Kapitel 16

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Schweigend liefen Leander und Anastasia neben einander her. Zwischen ihnen war so wenig Abstand, dass Anastasia nur den kleinen Finger ausstrecken brauchte, um seine Hand zu berühren. Doch sie hielt sich zurück.

Dass sie und Leander die letzten drei Tage nur wenige Worte gewechselt hatten, hatte ihren Entschluss zum Wanken gebracht und sie war sich nicht mehr sicher, ob sie und Leander tatsächlich eine Chance hatten.

Eine kleine Flamme erhellte denn Weg vor ihnen und Anastasia kniff ihre Augen zusammen. Das Licht war grell und brannte für einen kurzen Augenblick in ihren empfindlichen Augen.

An Leanders linker Hand züngelte jetzt eine kleine Flamme.

Fasziniert betrachtete Anastasia wie die Flamme an seiner Hand flackerte, aber nicht erlosch.

„Die Nacht scheint mir heute besonders düster. Würde ich jetzt Vater fragen, würde er mir prophezeien, dass etwas bevorsteht."

Anastasia horchte auf. Leanders raue Stimme brachte ihr Herz dazu schneller zu schlagen.

„Kann er das denn? Ich meine, kann der Hexenmeister die Zukunft sehen?"

Leander schwieg einen kleinen Augenblick. Es waren nur ihre Schritte auf dem weichen Waldboden zu hören und der Wind, der sich in den Ästen verfing.

Scheinbar desinteressiert und ohne sie eines Blickes zu würdigen, antwortete der Hexer:„ Was mein Vater kann oder nicht kann, weiß nur er. Aber mich würde es nicht wundern, wenn er all das nur für die Anerkennung seines Volkes spielt."

„Er schien mir nicht wie ein Blender."

Anastasia räusperte sich.

„Das ist der Trick oder nicht?", erwiderte Leander und richtete endlich seinen Blick auf Anastasia.

Diese wandte ihren schnell ab und konzentrierte sich darauf einen Schritt vor den anderen zu setzen.

Auf einmal erlosch die Flamme an Leanders Hand und er griff nach ihrem schlanken Oberarm.

Seine Hand umschloss ihn fast vollständig und Anastasia befeuchtete nervös ihre Lippen.

Irgendetwas zwang sie Leander in seine eisblauen Augen zu schauen. Sie erkannte nichts in ihnen. Es war nicht wie in all den Filmen.

Doch trotz dessen wollte Anastasia den Blick nicht anwenden.

„Ich kann die Magie um uns herum seit gestern spüren und sie wird immer stärker. Das heißt, wir befinden uns auf dem richtigen Weg und nähern uns ihrem Lager."

Seine Lippen bewegten sich passend zu den Worten und ließen Anastasias erschaudern. Sie würde nur zu gerne erfahren, wie sie sich auf ihrer Haut anfühlen würden.

Bei dem Gedanken musste sie Schlucken. Ihre Kehle aber war wie ausgetrocknet und sie kam nicht umhin sich zu fragen, wie Leander wohl kosten würde.

Dieser fuhr sanft vor:„ Wenn wir dort ankommen kann es sehr gefährlich werden und ich möchte, dass du läufst, wenn ich oder deine Brüder es dir sagen. Selbst wenn es dir die anderen Beiden sagen, tust du es. Für die Hybriden gibt es keinen Grund dich zu verschonen. Ihr Ziel werden Alexander und ich sein."

Anastasia spannte sich an. Ihr Blut rauschte laut in ihren Ohren.

Es gab einen Grund, warum die Hybriden sie verschonen würden. Beim heiligen König, den gab es.

Sie wusste, dass sie es Leander jetzt sagen musste. Eine derartige Chance würde sich nicht noch einmal bieten.

Doch seine Augen, die sie ernst fixierten und der sanfte Griff um ihren Arm, vernebelten ihre Sinne.

Nachtgeflüster - Der zersplitterte KontinentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt