manipulation
FantasyVor vielen Jahren nahm der König von Toron die schwangere Anführerin einer Rebellengruppe gefangen. Sie gebar im Kerker des Schlosses eine Tochter und starb bei der Geburt. Der König konnte es jedoch nicht übers Herz bringen die Kleine töten zu lass...