Kapitel 13

29 1 0
                                    

Die Stille war erdrückend. Lediglich das Rascheln der Blätter und die leisen Schritte auf dem Erdboden waren zu hören. Sie mussten sich inzwischen kurz vor der Grenze befinden. Das erkannte Anastasia daran, dass die Landschaft hügeliger wurde und sich einige Berge in der Ferne schemenhaft auftaten. Auch der dichte Wald hatte sich inzwischen etwas gelichtet und an einigen Stellen schien die Sonne auf die kleine Gruppe hinunter.

„Ich habe ein paar Beeren gefunden. Wenn ihr wollt könnt ihr welche haben."

Die Gruppe rührte sich nicht und Xeron seufzte schwer. Er war vor einiger Zeit in dem Dickicht verschwunden und wollte auf die Suche nach etwas Essbarem gehen.

Anastasia wusste nicht weshalb er das tat. Wie jedem bekannt war, brauchten Vampire Blut als Nahrung und keine kleinen, gelben Beeren, die verdächtig giftig aussahen.

Auch wenn sie den Vampiren wahrscheinlich nicht schaden würden, war Anastasia sich sicher, dass es auch keine gute Idee war, sich selbst zu schaden. Xeron, der gerade eine der Beeren in die Luft warf und geschickt mit dem Mund auffing, schien da anderer Meinung zu sein.

Noras keuchender Atem war neben Anastasia zu hören und sie drehte sich besorgt zu ihrer Freundin. Dass sie den Weg als anstrengend empfand, war nicht verwunderlich, weshalb Anastasia laut vorschlug:„ Wir müssten bald die Grenze erreichen. Wollen wir nicht vorher eine Pause machen und noch einmal unsere Kräfte sammeln. Keiner weiß, was uns auf der anderen Seite erwarten wird."

„Wenn du meinst, Schwesterchen. Aber nur um das klarzustellen: Ich könnte noch einige Berge erklimmen, bevor ich eine Pause bräuchte.", Isaak blieb mitten auf dem Weg stehen und ließ sich auf den sandigen Boden fallen.

Nora tat es ihm gleich und lehnte sich dann schwer atmend an einen der Bäume, die den Wegrand säumten. Ihr Herz schlug so schnell, dass Anastasia es laut und deutlich hören konnte. Es war ein nerviges Geräusch, dass es ihr schwermachte sich zu konzentrieren. Auch Adriks Blick glitt zu Nora und für einen kurzen Moment wurden seine Augen etwas roter.

So schnell dies allerdings geschah, so schnell verging die Verfärbung, wodurch Anastasia keine Chance hatte zu erkennen, wie stark das rot in seinen Augen ausgeprägt war. Denn so hätte sie seinen Stand und seine Macht erkennen können. Ihn direkt zu fragen traute sie sich nicht.

Also setzte sie sich und Alex setzte sich elegant neben seine Schwester und Adrik ließ sich wiederrum ihm gegenüber auf dem Boden nieder. Nur Xeron blieb stehen und lehnte sich an einen der Bäume.

Locker verschränkte er die Arme vor der Brust und kaute weiter auf den Beeren herum.

Kurz schwieg jeder von ihnen und es schienen alle ihren Gedanken nachzuhängen.

Anastasia selbst malte sich vor ihren Augen Leanders Reaktion aus, wenn er sie wiedersehen würde. Ihr Entschluss beinhaltete, dass er sich in sie verliebte und das würde nicht einfach werden. Sie war sich sicher, dass Leander ein wahrer Frauenheld war und nicht an einer Bindung interessiert war. Doch eben diese brauchte sie gerade so dringend. Auch wenn sie Adriks Stein trug, war sie sich nicht sicher, wie sehr es sie von Keno fernhalten würde. Sie verspürte kein schmerzliches Stechen im Herzen, dafür aber umso mehr die Sehnsucht nach jemandem, der sie in die Arme schloss und sie schützte. Es schien ihr falsch eine derartige Chance entgleiten zulassen, wenngleich ihre Pflicht eine Revolution und einen Krieg zu verhindern über diesem Stand.

„Willst du etwas haben, Anastasia?"

Anastasias übernatürlich schneller Reaktion war es zu verdanken, dass die Feldflasche nicht ihr Gesicht traf. Blitzschnell langte sie in die Luft und fing sie geschickt auf.

Tadelnd blickte sie zu Adrik und schimpfte:„ Nächstes Mal könntest du sie mir auch einfach geben und nicht wie ein Geschoss auf mich werfen."

„Das könnte ich sehr wohl, aber dein Gesichtsausdruck war es mir definitiv wert."

Nachtgeflüster - Der zersplitterte KontinentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt