13. Sucht

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Sucht
Substantiv, feminin [die]
1. krankhafte Abhängigkeit von einem bestimmten Genuss- oder Rauschmittel o. Ä.
"die Sucht nach Alkohol"
2. übersteigertes Verlangen nach etwas, einem bestimmten Tun; Manie (1)
"seine Sucht nach Vergnügungen"

Fast all seine Kleidungsstücke haben kleine Brandlöcher. Von der Asche der Zigaretten, dessen Rauch er wahrhaftig inhaliert. Er hat mit sechzehn Jahren angefangen. Das ist nun schon acht Jahre her. Er versucht sich immer wieder einzureden, dass er nicht süchtig ist, doch Ethan weiss genau, dass das gelogen ist. Er weiss, wie stark diese Sucht ist. Er will sich nur nicht eingestehen, dass er der Verführung der Zigaretten verfallen ist und nicht mehr weiss, wie er entkommen kann. Falls er das überhaupt will.

Das Rauchen ist die Therapie für seine wunderschöne Seele, die schon so oft zerbrach. Ich weiss noch genau, dass immer wenn es ihm schlecht ging, und es ging ihm oft schlecht, er rauchte oder in einen Backwahn kam. Das führte dann entweder dazu, dass in der Küche etliche Kuchen und Cupcakes rumstanden oder dazu, dass seine Stimme für kurze Zeit ein paar Töne tiefer klang.

In meinem Leben habe ich keine zehn Mal eine Zigarette angefasst. Ethan ist das beste Beispiel dafür, dass das Rauchen gefährlich ist und er ist es, der mir unwissend gezeigt hat, dass ich so niemals enden will. So abhängig von einer kleinen Rolle mit braunen Blättern. Ich will nicht süchtig sein.

Ich liebe Ethan. Ich liebe jede einzelne, noch so kleine Faser seiner wunderschönen Selbst. Ja, das tue ich. Ich liebe ihn, auch wenn er raucht. Schon einige Male habe ich ihn inständig darum gebeten damit aufzuhören und er hat es auch immer versucht. Er wollte für mich damit aufhören und ich habe gemerkt, wie er gegen den Drang, dieses tödliche Gift zu sich zu nehmen, angekämpft hat. Er ist diesem aber immer wieder verfallen.

Das ist dann der Punkt gewesen, an dem ich gemerkt habe, dass ich ihn nicht ändern kann. Ich bin ihm nicht böse gewesen, da ich nachvollziehen konnte, wie schwer es ist, von dieser Sucht loszukommen. Ich habe ja gesehen, wie sehr er es versucht hat und dass er gescheitert ist, hat ihm schon genug zugesetzt. Da brauchte ich nicht auch noch darauf rumhacken.

Ich habe auch gemerkt, dass ich einen rauchenden Ethan genau so liebte, wie einen Ethan, der nicht rauchte. Dass er für mich aufhören wollte, zeigte mir auch, dass er mich ebenso bedingungslos liebte und ich ihm die Welt bedeutete.

Ethan ist schon immer, seitdem ich ihn kenne depressiv gewesen. Ich kenne nur diese Version von ihm, jede andere ist mir fremd. Ich erinnere mich an die unzähligen Male, in denen er in meinen Armen zusammengebrochen ist und bitterlich geweint hat. Natürlich gab es immer wieder Phasen, in denen es ihm gut ging, in denen er lachte und nicht von all den schrecklichen Gedanken verfolgt wurde.

Immer wieder hat er seine Psychologin aufgesucht und sich für eine Stunde die Woche in ihr Therapie-Zimmer gesetzt. Es tat ihm gut, auch wenn es für ihn eine Qual war, dorthin zu gehen und sich so verletzlich zu zeigen. Ich weiss, dass Ethan jedes Mal aufs Neue furchtbar nervös war und die vier Wände ihrer Räumlichkeiten beengend auf ihn wirkten, und er sich so unwohl fühlte.

Ich habe ihn nie danach gefragt, was seine Psychologin zu ihm sagte und weshalb es ihm immer wieder so schlecht ging. Mir ist nur wichtig gewesen, dass es sich jemandem anvertraute. Wenn dieser jemand nicht ich war, dann war ich vollkommen fein damit.

Wie auch immer, um auf das Rauchen zurückzukommen. Ich hatte immer angenommen, dass das Rauchen den Depressionen zuzuschreiben ist. Doch auch, als es ihm besser ging, er öfter wieder lachte und strahlte, war bei der Sache mit dem Rauchen noch lange kein Ende in Sicht. Er blieb süchtig. Das Rauchen blieb seine Sucht.

Ich habe immer gedacht nicht süchtig zu sein. Aber mir ist etwas klargeworden, und das viel zu spät. Ich musste ihn erst verlieren, dann vergessen und ihm anschliessend wieder begegnen, damit ich verstand, dass Ethan Duvall meine Sucht ist. Ich bin süchtig nach ihm.

Und wenn man keinen Zugang zu seinem Suchtmittel hat, und ihm widerstehen muss, dann ist das die schlimmste Art von Sucht, die es auf dieser Erde gibt.
Ich habe also erst jetzt begriffen, wie schlimm eine Sucht sein kann und wie schwer es ist, ohne das Suchtmittel leben zu müssen.

Lovely DarlingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt