Gib ihm eine Chance

52 2 0
                                    


Wie erwartet ist Jenny komplett vor Freude ausgerastet, als ich ihr von meinem kommenden Date erzählt habe. Sie schrie das gesamte Tanzschulgebäude zusammen und ich musste ihr vor Schreck den Mund zu halten. „Ich dachte du willst dich auf niemanden einlassen?", fragte sie mich mit funkelnden Augen. „Ich konnte ihm ja schlecht eine Absage erteilen. Das wird eh nichts mit uns. Kurz was essen gehen und das war es dann auch.", hatte ich ihr erzählt, mittlerweile würde ich am liebsten gar nicht zu dem Date gehen.

In genau zwei Stunden würde er mich abholen, und ich sah noch aus wie der letzte Penner. Meine Haare waren noch nicht gemacht, ich rannte mit meiner zerrissenen Jogginghose und einem alten Shirt durch die Wohnung und musste mir Jennys Schwärmerei von Adre anhören. Die beiden Turteltauben waren heute nämlich im Kino und sind dann noch in den Park gegangen. „Jenny. Wenn du jetzt noch einmal Andre sagst, dann raste ich aus! In zwei Stunden kommt Jan und ich hab mir noch immer nicht die Haare gewaschen!", fluchte ich und zerrte eine weiße Bluse aus dem Kleiderschrank.

„Schon gut, schon gut.", kicherte meine Freundin und warf mir einen Rock zu. „Anziehen und dann sind die Haare dran.", rief sie und verschwand in der Küche, um uns einen Tee zu kochen. Lächelnd zog ich mich an, wusch meine Haare und schminkte mich, mittlerweile war auch Jenny fertig und wir setzten uns für einige Minuten an den Tisch. „Aufgeregt?"

„Nicht wirklich. Da ist ja nichts zum hektisch werden. Ich treffe mich mit ihm und mehr nicht. Da sind halt keine Gefühle."

Ich nahm einen Schluck von dem Pfefferminztee und blickte Jenny an. „Vielleicht verliebst du dich ja noch in ihn.", sagte sie grinsend und ich verdrehte die Augen. „Ja klar." Kopfschüttelnd stand ich auf, um meine Haare zu föhnen, denn mir blieben nur noch 15 Minuten. Ich nutzte die Zeit natürlich voll aus und als es letztendlich an der Tür klingelte, stand ich fertig gestylt im Flur, während Jenny Jan herein ließ. Wir begrüßten uns kurz und verließen dann die Wohnung. „Viel Glück.", flüsterte mir meine Freundin zu, als sich die Tür wieder schloss.

„Du siehst gut aus.", sagte Jan und lächelte etwas unsicher drein. „Danke. Du auch." Den Rest des Weges schwiegen wir, erst als Jan und ich im Restaurant ankamen, und in die Speisekarten schauten, fing er an zu reden. „Was studierst du eigentlich?" Ich schaute auf, und blickte in seine braunen Augen. „Musik."

„Nur Musik?"

„Ja. Und du machst ja dein Youtube dingens." Er lachte kurz auf und sah dann wieder in die Karte. „Das ist mein Traum, den ich da erfülle."

„Aha. Interessant. Naja solange man damit Geld verdienen kann."

„Dir scheint ja Geld ziemlich wichtig zu sein.", murmelte Jan und schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Nicht das Geld an sich. Aber die Karriere. Weißt du, ich möchte unbedingt auf die Londoner Elite Tanz Akademie. Das ist mein größter Traum." Ich lächelte leicht und auch Jan grinste mich an. „Nicht schlecht. Und wie lange bleibst du dann in London?"

„Naja. Kommt darauf an, wie gut ich bin. Das größte wäre natürlich, wenn mich jemand entdecken würde. Aber jeder hat ja so einen Wunsch."

„Das stimmt. Aber man soll nicht nur Träumen, sondern auch diese erfüllen. Ich finde deinen Ehrgeiz bemerkenswert. Du kämpfst für das was du möchtest. Das finde ich klasse!" Ich merke wie meine Wangen anfingen mit glühen und bevor Jan etwas bemerken konnte, hob ich die Karte ein Stück höher. „Was willst du denn Essen?", fragte er mich, als eine Kellnerin die Bestellung aufnehmen wollte. Ich nahm einen Salat als Vorspeise und ein Steak mit Bratkartoffeln, während Jan eine Suppe und Spaghetti nahm. Den Rest des Abends redeten wir noch ziemlich viel und ich lernte einen netten und lustigen Menschen kennen.

Als ich die Wohnungstür öffnete, stürmte mir natürlich Jenny entgegen, die alles wissen wollte, also verzogen wir uns in mein Zimmer und ich erzählte ihr von unserem Gespräch und dem Essen. „Und bist du verliebt?"

„Was? Nein. Ich finde ihn nett."

„Nett? Nett ist der kleine Bruder von Scheiße. Mensch Kate! Jan wäre doch perfekt für dich!"

„Ich weiß nicht.", murmelte ich und lehnte mich gegen die Wand. „Gib ihm eine Chance!"


Gegensätze ziehen sich an?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt