Puma

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Die Schlägerei war nun mehr als eine Woche her und Yeonjun hatte immer noch nichts von Bora gehört. Doch wenigstens waren die meisten seiner Wunden wieder verheilt und er konnte wieder normal riechen und schmecken.

Dennoch wurmte es ihn, dass sie sich nicht meldete. Sollte sein Charme so gar nicht bei ihr gezogen haben? Das konnte er sich wirklich nicht vorstellen.

Als die Jungs wieder mal bei Yeonjun und Soobin probten und kurz Pause machten, lachten sie ihn deswegen aus.

„Okay, sie scheint dich wirklich nicht besonders gemocht zu haben", lachte Beomgyu.

„Ich hätte nicht gedacht, dass das jemals passiert", grinste Taehyun.

„Du warst einfach viel zu aggressiv", schüttelte Soobin den Kopf. „Es gibt immerhin nicht nur Frauen, die auf deine plumpe Flirtmasche stehen. Es gibt auch welche, die spüren wollen, dass du es ernst meinst"

„Ach, bist du jetzt der Flirtexperte?", machte sich Yeonjun über Soobins Aussage lustig.

„Nein, aber sie scheint eine sehr kluge Frau gewesen zu sein und ich glaube nicht, dass man sie mit Anmachsprüchen erobern kann", blieb Soobin ruhig.

„Ich glaube auch, dass sie einfach noch mehr Zeit braucht", stimmte Kai Soobin zu.

Vielleicht mag es euch schon aufgefallen sein, aber Kai war ein eher schweigsamer Zeitgenosse. Er sagte nicht viel, vor allem nicht, wenn Fremde dabei waren, doch wenn er etwas sagte, steckte meistens was dahinter. Darum hatte er auch nicht mit Bora im Krankenhaus gesprochen, weil er zu schüchtern war, um mit Fremden zu reden. Geschweige denn mit Frauen. Na ja, ich war wohl die Ausnahme. Mit mir hatte er schon immer so viel gesprochen wie mit Taehyun.

„Bestimmt wird sie sich noch melden", redete Kai weiter.

„Meinst du?", lachte Beomgyu. „Ich bin mir da nicht so sicher"

„Aber warum hast du eigentlich gesagt, sie soll sich melden, wenn sie Hilfe braucht?", fragte hingegen Taehyun.

Yeonjun seufzte und streckte sich, bevor er antwortete: „Ich hoffe, ich liege mit meinem Gefühl falsch, aber ihr habt doch gesehen, wie hübsch sie war. Bestimmt wird sie irgendwann in Schwierigkeiten mit asozialen Typen geraten"

Diese Antwort hatte Taehyun nun wirklich nicht erwartet und doch war sie nicht komplett überraschend. Taehyun schmunzelte. Dies war eine der seltenen Momente, an denen man merkte, dass Yeonjun im Grunde kein Unrechter war. Es gab nicht viele Menschen in Yeonjuns Leben, doch auf die wenigen, die ihm wichtig waren, hatte er stets ein beschützendes Auge und war immer da, wenn man ihn brauchte.

„Aber dann wird sie sich sicher nicht bei dir melden", sagte Soobin, ohne dabei irgendwie gemein zu klingen. „Bestimmt hat sie einen Freund oder Familie oder Freunde, die ihr helfen können. Sie müsste schon sehr verzweifelt sein, um ausgerechnet dich anzurufen, wenn sie in Schwierigkeiten steckt. Dich, einen random Typen, den sie im Krankenhaus verarztet hat, weil er in eine Schlägerei in einer Bar geraten ist und der durchgehend playboymäßig mit ihr geflirtet hat"

Ich möchte nicht zu viel vorwegnehmen, aber behaltet Soobins Aussage „Sie müsste schon sehr verzweifelt sein" im Hinterkopf.

Die Jungs probten weiter und es vergingen Stunden und Stunden, bis es Abend und draußen dunkel war.

Bora, die abweisende Krankenschwester, ging zeitgleich von ihrer Spätschicht nachhause. Sie hatte nicht weit und darum ging sie immer zu Fuß. Selbst wenn sie Nachtschicht hatte machte sie das, auch wenn ihr bewusst war, dass immer was passieren könnte. Doch bis heute hatte sie immer Glück gehabt. Ja, bis heute.

Sie dachte sich nichts und war müde von ihrer Schicht, als sie plötzlich hinter sich betrunkenes Grölen hörte: „Eeeey, Süße! Komm mal her"

Bora war sich nicht sicher, ob sie gemeint war und ging einfach weiter, ohne sich umzudrehen, doch sie konnte hören, dass die Schritte näherkamen. Sie blieb stehen und drehte sich schließlich um. Tatsächlich meinten die Typen sie.

„Ey ja, bleib stehen!", riefen sie.

Es waren vier und sie waren stockbesoffen.

Sofort drehte sie sich um und ging immer schneller. Sie joggte fast und begann dann doch zu laufen, doch die Männer folgten ihr. Plötzlich war Bora nicht mehr müde. Ihr Herz pochte ihr bis zum Hals, sie bekam fast keine Luft vor Angst und sie spürte das Adrenalin durch ihre Blutbahnen strömen.

Egal, wie schnell sie lief, die Männer kamen immer näher und plötzlich wurde sie von einem auf dem vom Regen durchnässten Boden gezogen.

Sofort stand sie wieder auf und schrie: „Was wollt ihr?"

Der, der ihr antwortete, rülpste zuerst und rückte ihr auf die Pelle: „Du gefällst uns, Süße"

„Aber ihr gefallt mir nicht", sagte sie eiskalt.

„Was hast du gesagt?"

„Du hast mich schon verstanden"

Er schlug ihr mit der Faust ins Gesicht und erneut fiel sie auf den durchnässten Boden. Vor Schmerz hielt sie sich die Wange fest. Doch bevor sie reagieren konnte, zogen zwei der vier Typen sie hoch und der eine schlug sie erneut. Der vierte stand einfach daneben und feuerte ihn an. Tränen stiegen Bora in die Augen, doch sie versuchte ruhig zu bleiben. Sie hatte immer noch ihren Regenschirm in der Hand, den sie vor Schichtbeginn lieber mitgenommen hatte. Jetzt konnte er ihr als Waffe dienen.

Sie befreite sich aus den Armen der zwei Typen, schlug beiden mit ihrem Regenschirm zwischen die Beine und dem, der sie zweimal geschlagen hatte, ins Schienbein. Von ihrer Ausbildung wusste sie, dass das Schienbein zur Verteidigung genauso effektiv war wie bei einem Mann zwischen die Beine zu schlagen. Dem vierten, der nur anfeuerte, zog sie ihren Regenschirm über den Kopf und rannte so schnell sie konnte in Richtung ihrer Wohnung.

Doch, der der sie geschlagen hatte, rannte ihr trotz Schmerzen im Schienbein nach, was vermutlich nur dank dem Adrenalin in seinem Blut möglich war.

Schnell versteckte sich Bora hinter mehreren großen Mülltonnen und hoffte, dass man sie nicht sehen würde. Doch was sollte sie tun? Alleine wurde sie mit denen nie fertig und ihre Wohnung war noch viel zu weit weg. Außerdem wollte sie erst recht nicht, dass diese Typen wussten, wo sie wohnte. Für Stalker hatte sie echt keine Nerven übrig.

Doch es gab niemanden, den sie anrufen konnte. Sie hatte keine Familie oder wirklichen Freunde. Sie hatte nur sich selbst und ihre Fische im Aquarium bei sich zuhause. Sie war allein. So wie immer.

Doch dann erinnerte sie sich an vergangene Woche. An diesen Idioten, der ihr einfach seine Handynummer mit den Worten „wenn du mich wiedersehen willst oder Hilfe brauchst" gegeben hatte. Wenn sie Hilfe brauchte? Na toll. Eigentlich hatte sie das für einen Witz von ihm gehalten, doch in diesem Moment war sie so verzweifelt, dass ihr nichts besseres mehr einfiel.

Warum auch immer, sie wusste es selbst nicht, hatte sie vor ein paar Tagen seine Nummer eingespeichert und sogar überlegt, ihn anzurufen, ließ es dann aber, weil er es doch eh nicht ernst meinte. Oder? Nun, wenn er ihr jetzt wirklich zur Hilfe kam, schien er nicht komplett dumm im Hirn zu sein, dachte sich Bora, doch wenn er nicht kam, musste sie es alleine schaffen. So wie immer.

Sie wählte seinen Kontakt und sah sich immer wieder nach den Typen um. Es läutete. 

Loser = Lover (TXT ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt