Kapitel 26

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Nachdem Keno ihr von seiner Herkunft berichtet hatte, war Anastasias Entsetzen unbeschreiblich gewesen. Der Komplott, der sich dadurch anbahnte und vielleicht sogar einen Krieg beschwor, war unvorhersehbar gewesen. Doch jetzt erkannte sie auch die Logik und die Zusammenhänge. Alphakönig Iskko war während der Versammlungen ein Verfechter von den Rechten für Hybriden gewesen. Außerdem war er anders als die Vampire und die Hexen von deren Anschlägen verschont geblieben.

Anastasia kribbelte vor Aufregung. Ihren Brüdern würden die Nachrichten enorm helfen. So könnten sie diese Thronfolge verhindern und vielleicht sogar den Alphakönig absetzen. Dieser würde es niemals wagen sich mit den Hexen und Vampiren anzulegen und diese mussten einfach zusammen Seite an Seite stehen. Immerhin hatte der Alphakönig die Attentate auf die Beiden Wesen geschehen lassen, ohne Keno auszuliefen und das wäre laut des Paktes, der nach dem Krieg geschlossen wurde, seine Pflicht gewesen. Es war die Lösung all ihrer Pläne. Gleichzeitig war es Kenos Untergang, was bedeutete, dass Anastasia die Kette nie wieder ablegen musste und sich eine Zukunft ohne ihren Gefährten aufbauen konnte.

Doch das Beste an allem war, dass Anastasia wirklich die Chance bekam diese Erkenntnisse ihren Brüdern mitzuteilen. Nachdem Keno verstanden hatte wie wichtig ihr ihre Familie war, hatte er ihre Brüder im Frieden zu sich eingeladen. Anastasia konnte nur hoffen, dass sie die Einladung, die von Henry mit Hilfe seiner Magie versandt wurden war, annahmen.

„Erlaubst du?"

Jemand ließ sich neben Anastasia ins Gras fallen und sie wandte ihren Blick zu Henry. Er lehnte den Kopf etwas nach hinten und schloss die Augen. Ein zufriedenes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht und er schien die Sonnenstrahlen, die sein Gesicht leuchten ließen, zu genießen.

Anastasia fragte sich, ob er oft die Gelegenheit bekam sich an dem Sommer, der sich langsam in den Herbst wandelte, zu erfreuen. Seine Haut war fast so bleich wie ihre eigene, was sie stutzig machte.

Also Henry ihren forschenden Blick zu spüren schien, öffnete er seine Augen wieder und grinste sie breit an. Dabei bildeten sich kleine Grübchen, die ihm ein jugendliches Aussehen verliehen.

Verlegen wandte Anastasia ihren Blick ab. Henry schien ihr jemand zu sein, der viel Wert auf die Etikette legte und sie hatte neuerdings die Angewohnheit all die guten Sitten zu vergessen. Es kam ihr vor, als wäre die Zeit vor Keno schon eine Ewigkeit entfernt. Sie wusste nicht was in dieser Zeit geschehen war, dass sie vergessen hatte, wie sehr sie sonst auf die gute Meinung Wert legte. Doch irgendwo zwischen ihrer ersten Begegnung mit Leander und dem Angriff auf die Hexen, hatte sie diese Seite von sich abgelegt und sie durch eine kämpferische Seite ersetzt.

„Ich würde dich gerne etwas fragen. Es mag etwas Unverschämt sein, aber nicht nur mich beschäftigt die Frage. Auch Keno ist sehr darin interessiert mehr über dich und", Henry zögerte, „deine Schwächen zu erfahren."

Verbittert lachte Anastasia auf. So wenig wie er sich sonst für sie als Person interessierte, umso mehr wollte er wissen, wie seine Feinde ihr und somit ihm schaden konnten. Er hatte ja nicht einmal den Mut sie das selber zu fragen und das obwohl sie dachte, dass sie sich gerade etwas besser verstanden, nachdem was sie über ihn erfahren hatte. Trotzdem nickte sie.

Henry atmete erleichtert auf und Anastasia konnte hören, dass sich sein Herzschlag etwas beschleunigte. Dann fragte er ruhig:„ Meiner Ansicht nach, scheinst du nicht schwächlich zu sein, aber Alistair konnte dich dessen zu Trotz ohne Probleme überwältigen und das sorgt uns. Keno konnte dich vor ihm bewahren und Alistair wird dir nicht noch einmal zu nahe kommen. Als Kenos engster Freund..."

„Er ist sein Bester? Ich dachte das wärst du. Alistair und Keno schienen mir ein schwieriges Verhältnis zu haben", warf Anastasia ein und unterbrach somit Henrys Gestotter. Sie kniff die Augenbrauen zusammen und starrte nachdenklich in die Ferne des Walds. Ihre Neugier würde ihre eine gute Ablenkung sein und sie hoffte, dass Henry darüber seine Frage vergas. Sie ahnte bereits worauf er hinaus wollte und das behagte ihr so gar nicht.

Nachtgeflüster - Der zersplitterte KontinentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt