Kapitel 15

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Nachdem Leander zu einem anderen Soldaten gegangen war, um mit diesem etwas Wichtiges zu besprechen, hatten sich ihre Brüder Abseits gestellt und besprachen wahrscheinlich Kriegstheorien. Nora und Xeron standen immer noch weiter entfernt und unterhielten sich leise. Wahrscheinlich versuchte der Vampir jetzt Nora seine Zukunftsvisionen näher zu bringen.

Adrik, der zuerst unruhig auf und ab gegangen war, war irgendwann in den Massen der helfenden Hexer verschwunden und seitdem nicht mehr aufgetaucht.

Dies hatte dazu geführt, dass Anastasia jetzt alleine auf dem riesigen Areal stand und unschlüssig war, was sie tun sollte. Eine Zeitlang hatte sie überlegt den Hexen mit den Verwundeten zu helfen, doch allein bei dem Anblick der verbrannten Körper, wurde ihr übel.

„Ich bin mir doch sehr sicher, dass dies kein Ort für eine Prinzessin ist.", ertönte eine tiefe Stimme hinter ihr und Anastasia fuhr herum.

Vor ihr stand ein großer Mann, der tiefgrüne Augen und dazu passende Haare hat.

Er blickte ernst drein und unter seinem Blick schluckte Anastasia nervös. Die Musterung die sie über sich ergehen lassen musste, war keinesfalls freundlich oder interessiert. Der Mann hatte eher etwas Berechnendes an sich.

„Ich bin hier mit meiner Familie und meinen Freunden. Wir brauchen die Hilfe von Leander.", murmelte sie und verhaspelte sich dabei einige Male.

Ihre Hände verschränkte sie vor ihrem Bauch und versuchte so eine Gewisse Ruhe in ihr Erscheinungsbild zu bringen.

Die Mimik des Hexers veränderte sich nicht, als er stumpf feststellte:„ Ich habe ja schon viele Mädchen erlebt, die Leander ausnutzen, aber du scheinst mir doch ein Unikat zu sein. Immerhin bittest du ihn innerhalb von kürzester Zeit um einen zweiten Gefallen und dafür gibst du nicht einmal eine Gegenleistung."

Bevor Anastasia sich rechtfertigen konnte, lächelte der Fremde schief und streckte ihr die Hand entgegen. Dabei stellte er sich vor:„ Ich bin übrigens Kimo, Leanders Leibwächter, und moralischer Kompass. Den braucht der Gute wirklich von Zeit zu Zeit."

Völlig perplex über den plötzlichen Stimmungswandel ergriff Anastasia die ausgestreckte Hand und erwiderte den kräftigen kurzen Händedruck.

„Hau ab und geh dir deine eigenen Frauen suchen, hinter denen du her jagen kannst."

Diese Stimme würde Anastasia überall erkennen.

Leander trat neben sie und Kimo hob ergeben die Hände, bevor er sich verbeugte und blitzschnell in dem Getümmel verschwand.

Anastasia begriff, dass sie endlich mit Leander allein war und ihm erzählen konnte, dass sie es mit ihm versuchen wollte. Doch die Wörter blieben in ihrer Kehle stecken. Sie wusste nicht, ob es daran lag, dass sie bereits einen Gefährten hatte und diese mögliche Liebe somit im Keim erstickt war oder daran, dass Leander sie ohne Freude oder Glückseligkeit ansah.

„Verzeih mir, falls mein Freund dich belästigt hat. Von Zeit zu Zeit kann er etwas nervtötend sein.", entschuldigte sich Leander und ganz wie es die Etikette vorschrieb, nahm er ihre Hand in seine und hob sie vorsichtig an seine Lippen. Kurz vorher stockte er und schaute in Anastasias Augen. Er hielt ihren Blick gefangen und ein Schauer jagte über ihren Rücken. Ihr fiel es auf einmal schwer zu atmen und hätte Leander ihre Hand nicht gehalten, wäre sie wohl am Zittern gewesen. Am liebsten hätte Anastasia etwas gesagt, doch es war, als würde Leander ihr all die Worte nehmen und gleichzeitig wusste sie, dass ihr Blick alles sagen würde. Ihre Augen würden die Worte sprechen, die ihre Lippen nicht fähig waren zu formen.

Sanfte Lippen legten sich auf Anastasias Handrücken und für kurzen Augenblick verweilte Leander dort. Doch viel zu schnell löste er sich und ließ ihre Hand aus der seinen gleiten.

Nachtgeflüster - Der zersplitterte KontinentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt