Paradise Hall
Unterwaagen, Aschland
09.11.2158, 15:33 Uhr, Shatterlands (Ehemaliges Deutschland)
„Lasst mich versuchen, liebste Nora", flüsterte Adelmar.
Seine Angebetete trat zurück und warf ihm einen grimmigen Blick zu, doch Gentlemen der er war, lies er es sich nicht nehmen, ihr das Tor zu öffnen. Schließlich war sie eine echte Lady, nicht so eine ständig läufige Hündin wie Red Sally. Der Trick das Tor in die Meathall zu öffnen lag darin, am Anfang mehr nach oben zu drücken, als zur Seite, aber das konnte er ihr ja schlecht sagen. Adelmar grinste sie an und schob seinen Stock in den Gürtel, ganz wie es ein Ritter mit seinem Schwert macht. Er achtete diesmal jedoch tunlichst darauf nicht seinen Mangel an Zähnen zu zeigen. „Fertig?"
Leonora blies sich eine Strähne aus dem Gesicht. „Mach nur ein kleines Stück auf. Wer weiß, was auf der anderen Seite auf uns wartet."
Adelmars nickte. Bei den Welten, aber sie war schön, sogar noch schöner jetzt, wo sie ein bisschen zerzauster, ein bisschen schmutziger war. Vielleicht lächelte sie sogar unter ihrer Maske ob seines galanten Benehmens. Wer konnte das schon sagen?
Ein heimliches Lächeln nur für ihn ...
Adelmars Herz pochte freudig bei dem Gedanken und seine zittrigen Arme füllten sich mit neuer Kraft. Er warf sich gegen die Haltestange des Tors. Ein peinlicher Moment in dem nichts geschah, dann folgte das vertraute Kreischen von schlecht geöltem Metall und das schwere Tor flog auch schon zur Seite – mit weit mehr Schwung, als er beabsichtig hatte. Schlimmer noch, die Hand seiner beschädigten Armprothese wollte sich partout nicht öffnen und so wurde er einfach mitgezogen. Irgendetwas klatschte hinter ihm zu Boden, klang fast wie ein Sack voll mit nasser Kleidung.
„Finsternis, was—"
Die Hölle brach los. Knurren. Das Schnappen von Zähnen. Etwas das sich anhörte wie Klauen auf Beton.
„Liebste!" Adelmar riss seine Hand los, fuhr herum und fummelte zeitgleich nach seinem Gehstock, stolperte dabei jedoch ungeschickterweise über seine eigenen Füße. Er versuchte sich am Tor festzuhalten, griff jedoch daneben und er landete mit einem Quäken auf seinem Hintern. Nicht sehr ritterlich, aber das war gerade die letzte seiner Sorgen. Seine Augen weiteten sich beim Anblick der übel zugerichteten Leiche, die gegen das Tor gelehnt haben musste – beinlos, armlos, gesichtslos – nur um sich einen Herzschlag später auf das Ding zu fixieren, welches in den Raum hechtete.
„Rex", keuchte Adelmar, als er den großen Werwolf erkannte.
Groß traf jedoch nicht mehr wirklich zu. Seine ultimative Killermaschine befand sich in fast demselben Zustand, in dem er den Vernarbten zuletzt gesehen hatte. Beine, Hüften sowie die rechte Hand des Werwolfs fehlten und seine zerrissenen Gedärme zogen dem Schweif eines Kometen gleich hinter ihm her. Rex hechtete direkt auf Leonora zu und Adelmar konnte nichts tun, außer zu schreien. „Nein!"
Pop-Pop-Pop.
Leonoras Automatik hustete, Rex Klauenhand zischte durch die Luft, verfehlte das Gesicht seiner Angebeteten jedoch um Haaresbreite. Bei den Welten, aber seine Liebste war flink! Sie hatte sich geduckt und ihre Kugeln hämmerten auch schon in die übel zugerichtete Bestie. Rex heulte, trudelte an ihr vorbei und klatschte sich überschlagend auf den Betonboden.
Pop-Pop-Click!
„Finsternis!"
Ladehemmung? Die Waffe musste beim Fall mehr Schaden erlitten haben, als gedacht. Adelmar mühte sich aufzustehen, während Rex in ein Bett schlitterte und sofort anfing dessen Matratze und Insassen in Fetzen zu verwandeln. Die Halogenlampen über dem Kopf des Werwolfs blinkten an und aus und zeigten blutigen Schädelknochen und rohes Gehirn wo mattes Metall sein sollte.
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ARCHETYPE 3.0
Ciencia Ficción★Dritter und letzter Teil der WATTYS 2018 "Die Wortschmiede" Gewinner Story★ Liebe. Chaos. Zorn. Waagen, das große Mekka der Monster, ist in Aufruhr. Noch immer liegt der Rauch des Krieges über der Stadt, doch weiteres Unheil braut sich bereits zusa...