Kaptiel 19

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„Ich kann selber entscheiden mit wem ich zusammen sein will. Selbst du als mein Gefährte hast kein Recht dazu mich zu zwingen mit dir zusammen zu sein.", protestierte Anastasia, als Keno ihr Handgelenk an dem kleinen Holzpflock neben ihr festband. Der Reif an ihrem Arm war nicht besonders fest und tat auch nicht weh, doch Anastasia spürte, dass sowohl der Reif, als auch der Pflock verzaubert waren. So hätte sie keine Möglichkeit zu fliehen. Sie schnaubte. Was bildete sich dieser Kerl nur ein?

Anastasia würde ihm zeigen, wie er sich ihr gegenüber zu benehmen hat.

Keno aber blieb ruhig. Er ließ sich auf den Boden fallen und lehnte sich gegen einen Baum, der gegenüber von Anastasia stand, die auf dem Boden saß.

Genervt befahl Keno:„ Du musst mich nicht lieben. Es reicht, wenn du tust, was ich dir sage."

„Was wenn nicht?", gab Anastasia pampig zurück. Sie versuchte Keno mit ihren Blicken zu erdolchen. Er sollte ruhig merken, was für ein riesengroßer Narr er doch war. Wenn er wirklich glaubte, dass sie tun würde, was er wollte, dann war er wahrlich verrückt geworden.

Keno aber ignorierte sie und betrachtete sie mit einem Blick, der deutlich zeigte, dass er sie für mehr als jämmerlich hielt. Seufzend erklärte er:„ Das wäre äußerst dumm. Niemand widersetzt sich mir. Ich bin ein Anführer."

„Es wäre mutig."

Keno schüttelte ernst den Kopf.

Trotzig schob Anastasia die Unterlippe vor, senkte aber ihren Blick auf dem Boden. Sie hatte keine große Lust seinen mitleidigen Blick ansehen zu müssen.

In ihrem Bauch machte sich ein unwohles Gefühl breit, dass ihr den Hals hochkroch und sie dazu brachte unruhig hin und her zu rutschen. Unter den gesenkten Wimpern hervor, betrachtete sie Keno.

Jetzt, wo sie die Gefährtenbindung nicht mehr spüren konnte, schien Keno ihr gar nicht mehr so übernatürlich schön.

Die breiten Schultern, die muskulösen Arme und seine enorme Größe wirkten nach wie vor einschüchternd auf sie. Aber ihr fielen jetzt kleine Details auf, die sie vorher geflissentlich übersehen hatte. Der Dreitagebart, schwarz wie seine Haare, war etwas zu lang gewachsen und das spitze Kinn verlieh ihm fast schon ein elfisches Aussehen. Es stand im absoluten Kontrast zu schmalen Lippen und wurde unvorteilhaft von den kurzen, glatten Haaren betont.

Ihr Blick glitt weiter zu seinem Bauch, der von einem weiten T – Shirt verdeckt wurde, das bestimmt auch schon bessere Tage erlebt hatte. Als sie also den Blick weiter schleifen lief, konnte sie seine von Adern durchzogene Hand betrachten, die locker an seinen Beinen herunterhing. An seinem Mittelfinger prangte ein breiter Ring, in dessen Mitte ein Saphir eingelassen war. Dieser spiegelte die Sonne und Anastasias Sehfähigkeit macht es ihr möglich all die unterschiedlichen Facetten des tintenfarbigen Blau zu erkennen. Es war ein wunderschönes Lichtspiel, das sie in sofort in seinen Bann zog.

„Wenn du fertig bist, mich anzustarren, dann würde ich dir gerne einen Vorschlag machen."

Anastasia schreckte auf. Verlegen nickte sie und mit der freien Hand griff sie nach einer Locke, die sie nervös in ihren Fingern drehte.

Keno räusperte sich, warf einen kurzen Blick auf Anastasia und erklärte dann:„ Wie du schon weißt heiße ich Keno. Ich bin zudem der Anführer der Rebellen und selber ein Hybrid. In allen Fällen spreche ich für sie."

Er hielt kurz Inne und schien zu prüfen, ob Anastasia, die still da saß, ihm zu hörte.

„Dir fällt als meine Gefährtin die Aufgabe zu mich zu unterstützen. Mir fällt schon selber auf, dass du das erstmal nicht kannst, obwohl ich mir sicher bin, dass sich diese Einstellung ändern wird. Bis dahin wird hier keiner auf dich hören oder gar dir helfen. Also versuch erst gar nicht jemanden für dich zu gewinnen."

Nachtgeflüster - Der zersplitterte KontinentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt