Kapitel 3

73 9 0
                                    

Anastasia war schneller als der Wind durch die endlos scheinenden Gänge des Palastes gejagt.

Erst als sie bei Nora, ihrer engsten Freundin, angelangt war, war sie stehen geblieben.

Sie hatte die Tür des kleinen Raums abgesperrt, damit sie alleine mit Nora sprechen konnte.

Natürlich wäre es dumm zu glauben, dass eine lächerliche Tür, einen Vampir fernhalten konnte und doch gab es Anastasia ein sicheres Gefühl.

Da sie und Nora ungestört waren, hatte sie ihre Freundin gebeten neben ihr auf dem kleinen, hellgrünen Sofa Platz zu nehmen.

Augenblicklich war sie der Bitte nachgekommen und hatte alle Zaubertränke stehen lassen. Auch wenn die Mädchen inzwischen schon einige Jahre befreundet waren, fiel es Nora schwer ihre Unterwürfigkeit abzulegen.

„Ich brauche deine Hilfe. Du darfst von diesem Gespräch niemandem erzählen. Vor allem meine Brüder dürfen niemals erfahren, was ich dir erzähle. Wenn sie es wüssten, würden sie versuchen mich aufzuhalten und das darf ich auf gar keinen Fall zulassen.", Anastasia flüsterte, da sie Angst hatte, gehört zu werden.

Alex hatte über hundert Jahre Zeit sein Gehör zu trainieren und die Gefahr, dass ihre Brüder lauschten war nicht gerade gering.

Nora guckte die rothaarige Schönheit neben sich irritiert an. Ihre Füße wippten in einem unregelmäßigen Takt auf dem Boden.

Anastasia griff nach der schmalen Hand ihrer Freundin und versuchte ihr so ein beruhigendes Gefühl zu vermitteln.

Nora schluckte kurz und fragte dann ebenfalls sehr leise:„ Wieso willst du deine Brüder hintergehen, Anastasia? Die Beiden sorgen sich so liebevoll um dich."

„Weil Familie mehr ist als nur Fürsorge. Familie heißt, dass man alles riskiert, damit es ihr gut geht. Und genau das habe ich vor. Du weißt, dass ich eher sterben würde, als es unversucht zu lassen, meinen Vater wieder ins Leben zu holen.", Anastasia achtete penibel darauf, dass ihre Stimme nicht anschwoll, wenngleich das nicht gerade einfach war.

Nora zog ihre Hand zurück, die leicht am Schwitzen war. Anastasia wusste, dass sie die Aussicht den König zu hintergehen, ängstigte. Doch sollte sie sich dagegen entscheiden, würde sie die Prinzessin und ihre enge Freundin enttäuschen.

Anastasia wusste ganz genau, wie sich Nora entscheiden würde. Also sagte sie mit Nachdruck:„ Du bist meine treuste Dienerin und meine engste Freundin. Wenn du mir nicht hilfst, an wen kann ich mich dann wenden?"

Das hatte gesessen. Nora seufzte laut auf und lehnte sich dann verschwörerisch zu der Prinzessin.

Diese lächelte sie sanft an und Nora erwiderte dies, wenn auch leicht zögerlich. Dann wisperte sie:„ Du weißt, dass du auf mich zählen kannst. Für mich bist du wie Familie."

„Ich danke dir. Auf dich kann ich mich wirklich immer verlassen."

Nora stand von dem kleinen Sofa auf und durchquerte den Raum. Bei dem Holzregal, das auf der anderen Seite stand, griff sie nach einem der vielen Tränke, die dort standen.

Bei der Bewegung folgten ihr Anastasias Augen aufmerksam. Sie interessierte sich brennend für die Welt. Dazu zählen auch die anderen Formen der Magie.

Als Nora sich wieder zu ihr umdrehte, hielt sie ein kleines Fläschchen in der Hand, dessen Inhalt gelblich schimmerte. Dieses stellte sie vor sich auf den Tisch, der den Mittelpunkt des Raums bildete.

Schon oft hatte Anastasia gesehen wie Nora die unterschiedlichsten Tränke braute. Diese Magie beherrschte sie sehr gut, auch wenn sie dieses Talent immer herunter spielte.

Nachtgeflüster - Der zersplitterte KontinentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt