12. Redebedarf

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Re.de.be.darf
Substaniv, maskulin [der]
Bedürfnis, Notwendigkeit, (über etwas Bestimmtes) zu sprechen oder etwas zu klären

Es ist gar nicht so leicht, wie ich gedacht habe, Ethan aus dem Weg zu gehen. Die Wohnung ist zwar gross, aber nicht riesig. Zu meiner Verteidigung kommt es mir aber auch so vor, als würde Ethan mich regelrecht verfolgen, woraufhin ich dann immer wieder nach einer Ausrede suche um die Flucht ergreifen zu können. Ich hoffe bloss, dass ich so keine Aufmerksamkeit auch mich ziehe. In dieser Situation ist das wirklich das letzte, was ich will.

Kurzerhand bitte ich einen der Gäste um eine Zigarette, die mir auch ausgehändigt wird. Dann ziehe ich mir einen dicken Kaputzenpullover über und verziehe mich auf den Balkon. Zu meiner Überraschung bin ich die einzige, die sich hier draussen befindet. Ich stütze meine Unterarme auf deim eisernen Geländer ab und seufze.

Ein leichter Wind weht durch meine Haare, der sich aber angenehm warm auf meiner Haut anfühlt. Ich zünde mir mit einem Feuerzeug, welches ich vorhin in die Tasche meiner Hise gesteckt habe, die Zigarette an und ziehe das Nikotin mit geschlossenen Augen tief in meine Lunge ein. Ich rauche eigentlich nicht. Alle Zigaretten, die ich je in meinem Leben geraucht habe, kann ich an beiden Händen abzählen. Ich mag den Geschmack, welcher der Rauch in meinem Mund hinterlässt nicht einmal. Danach spüle ich mir den Mund immer mit Mundwasser aus oder putzte mir direkt die Zähne. Doch in einer Situation wie dieser brauche ich das Nikotin. Es entspannt mich.

Ich spüre, wie es sich in meinem Körper ausbreitet. Nach einem kurzen Moment öffne ich meine Augen wieder und blicke in die weite Dunkelheit. Aus der Entfernung höre ich das Hupen eines Autos. Die Aussicht, welche ich von hier habe, ist nichts besonderes und natürlich in keinster Weise mit der Aussicht vom Allure zu vergleichen. Im schwachen Licht der Laternen sehe ich ein kleines Stück der Gleise und weiter hinten kann ich eine grosse Lagerhalle erblicken. In der Ferne sehe ich die Hochhäuser der Innenstadt.

Ich überlege, wie es nun weitergehen soll. Muss ich mir etwa eine neue Wohnung suchen? Wird Ethan tagein tagaus hier hereinspazieren? Ich bin mir sicher, dass ich es nicht verkraften werde, ihn und Taylor miteinander zu sehen. So oft. So vertraut und intim. Ich bin mir ebenso sicher, dass er auch keine Lust darauf hat, seine Exfreundin um sich herum zu haben, die er verheimlichen muss, da er Taylor ja nichts von uns erzählt hat. Warum sonst hat er nicht gesagt, dass wir uns bereits kennen?

"Seit wann rauchst du?" Ethans Stimme hinter mir lässt mich zu ihm herumfahren. Ich habe ihn gar nicht kommen hören. Die Zigarette in meiner Hand ist mittlerweile runtergebrannt, weshalb ich sie auf dem Boden ausdrücke. Ich werde sie später in den Mülleimer in der Kücher werfen. "Ist das dein Ernst? Das interessiert dich? Wow. Hast du nach der ganzen Zeit keine anderen Fragen an mich?" Ich schüttle leicht fassungslos den Kopf. Ethan hat seine Hände in die vorderen Taschen seiner Hose gesteckt, so wie er es öfters macht. "Doch, ich habe sehr viele Fragen. Ich dachte nur, diese Frage sei ein guter Einstieg."

"Ich rauche nicht", antworte ich ihm schliesslich. "Das hast du aber gerade getan", entgegnet er und ich denke mir, was für ein Klugscheisser er auch ist. "Ab und zu brauche ich nunmal eine." Ich wende meinen Blick von ihm ab, da es mich schmerzt ihn anzusehen. "Mit mir wolltest du nie rauchen", sagt er sanft. Da ich ihn nun deutlich hören und verstehen kann, weiss ich, dass er mir näher gekommen ist und nun direkt hinter mir steht. Ich weiss auch, dass ich mich wohl besser von ihm entfernen sollte, doch meine Beine gehorchen nicht auf den Befehl, den ich ihnen gebe. Was ich nicht weiss ist, wie ich auf seine Aussage reagieren soll, weshalb ich einfach mit den Achseln zucke. Was er sagt stimmt. Ethan raucht schon seit ich ihn kenne und ich habe mich immer geweigert, als er mir eine Zigarette angeboten hat.

"Und du läufst immer mit einer Flasche Tequila in der Hand rum?", stelle ich anschliessend doch eine Gegenfrage. Ethan schmunzelt. "Nicht immer, nein. Nur manchmal, wenn's gerade passt."

Lovely DarlingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt