Kapitel 6-Der Blick in den Abgrund
Sie unterdrückte den Schrei und auch den Impuls den Laptop einfach zuzuschlagen während ihr Gegenüber reglos verharrte und abwartete.
Sevil atmete tief durch und lehnte sich dann zurück, wie um noch etwas Abstand zwischen sich und diese unheimliche Erscheinung zu bringen.
„Wird man dich denn nie los?", wollte sie bissig wissen und suchte bereits nach Wegen diese Verbindung zu kappen. Allerdings ohne Erfolg.
„Ich habe nicht erwartet dich zu sehen. Schon gar nicht an seinem Computer."
Die Stimme war künstlich verzerrt. Tief und schnarrend. Das Albtraummonster war perfekt.
„Tja und ich habe gehofft nie wieder von dir zu hören. Hier sind wir nun. Wie schalte ich dich ab?"
Ein Laut erklang und sie brauchte einen Moment um zu begreifen dass er tatsächlich lachte! Er lachte!
„Egal wie weit du läufst, wie oft du dein Handy austauschst oder welche Schritte du sonst noch unternimmst. Ich werde dich immer finden wenn es nötig ist."
„Droh jemand anderes.", zischte sie und versuchte zu verbergen, dass er ihr tatsächlich Angst einjagte.
Er beugte sich vor ohne dass die Kamera das Dunkle der Kapuze zu durchdringen vermochte und sie begann zu ahnen dass ein zusätzlicher Filter im Spiel war.
„DAS , Sevil, ist keine Drohung sondern ein Versprechen. Bei deinem Bruder habe ich versagt. Bei dir wird mir das...."
Ruckartig lehnte er sich zurück und erschreckte sie damit gleich noch ein bisschen mehr. Hektisch flogen seine behandschuhten Finger über die Tastatur und sie ahnte was da gerade vor sich ging. So war sie über seine Worte nicht überrascht.
„Was zum Teufel suchst du in Duskwood?"
Irrte sie sich oder klang da Fassungslosigkeit in dem verzerrten Abbild einer Stimme mit?
„Ich sagte ich brauche deine Hilfe nicht und daran hat sich nichts geändert.", gab sie ruhiger als sie gehofft hatte zurück.
„Du musst die Stadt sofort wieder verlassen!"
„Du hast mir rein gar nichts zu sagen und ich denke nicht im Traum daran wieder zu gehen bis ich Antworten habe!"
Schweigen. Er saß da und starrte sie an. Vielleicht starrte er auch ins Leere und rang um Fassung. Da konnte man sich , ohne das Gesicht zu sehen, einfach nicht sicher sein und eigentlich war es ihr auch herzlich egal.
„Ich werde mich jetzt ausruhen und morgen den Hinweisen nachgehen. Du weiß auch dass Michael nicht durch einen Unfall gestorben ist und wir beide wissen dass die Antworten für alles HIER zu finden sind. Deinetwegen hat er weiter gemacht. Wegen dir und dieser verfluchten Truppe hier ist er überhaupt erst in diese Geschichte hinein geraten, hat mich belogen und mit dem Leben dafür bezahlt dass er nur helfen wollte. Du hast kein Recht mir auch nur irgendetwas vorzuschreiben. Du hast nicht einmal das Recht überhaupt mit mir zu reden!"
Sie hatte sich in Rage geredet und merkte zu ihrem Entsetzen dass nicht nur ihre Stimme brach sondern auch noch all die ungeweinten Tränen in ihren Augen brannten. Sie zitterte am ganzen Körper und fühlte sich urplötzlich hundeelend. Es auszusprechen machte es war. Und nun hatte sie es ausgesprochen.
„Es ist gefährlich dort. Du..."
„Das ganze scheiß Leben ist gefährlich!", fuhr sie dazwischen. „Du hast vorher gewusst dass es gefährlich ist und trotzdem alles getan damit Michael bleibt. Jetzt ist er tot. Glückwunsch!"
Und damit schlug sie den Laptop zu, sprang auf und lief unfähig sich zu beruhigen im Zimmer herum. Die bedacht leisen Schritte, die sich von ihrer Zimmertür entfernten, bemerkte sie dabei nicht.
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Scambled Papers
FanfictionAls ihr Bruder Michael bei einem mysteriösen Autounfall stirbt, begibt sich Sevil auf die Suche nach der Wahrheit. In Duskwood gerät sie in die verworrenen Geschehnisse einer Gruppe von Freunden hinein, denen Michael zuvor nach aller Kraft zu Helfen...