8. Begegnung

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Be.geg.nung
Substantiv, feminin [die]
das Sichbegegnen; Zusammentreffen

Zusammen mit Nick und Quinn bin ich den Weg zwischen Bar und Tanzfläche schon so oft hin und her gegangen, dass ich nun noch unsicherer (als ohnehin schon) auf den Beinen stehe. Mein Körper fühlt sich schwerelos an und ich nehme den Rhytmus noch deutlicher wahr, genauso wie den Geruch von Schweiss, Rauch und Canabis.

Es ist mir mittlerweile auch egal, ob meine Bewegungen dämlich aussehen, oder nicht. Ich geniesse einfach den Moment. Nick anscheinend auch. Die besagte Stunde, die er hier verweilen wollte, ist schon längst vergangen und er befindet sich noch immer tanzend neben mir. Quinn erkennt alle zehn Sekunden ein ihr bekanntes Gesicht, welches sie begrüsst und somit immer wieder einmal verschwindet.

Der DJ geht gerade zum nächsten Lied über, als Nick mir durch die dröhnende Musik etwas zuruft, was ich nicht verstehen kann. „Wie bitte?", schreie ich zurück, doch da ist er schon verschwunden. Ich nehme also automatisch an, dass er womöglich auf Toilette muss und gleich zurückkommt. Quinn befindet sich gerade auf der anderen Seite der Tanzfläche und versucht sich mit einem anderen Mädchen zu unterhalten. Die laute Musik erschwert dies allerdings.

Ich bin also alleine und tanze weiter vor mich hin. Das Stroboskop um mich herum  benebelt meine Sinne noch mehr, als es der Alkohol bereits getan hat. Nach dem vierten Shot und dem zweiten Mischgetränk hatte ich aufgehört zu zählen, wie viel ich bereits getrunken habe.

Ich vertrage Alkohol normalerweise gut und ich brauche viel davon um wirklich betrunken zu werden. Da ich aber, sagen wir mal schon etwas aus der Übung bin, weil ich schon eine Weile nicht mehr viel getrunken habe, geht es heute wesentlich schneller als üblich.

Deshalb bemerke ich auch den aufdringlichen Typen hinter mir erst, als sich dessen schwitzigen, grossen Hände an meine Hüften gelegt haben. Ich habe nicht mitgekriegt, wie er mich von hinten angetanzt hat und ich kann es auch jetzt nicht wirklich wahrnehmen.
Sein nach Alkohol riechender Atem dringt an mein Ohr und findet den Weg zu meiner Nase. Ich versuche mich aus seinem Griff zu lösen, was mir auch gelingt. Dann drehe ich mich zu ihm um.

Er ist breit gebaut. Sein schwarzes Shirt liegt eng an seinem Körper. Da es ärmellos ist, sehe ich seine muskulösen Oberame klar und deutlich. Er ist grösser als ich und bringt bestimmt doppelt so viel auf die Waage.
Ich erkenne einige Schweisstropfen, die sich auf seiner hohen Stirn perlen. Er ist verschwitzt. Im ersten Moment schätze ich ihn auf Mitte zwanzig, doch bei genauerem Betrachten, könnte er auch schon Anfang dreissig sein. Durch seine kleinen Augen wirft er mir einen verführerischen Blick zu.

Er legt seine Hände erneut an meine Hüften und versucht mich an sich zu ziehen. Ich bin zu schwach um mich dagegen zu wehren. "Du kannst richtig gut tanzen", schreit er mir entgegen. Es fühlt sich so an, als seien meine Ohren mit Watte vollgestopft, weshalb ich seine Worte nur passiv wahrzunehmen scheine. Meine Kehle verengt sich, als er beginnt seine Hüften dem Takt von meinen Bewegungen anzupassen und er sich näher an mich drängt. Ich kann ihn deutlich an meiner Mitte spüren und mir wird augenblicklich schlecht. "Lass mich bitte los", fordere ich ihn auf, aber das tut er nicht. Ich denke mir, dass er mich wahrscheinlich nicht verstanden hat und so wiederhole ich meine Worte, diesmal etwas lauter. Er gehorcht mir noch immer nicht. "Du sollst mich loslassen!"

Er neigt seinen Kopf in meine Richtung. "Wir könnten doch viel Spass zusammen haben." Angewiedert lehne ich mich zurück, um etwas Abstand zwischen uns zu bringen. Seine starken Hände liegen noch immer an meiner Hüfte. "Ich will aber nicht. Lass mich bitte los", fordere ich ihn erneut auf. Hilfesuchend schaue ich mich nach Quinn um, doch ich kann sie nirgends entdecken. Auch von Nick ist keine Spur zu sehen.

Mein Herzschlag beschleunigt sich. Wo würde das nur hinführen? Warum hilft mir niemand? Letztere Frage lässt sich schnell beantworten, denn als ich meinen Blick noch etwas weiter umher schweifen lasse, stelle ich fest, dass mich keiner bemerkt. Die meisten haben ihre Augen geschlossen, und können mich so also gar nicht sehen.

Lovely DarlingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt