Kapitel 2- Vermächtnis

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Kapitel 2 - Vermächtnis

‚Wer ist Hannah?'
Mitten zwischen Zetteln, Bildern, Notizen, Karten und Linien prangte die Frage, die sie sich zu Beginn dieser seltsamen Geschichte gestellt hatten. Von Anfang an. Dieses Mysterium, das den Anfang vom Ende darstellte. Wer ist Hannah.
Er war bei ihr gewesen, als ihn die Nachricht des Unbekannten erreicht hatte. Sie hatte über seine Schulter mitgelesen, als er mit einer Gruppe von Freunden geschrieben hatte. Erst misstrauisch belustigt, dann betroffen und zum Schluss wirklich verunsichert.
Sie hatte mit ihm zusammen gerätselt, erst ihre gemeinsame und dann seine Vergangenheit durchforstet auf der Suche nach einem Indiz, das dieser Gruppe Unbekannter irgendwie helfen konnte. Beide konnten verstehen wie wichtig es für sie war Antworten zu bekommen und hatten von Herzen gern helfen wollen.
Nur war da nichts gewesen. Weder er noch sie hatten eine Hannah gekannt.
Trotzdem war Michael dabei geblieben. Hatte die Geschichte Stück für Stück entwirrt und die Freunde besser kennen gelernt. Er hatte mit diesem ominösen Hacker zusammen gearbeitet und sich immer weiter in diese Geschichte verstrickt, bis Sevil die Reißleine gezogen hatte. An dem Tag, als das Mädchen, das ihn mehr als die anderen interessiert hatte, überfallen worden war während er am Telefon gesessen hatte. An dem Tag als er seinen ersten Unfall gehabt hatte, weil er Hals über Kopf losgestürzt war.

Da hatte sie ihn gebeten, eigentlich sogar viel eher angefleht, die Sache endlich ruhen zu lassen. Sie hatte ihre eigene Angst nicht mehr verbergen können, so gern sie auch geholfen hätte. Und er? Sie sah ihn vor sich, wie er angesichts ihres Ausbruchs betreten drein sah, die Augen nieder schlug und schließlich seufzte.
„In Ordnung.", hatte er gemurmelt und seine Lippen hatten einen schmalen Strich geformt.
„Versprich es mir!", hatte sie selbst mit bebender, erstickter Stimme verlangt und ihn mit rot geweinten Augen taxiert.
„Versprochen."
Wieder einmal stockte ihr der Atem als ihr, jetzt Monate später, ein Detail auffiel dass ihr damals entgangen war. Michael hatte ihren Blick gemieden.
Sie schluckte und ließ den Blick über die Wand gleiten, die über und über mit den Früchten seiner Arbeit übersät war.
Nach seinem Verspreche, nein, nach seiner LÜGE war es still um ihn geworden. Mit einem Mal war da eine Distanz zwischen ihnen gewesen. Immer öfter hatte er sie ausgeschlossen und seine Gedanken vor ihr verborgen. Immer öfter war er einfach verschwunden, hatte sie mit knappen Nachrichten abgewimmelt, wenn sie der Sache auf den Grund gehen wollte bis sie es schließlich sein gelassen hatte.
Nun kannte sie die Ursache dafür und kalte Wut stieg in ihr auf.

Dem Impuls, dieses Netz aus Indizien, Vermutungen und Spuren einfach nieder zu reißen, widerstand sie. Stattdessen ließ sie sich mit einem Mal all ihrer Kräfte beraubt, auf den Stuhl sinken und starrte ins Leere. Bis ihr Handy erneut einen Ton von sich gab, doch dieses Mal ignorierte sie es. Sie hatte nicht die Kraft sich gegen ihn zu wehren. Oder gegen sonst jemanden. Doch so leicht ließ sich, wer auch immer das war, nicht ignorieren. Wieder und wieder, stieß das Gerät den Ton aus bis sie es schließlich wütend an sich riss um dem Störenden eine saftige Abfuhr zu erteilen. Doch als sie die kurzen Worte las, die über den Display liefen, erstarrte sie.

‚Verschwinde aus dem Haus!'

‚Ich meine es Ernst! Du bist nicht sicher!'

‚Verschwinde da! SOFORT!'

Noch währen diese wie paralysiert das Handy anstarrte, erschien eine weitere Nachricht.

‚DU BIST NICHT ALLEIN!'

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