Boogie Man

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KLATSCH!

Der Kopf des Ordenslakaien flog ihm fast von den Schultern, als Sattler ihm eine wohl bemessene Nackenohrfeige verpasste. Der schwächliche Hundert-Kilo-Hänfling taumelte mit viel Scheppern seiner Rüstung vorwärts, schaffte es irgendwie, seine Schwertscheide zwischen den Beinen zu verheddern und krachte mit dem Gesicht in die Wand der T-Kreuzung. Manche Leute lernten einfach nur durch Schmerz, allerding sollte man denken, dass dieser Kerl seine bittere Medizin bereits am Tor geschluckt hatte.

„Dreckiger Heide!", fluchte der Ordenskrieger unterdrückt. Seine Nase hatte wieder angefangen zu bluten und er schüttelte benommen den Kopf, spritzte Rot auf die Flickwerkwände aus altem Mausoleums-Gestein. Mordlust und Tränen schimmerten in seinen Augen und seine Finger schlossen sich um den Schwertgriff an seiner Hüfte. Metall flüsterte, glitt aus der Scheide.

Ganz großer Fehler, Bubi.

Der Wicht erstarrte, als sein Blick den von Sattler traf. Gewalt war nur eine Waffe im Arsenal eines Kriegers, das Versprechen von Gewalt eine andere und beides waren Disziplinen, die Sattler vor Jahrzehnten gemeistert hatte. Die Wut in den Augen des Ordenskriegers verdampfte wie Tau unter dem Kuss eines Flammenwerfers. Die zwei Knubbel an seinem Hals – Adamsapfel und ein Kropf von der Größe eines Eis – hüpften, als er schwer schluckte. Wie erwartet zitterte das Schwert geradezu in die Scheide zurück und sein Blick senkte sich schnell zum Boden. Vermutlich suchte er dort seine Eier ...

Sattler paffte unterdessen selenruhig an seiner Zigarre und nickte innerlich. Es gab Fanatiker und dann gab es Märtyrer, dieser kleine Wichtigtuer gehörte offensichtlich nicht zu letzterer Kategorie. Er machte einen langsamen Schritt vorwärts, ein Gletscher aus Muskeln und Brutalität, presste den Wichtel mit seiner schieren Präsenz gegen die Wand und blies ihm Rauch ins Gesicht. „Na, erinnerst du dich wieder, wo sich die Gemächer deines Herren befinden, Bruder?"

Der Mann hüstelte. „J... ja." Sein Kopf ging rapide auf und nieder und er verfluchte vermutlich zum x-ten Mal, dass ausgerechnet er heute der wachhabende Offizier war. Tage wie dieser waren Hölle für das Ego. Ein zitternder Finger deutete in den rechten Gang. „D... diese Richtung, Herr."

Sattler nickte. „Schon besser."

Es stimmte wohl wirklich, was man über leichte Schläge auf den Hinterkopf sagte ...

Der Ordenskrieger nickte, glitt wie Schwerkraft trotzender Schleim an der Wand entlang und flüchtete in den Gang – wo er erneut stolperte, als sein Schwert ihm zwischen die Beine kam. Sattler schüttelte den Kopf, hakte einen Daumen in den Riemen seines Rucksacks und folgte ihm.

Schwerter...

Im Grunde keine schlechte Waffe im Kampf gegen die Fell, schließlich gab es nur wenige Monster, die eine Enthauptung überleben konnten. Ob Vampir, Werwolf, oder Zombie ... runter mit der Rübe und das Problem war erledigt. Laut seinen Quellen waren die Waffen des Ordens sogar für Kämpfe gegen diese Bestien optimiert. Kaltgeschmiedetes Eisen mit Silber- und Goldeinlagen würden fast jedem Regenerator gehörig den Tag verderben. Gegen jemanden mit einer Knarre – jemandem wie ihm – waren sie jedoch eine hundsmiserable Option.

Allerdings war so ziemlich alles gegen jemanden wie Sattler eine hundsmiserable Option.

Ihre Schritte hallten von den Wänden wieder, als der Offizier ihn tiefer in den von Gebeten erfüllten und nach Weihrauch stinkenden Komplex des Neo-Teutonischen Vikariats führte.

Gebete ... Sattler schnaubte.

Was waren Gebete schon anderes als Betteln? Sogar er musste jedoch zugeben, dass sich seit seinem letzten Besuch vor drei Jahren viel in diesem sogenannten „Kloster" getan hatte. Verdammt viel.

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