Kapitel 6

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Anastasia öffnete ihre Augen und strich sich ein paar ihrer widerspenstigen Locken aus dem Gesicht. Dann rappelte sie sich auf und betrachtete ihre Umgebung.

Der Trank hatte glücklicherweise gewirkt und sie direkt in den Palast gebracht. Das erkannte Anastasia sofort an den roten Wänden, die sie umgaben. Es war typisch für die Gänge, die zu ihrem Zimmer führten.

Innerlich dankte sie Leander dafür, dass er ihr die Rückkehr ermöglicht hatte.

Aber sie hatte nicht lange Zeit über den Hexer nachzudenken. Ihre Brüder waren irgendwo in diesen Mauern und sie war sich sicher, dass etwas nicht stimmte. Seit ihrer Kindheit hatte sie sich mit ihnen verbunden gefühlt und jetzt gerade merkte sie, dass eine große Unruhe in diesem Palast lag.

Da sie nicht wusste wie viel Zeit sie hatte und ob ihre Brüder in Gefahr waren, lief sie los.

Ihre Hoffnung lag darauf, dass sie bald jemanden traf, der ihr helfen konnte.

Doch der Palast schien wie leergefegt und so sehr Anastasia sich anstrengte, konnte sie nicht einen Laut vernehmen.

Das war äußerst untypisch, weshalb Anastasia sich zu höchster Eile antrieb.

„Anastasia. Du bist endlich zurückgekehrt.", hielt sie eine Stimme auf, als sie gerade den Thronsaal betreten wollte.

Nora, die auf sie zu rannte, keuchte, als sie vor ihr zum Stehen kam.

Anastasia erkannte ihre aufgewühlte Freundin und fragte deshalb sofort:„ Wo sind Alex und Isaak? Ich such die Beiden seit meiner Ankunft, aber ich kann sie nicht riechen."

Nora zögerte mit ihrer Antwort, was Anastasia sofort bemerkte.

Also packte sie ihre beste Freundin an den Schultern und redete auf sie ein:„ Nora, ich brauche jetzt wirklich deine Hilfe. Der Hexenmeister hat gesagt, dass irgendwas mit meinen Brüdern ist und ich muss ihnen helfen."

Ihre Freundin tippte mit den Füßen auf den Boden und wich dem durchdringenden Blick von Anastasia aus.

Diese war inzwischen kaum noch zu halten und war kurz davor einfach weitersuchen.

Doch dann fing Nora endlich an hektisch zu berichten:„ Es war ein Mann hier, ein Hybrid. Er wollte etwas von deinen Brüdern. Ich glaube es ging um irgendwelche Rechte. Alle hatten Angst vor ihm und sind deswegen in ihre Zimmer geflohen. Und jetzt reden deine Brüder mit ihm schon so lange. Ich glaube..."

„Wo sind sie?", unterbrach Anastasia barsch ihre Freundin und ließ sie los.

Ohne ein Wort zu sagen, deutete Nora in einen der Gänge, die neben dem Thronsaal vorbeiführten. Es war der, der zu dem Verhandlungsraum führte, was erklärte, warum Anastasia ihre Brüder nicht riechen konnte.

Ohne Nora eines weiteren Blickes zu würdigen, rannte sie übermenschlich schnell los und flitzte zu dem Raum.

Ihr Herz schlug rasend schnell und die Ungewissheit schien Anastasia von innen heraus lähmen zu wollen.

Sie fragte sich, was der fremde Mann wollte und ob ihre Brüder ihm etwas taten.

Denn wenn eines sicher war, dann das Alex Hybriden hasste. Das tat er nicht nur weil sie Mischlinge aus zwei Spezies waren, was schon abstoßend genug war. Er gab den Hybriden außerdem die Schuld an dem Koma ihres Vaters, in das er auf Grund einer schweren Verletzung gefallen war.

An sich war das zwar nie schlimm für Vampire, denn bisher war auch jeder von ihnen wieder aufgewacht.

Als sie vor der Tür scharf abbremste, zögerte Anastasia. Sie hatte keine Ahnung was sie gleich erwarten würde und was sie tun müsste.

Nachtgeflüster - Der zersplitterte KontinentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt