Kapitel 4

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Stille lag über dem Palast, einzig meine tapsenden Schritte hallten leise in den Hallen wieder. Die Kerze in meiner Hand war bereits zu einem Viertel abgebrannt und noch immer fand ich nicht denjenigen den ich suchte. Von den Fenstern her drang sanftes Mondlicht in die langen Flure und erhellte meinen Weg noch zusätzlich. Ich hatte gehofft erneut auf den seltsamen, fluchenden Mann von heute Mittag zu treffen, um noch ein paar Informationen zu bekommen. Doch bisher hatte ich ihn noch nicht gefunden.

Dabei bräuchte ich doch so dringend diese Informationen, wenn ich den Berg an Fragen in meinem Kopf verkleinern wollte.

"Sir Soylan?" flüsterte Ich in die Stille hinein, in der Hoffnung, dass er mich trotzdem hören konnte. Doch vergeblich.

Mit zum Fenster gerichtetem Blick eilte ich einen der Bedienstetengänge entlang. Ich fand diese Gänge unglaublich praktisch, denn so konnte ich ungesehen überall hinkommen. Viel zu spät bemerkte ich jedoch die dunkle Gestalt, welche mir entgegen lief und stieß mit der Schulter aus Versehen gegen ihn, wodurch ich ins straucheln kam. Mit der Hand schoss die Gestalt auf mich zu und hielt mich am Unterarm fest. Bei der Bewegung war ihm die Kapuze, welche er zuvor tief ins Gesicht gezogen hatte nach hinten gerutscht und ich sah überrascht in Bernsteinfarbene Augen. Beinah genauso überrascht sah der Mann zurück. Sein Griff um meinen Arm löste sich, als er sicher war, dass ich wieder sicher auf meinen Füßen stand.

Kurz räusperte er sich.
"Prinzessin, was macht ihr zu solch einer späten Stunde noch in den Gängen für die Bediensteten?" seine Stimme war tief und doch sanft. Ich fand sie irgendwie faszinierend. Zumal mir auffiel, dass ich sie noch nie zuvor gehört hatte.

Mein Blick huschte irritiert über sein Gesicht. Braune Haare, einen Ohrring am linken Ohr und volle, ausdrucksstarke Lippen. Ich hatte ihn noch nie zuvor hier gesehen und ich kannte ausnahmslos jeden hier im Palast.

"Wer seid ihr?" Ich ließ seine Frage bewusst unbeantwortet.

"Oh verzeiht bitte" ein charmantes Lachen kam über seine Lippen, "Wo sind nur meine Manieren? Ich bin Maranus Kirze. Ich bin erst seit heute hier und bin Bediensteter und persönlicher Gehilfe von Klingenmeister Bellwood."

Interessiert lauschte ich ihm. So, so er war also Gehilfe von Meister Bellwood? Das war mir neu. Meister Bellwood hatte bisher noch nie einen Gehilfen gehabt. Warum also jetzt?

" In welchem Verhältnis steht ihr zu Meister Bellwood? "noch war ich mir nicht sicher, ob er die Wahrheit sagte. Er konnte das ganze auch einfach erfunden haben.

" Ich bin der Sohn seiner Cousine Elrya. Ihr könnt euch gerne selbst überzeugen und Meister Bellwood nach mir fragen, nur bezweifle ich, dass er euch um diese späte Uhrzeit willkommen heißen würde." ein Lächeln huschte über sein Gesicht.

Prüfend sah ich ihm in die Augen, doch ich konnte nur Ehrlichkeit in ihnen erkennen. Außerdem wirkte er auf mich nicht wie ein Lügner.

" Und ihr Prinzessin? Was macht ihr nun hier? " stellte er mir erneut seine Frage.

"Bitte, nennt mich Gabriella. Jeder hier nennt mich so und mein Titel sagt nichts über mich aus." bat ich ihn, bevor ich mir überlegte wie ich ihm antworten sollte. Die Wahrheit konnte ich wohl schlecht sagen. Ja wisst ihr, ich habe nach einem Mann gesucht, den nur ich sehen kann und der gerne flucht. Sonst noch Fragen?

" Nun gut Gabriella, dann dürft ihr mich auch Maranus nennen." freundlich streckte er mir die Hand entgegen und ich schüttelte sie. Dann sah er mich erwartend an.

"Oh weißt du, ich habe vor einigen Tagen ein paar Bücher hier irgendwo vergessen und wollte sie heute suchen." log ich. Zum Glück war ich eine recht gute Lügnerin und man merkte mir so gut wie nie etwas an.

"Und warum unternimmt du deine Suche nachts? Sind es etwa Bücher, die nur im Mondschein zu sehen sind, oder steckt da doch mehr dahinter?" neugierig zog er eine Augenbraue hoch.

Belustigt musste ich auflachen. "Nein natürlich nicht. Nur wollte ich eines davon heute Abend lesen und da ist mir wieder eingefallen, dass ich sie hier liegen gelassen hatte." erklärte ich geschickt.

Verstehend nickte er. "Dann noch viel Glück mit deiner Suche und ich wünschte ich könnte dir helfen, doch ich muss jetzt leider weiter. Aber sollte ich die Bücher finden, werde ich dir bescheid geben." Mit einem entschuldigendem Lächeln ging er nun weiter den Flur entlang in die Richtung aus der ich gekommen war. Mit einem leichten Lächeln sah ich ihm nach. Irgendwie war er mir sympathisch. Während dieses kurzen Gesprächs war er so nett gewesen. Natürlich konnte der erste Eindruck auch täuschen, doch ich glaubte bei Maranus nicht daran.

Aus dem Augenwinkel hatte ich noch gesehen, dass er etwas in der Hand gehalten hatte, doch was es war hatte ich nicht erkennen können. Automatisch fragte ich mich was es wohl gewesen war.

Beschwingten Schrittes suchte ich noch eine Weile weiter nach dem fluchenden Mann, doch fand ihn zu meiner Enttäuschung nicht. Auf dem Weg zurück zu meinem Zimmer begegnete ich ansonsten niemandem mehr. Ich spürte, wie meine Augenlider schwerer wurden und Müdigkeit meinen Körper übernahm. Die Kerze in meinen Händen war auch nur noch ein kleiner Stummel, so lange war ich durch den Palast gelaufen.

Kurz vor meinem Zimmer kam ich an einem weiteren Fenster vorbei. Davor blieb ich stehen und starrte entgeistert auf das Schauspiel welches sich mir dort draußen bot. Vor entgeisternder Verwunderung stand mein Mund ein kleines Stückchen weit auf.

Dort draußen auf dem Rasen sah ich zwei Gestalten. Die eine hatte schneeweiße Haare und die andere trug einen langen dunklen Mantel. Zudem schlugen die beiden immer wieder mit Schwertern auf einander ein. Ich konnte die Reflektion des Mondlichts im Metal der Klingen aufleuchten sehen. Mit geübten Ausweichmanövern parrierten sie die Schläge des jeweils anderen und leise drang das Klirren der Schwerter durch das Glas zu mir durch. Ungläubig rieb ich mir über die Augen, doch das änderte nichts an dem Geschehen draußen.

Rasch ging ich auf eine Tür zu, welche nach draußen führte und trat hinaus.

Mit lauter Stimme sprach ich:"Was verdammt macht ihr beide denn da?!"

Erschrocken stoppten die beiden in ihren Bewegungen und drehten sich zu mir um. Nun sah ich in die völlig überraschten Gesichter von Juminiko und Maranus.

Grey Soldiers ~ ManipulationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt