Lügen über Lügen

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Drei Tage. Ich starrte auf meinen Kalender, in dem das Datum der Prüfung dick und rot gekennzeichnet war. Drei Tage blieben uns nur noch. Seufzend schleppte ich mich in die Küche, um mir etwas essbares zu suchen. Jenny besuchte seit Montag ihre Eltern in München und hinterließ die Wohnung in einem einzigen Chaos. Heute war Mittwoch und in spätestens drei Stunden, würde meine beste Freundin wieder quirlig durch die Zimmer rennen und mir alles berichten.

Auch wenn Jenny manchmal sehr aufgeregt und nervig ist, möchte ich sie nicht missen. Schon im Kindergarten waren wir beste Freunde, wir hatten alle Hürden gemeistert, jeden Streit beiseite gelegt und uns immer wieder vertragen. Bei dem Gedanke wurde es mir plötzlich übel. Kurz bevor Jenny los fuhr, besuchte sie nochmals Andre, danach erhielt ich von ihm die Nachricht, dass er ihr alles erzählt habe. In diesem Moment fiel die gesamte Last von meinen Schultern aber wie würde sie heute reagieren? Würde unsere Freundschaft letztendlich doch zu Bruch gehen?

Ein Klingeln riss mich aus meinen Gedanken, und ich schloss schnell den Kühlschrank, um die Tür zu öffnen. "Was machst du denn hier?", platze es aus mir heraus. "Nun ja. Ich wollte dich eben mal besuchen, jetzt wo Jenny nicht da ist." Mit diesen Worten trat Andre ein und grinste mich frech an. "Natürlich.", murmelte ich und schloss die Tür wieder. "Wie geht es dir überhaupt? Schon sehr nervös?", fragte er und umfasste meine Hüfte. "Ich bin extrem aufgeregt." Ich blickte ihn an und alle meine Sorgen verschwanden mit einem Wimpernschlag. "Das wird schon. Wir kriegen das hin.", flüsterte er und küsste mich sanft.

Mein Körper füllte sich mit Wärme und ein Glücksgefühl durchströmte mich. "Ich bin froh, dass diese Geheimnistuerei endlich aufhört.", sagte ich und lehnte meinen Kopf gegen seine Brust. "Ja. Das stimmt.", murmelte Andre. "Wann kommt Jenny heute nach Hause?"

"In drei Stunden ungefähr. Warum?", fragte ich und runzelte die Stirn. "Ich sollte davor gehen. Sie war ziemlich wütend nach dem Gespräch." Ich nickte kurz. "Kann ich verstehen. Ich wäre auch sehr wütend darüber."

Die nächsten Stunden verbrachten wir mit Reden, kuscheln und küssen, bis Andre sich langsam aufrichtete, seine Jacke schnappte, mir einen Abschiedskuss gab und die Wohnung verließ. Mit klopfendem Herzen saß ich auf dem Sofa und mit jeder Minute wurde mir schlechter. Wie würde Jenny reagieren? Die Zeit verstrich langsam, bis die Tür aufsprang, ich erschrocken zusammen zuckte und den Atem anhielt. "ICH bin wieder DA!", rief meine Freundin lauthals und kickte ihre Taschen in den Flur. "Kate! Meine Süße was sitzt du denn auf dem Sofa? Du bist ja ganz blass. Ist alles in Ordnung? Hat Jan etwa Schluss gemacht? Oh ich muss dir so viel erzählen!", flötete sie glücklich und gestikulierte wild mit den Händen herum.

Die Angst wurde von Verwirrung und letztendlich von Entsetzten übertrumpft. Er hatte es ihr nicht erzählt. Ich starrte wie versteinert auf einen Fleck, war nicht fähig irgendetwas zu sagen oder mich zu rühren. "Kate? Alles in Ordnung?", fragte mich Jenny und berührte mich an der Schulter. "Er hat mich angelogen.", flüsterte ich und schaute meiner Freundin in die Augen. "Wer? Schatz was ist denn los?" Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter und schüttelte mit einem gequälten Lächeln den Kopf. "Nichts. Schon gut.", presste ich hervor. "Ich sehe doch, dass dich etwas bedrückt. Sag schon, was ist los? Hat Jan Schluss gemacht?"

"Nein. Wir beide sind schon seit dem Spielabend getrennt.", platze es aus mir heraus und Jennys Augen weiteten sich. "Wie bitte? Warum das denn?"

"Was hat dir Andre bei deiner Abreise erzählt?", fragte ich und der Kloß in meinem Hals wurde größer. "Er hat mir eine gute Fahrt gewünscht und ich solle mich melden wenn ich angekommen bin. Warum?", fragte sie etwas misstrauisch und ich konnte mich nicht mehr zurückhalten. Ich erzählte meiner Freundin alles, in der Hoffnung, sie würde es verstehen. Wut und Verzweiflung machten sich in mir breit und die Tränen liefen mir die Wange hinunter.

"Er hat mir gesagt, er hätte mit dir Schluss gemacht. Es tut mir so leid Jenny.", endete ich schluchzend und wartete auf eine Reaktion. Ihr Gesicht war versteinert, zeigte keine Emotion, dann stand sie auf. "Jenny? Sag doch was!", rief ich und folgte ihr. "Ich fasse es nicht.", murmelte sie und blieb plötzlich stehen. "Wie konntest du mir das nur antun Kate?"

"Was?", hauchte ich, als sie sich mit wütendem Gesichtsausdruck umdrehte. "Ich habe die vertraut! Wir sind seid dem Kindergarten beste Freunde und du...du betrügst mich eiskalt! Du hast mir gesagt, du hasst Andre! Du warst mit Jan zusammen und hast neben bei mit MEINEM Freund rumgemacht?"

"Wir haben nicht..."

"HALT DIE KLAPPE! Weißt du was du bist? Du bist eine Schlampe Kate! Schnappst dir einfach was du willst und brichst damit anderen die Herzen! Wie lange geht das schon zwischen euch? WIE LANGE?"

"Jenny bitte. Es tut mir leid wirklich!" Sie drehte sich um, lief in ihr Zimmer und holte einen Koffer hervor. "Darauf scheiß ich Kate. Du kannst mich mal! Ich zieh hier aus. Sieh zu, wie du klar kommst und viel Spaß noch mit Andre! Ich hab die Schnauze voll!" Mit diesen Worten klappte sie den Koffer zu, nahm ihre Tasche in die Hand und knallte die Tür beim rausgehen zu.

Mein Herz hämmerte wie verrückt und ich sank auf die Knie, während immer mehr Tränen mit die Wange hinunter liefen. "Jenny...", flüsterte ich und fuhr mir durch die Haare. Das schlimmste was passieren konnte hatte sich bewahrheitet und Wut stieg in mir auf. Mit neuer Kraft stand ich auf, schnappte mir meine Jacke und lief zur Bahn. Andre hatte mich angelogen und ich wollte wissen warum.

Gegensätze ziehen sich an?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt