Erste Konflikte

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„Was will der denn hier?", fragte ich leicht angesäuert und schaltete die Musik ab. „Kate! Andre hat dein Portemonnaie gefunden.", rief Jenny fröhlich und grinste wie ein Honigkuchenpferd. Ich verdrehte genervt die Augen, schnappte mir ein Handtuch und trocknete damit meinen verschwitzten Nacken ab, während ich zu den beiden lief. Ich merkte, wie seine Augen mich musterten. „Was glotzt du denn so dämlich. Noch nie ein Mädchen im Ballettoutfit gesehen?", herrschte ich ihn an. 

Er lächelte freundlich und zog aus seiner Hosentasche meinen schwarzen Geldbeutel heraus und reichte ihn mir. „Bitte. Du hast es wahrscheinlich verloren, als wir zusammen gestoßen sind."
„Danke.", murmelte ich und nahm es entgegen, dabei berührten sich unsere Finger und ich zuckte etwas zusammen. Seine Hände waren warm, im Gegensatz zu meinen die sich wie Eiswürfel anfühlten. Ich zuckte kurz mit dem Mundwinkel, drehte mich um und packte das Portemonnaie in meine Trainingstasche. 

„Hast du am Wochenende Zeit?", hörte ich Jenny fragen. „Ja klar. Wir wollen zwar Abends zur Disco aber du kannst ja gerne mit kommen." Also doch ein Macho der denkt, er könnte alle Weiber an sich reißen. Und meine Freundin war ihm auch noch komplett verfallen. Ihre Augen hatten dieses typische Oh-Mein-Gott-ich-will-mit-dir-zusammen-sein funkeln und ich seufzte leise. „Kate?" Ich schaute auf und bemerkte, dass mich Andre anscheinend etwas gefragt hatte. "Was?"
„Magst du am Samstag mit kommen?", wiederholte er seine Frage.

„Nein danke. Ich steh nicht so auf Disco.", murmelte ich und dehnte meine Beine. „Wie lange tanzt du schon?"
„Seit ich fünf bin.", antwortete ich genervt. „Und..."
„Ok. Andre. Ich will jetzt nicht mit dir reden, geschweige denn irgendeine Frage von dir beantworten. Ich muss trainieren und brauche dazu meine Ruhe! Also auf wiedersehen!", sagte ich wütend und drehte den beiden den Rücken zu. Es herrschte kurz Stille, dann flüsterte Jenny ein „Tut mir leid." und Andre verließ endlich das Gebäude. 

„Kannst du die Musik wieder anmachen?", fragte ich meine Freundin. Diese nickte stumm und der Raum wurde wieder mit dem Gesang von Hillsong United Oceans gefüllt. Ich musste mich einige male bei den Bewegungen selbst korrigieren. Jenny schaute mir gebannt zu und gab keinen Mucks von sich. Ich trainierte bis um zehn, danach machten wir uns auf den Weg nach Hause, um uns für die Uni fertig zu machen. Meine Freundin sprach kein Wort mit mir, auch nicht im Auto oder in der Wohnung. War sie mir jetzt böse, weil ich Andre angeschrien habe? 

„Bis dann." Das waren die einzigen Worte die sie sagte, als wir an der Uni ankamen und getrennte Wege gingen. Kaum war ein Kerl in unser Leben getreten gab es mal wieder Stress. Meine Laune sank heute irgendwie immer mehr. Warum musste dieser Riese auch in unser Leben treten? Immerhin ist er doch ein solo berühmter Youtuber und die geben sich nicht mit jedem ab, weil sie sich doch zu fein dafür sind. Ich war wütend, wütend über mich selbst, da ich an diesem Tag so tollpatschig war und wütend auf Andre. 

Ich hasste solche Jungs. Aber das war ja nichts neues. Ich war froh, als die Vorlesungen endlich vorbei waren und ich mit Jenny in die WG fahren konnte. Sie schwieg noch immer und ich beschloss den Konflikt doch zu klären, immerhin war sie meine beste Freundin. „Jenny, es tut mir leid, dass ich heute so ausgerastet bin aber du weißt ja..."
„Ja. Kate. Ich weiß! Und ich kann das auch verstehen aber kannst du mir nicht auch mal was gönnen? Immer muss es nur um dich gehen!" 

„Tut mir leid.", murmelte ich und rutschte tiefer in den Sitz. Seufzend parkte meine Freundin das Auto und wir stiegen aus. „Ich kann den Kerl trotzdem nicht leiden." Jetzt lachte sie endlich und schüttelte den Kopf. „Du bist unmöglich.", kicherte Jenny und ich grinste breit.

Gegensätze ziehen sich an?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt