PROLOG - Part 2

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Veselovsky erstarrte, während mehrere seiner Thorianer zusammenzuckten. Die Stimme schien von überall her zu kommen, gesendet über das Lautsprechersystem der Höhle: Sanft und kultiviert, aber mit unverkennbarer Härte und einem Versprechen von Gewalt, fast wie ein in Seide gehülltes Katana. Die Orgie kam zu einem abrupten Halt, als Janus Haupt sich in ihre Richtung drehte. Seine Augen bohrten sich in die des Thorianer Captains: Das linke golden und geschlitzt, dass rechte ein glühender Orb, der schwach pulsierte. Ein Cyber-Auge und weit entfernt davon, die einzige kybernetische Modifikation des Drachen zu sein. Die gesamte rechte Seite seines Schädels war wie bei einer Maske unter einer Schicht aus schwarzem, mit Goldmustern verziertem Vanadium verborgen.

Der Anblick trieb Veselovsky die Farbe aus dem Gesicht und seine biometrischen Signale kreischten in die Höhe. Dem Rest der Thorianer ging es kaum besser. Es war ein Wunder, dass nicht wenigstens einer davon rannte, denn schließlich war Drachenfurcht ein gut dokumentiertes Phänomen. Sogar Gruber verspürte einen leichten Anflug von ... nun ... von irgendetwas.

Ahh, wie wundervoll erfrischend diese kleinen Besuche doch immer wieder sind.

Janus starrte Veselovsky lange genug nieder, um den meisten Menschen einen Herzinfarkt zu geben und es musste gesagt werden, dass der Erste unter den Thorianern dem feurigen Blick des Drachen weit länger standhielt als die meisten. Nämlich ganze drei Sekunden, bevor er seinen Mut verlor und ein extremes Interesse an seinen Stiefeln entwickelte.

Janus schnaubte, richtete seinen Blick auf Gruber und zeigte ihm ein Raubtierlächeln, das gewaltige Hauer aus schwarzem Vanadium-Stahl enthüllte. „Willkommen, Odin", intonierte er mit einer Stimme, die vor Sarkasmus troff, „Herrscher unter dem Berge, in diesem meinem bescheidenen Heim. Ihr kommt etwas ungelegen, aber bitte, tretet näher."

Gruber ging lächelnd auf den Drachen zu und beschloss, das Spiel mitzuspielen. „Heil dir, Vorvater, einstiger Träger des Allsehenden Auges und der Last der Welt. Danke, dass du uns Willkommen heißt."

Janus lachte, ein Geräusch, das den Berg zu erschüttern schien, doch Gruber ließ sich davon nicht beirren – noch störten sich die Geliebten des Drachen daran. Die meisten fingen sogar wieder halbherzig damit an, sich gegenseitig zu liebkosen. Ihre Augen jedoch waren auf Gruber und seine Entourage gerichtet und einmal mehr musste der Odin an ein Rudel Löwen denken.

Als Gruber heran war, streckte sich Janus auf seinem Bett aus Gold aus, wobei er peinlichst darauf achtete keine seiner Gefährtinnen zu verletzen. Er fletschte die Zähne in einem Grinsen und schwarzer Rauch kräuselte zwischen den dolchlangen Zähnen empor. „Wie lange ist es her, Amadeus, dass du mich zuletzt besucht hast? Zwei Jahre?"

„Drei."

„Drei Jahre! Wahrlich, die Zeit ist das Feuer in dem wir alle verbrennen. Ich habe unsere Gespräche und deine kleinen Geschenke vermisst – und wie ich sehe, hast du einige davon mitgebracht." Janus streckte seinen langen Hals, um die Thorianer mit ihren Kisten eingehender zu betrachten. „So viele Geschenke ... Es gibt wohl ernsthafte Probleme im Reich der Götter?"

Gruber breitete die Hände in einer entwaffneten Geste aus. „Ich sehe, du hast nichts von deinem Scharfsinn verloren. In der Tat gibt es ... Herausforderungen. Geister aus der Vergangenheit."

„Tatsächlich?"

Gruber nickte. „Projekt Archetype."

Rauch kräuselte zwischen Janus gefletschten Zähnen hervor. „Archetype ... Ein Name, den ich gehofft hatte nie wieder zu hören. Dieses verdammte Bio-Waffen-Programm war nichts weiter als eine kolossale Verschwendung von Zeit und ... Ressourcen." Janus Klauen gruben Furchen in sein Bett aus Gold, was einige seiner Gespielinnen erschrocken zurückweichen ließ. "Die ... Kosten waren zu hoch, das Projekt zu ehrgeizig. Der Moloch-Virus kann nicht kontrolliert werden – und warum auch? Ich habe es damals gesagt, ich sage es wieder: Es gibt bereits mehr als genug Monster auf der Welt, warum eines erschaffen, das schlimmer ist als alle anderen? Ich bin froh, dass ich das Projekt als meine letzte Handlung eingestellt habe."

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