25. Ratatouille

22 4 22
                                    

Ra.ta.touille
Substantiv, neutrum [das] oder Substantiv, feminin [die]
Gericht aus Tomaten, Auberginen, Paprika u. A.

Nick ist ein schrecklicher Autofahrer. Er fährt so miserabel, dass ich wirklich glaube, er hat seinen Führerschein im Lotto gewonnen. Jegliche Verkehrsregeln werden von ihm ignoriert. Beim Schalten ruckelt der alte Kombi seiner Mutter so stark, so dass man befürchten muss, er würde auseinander fallen. Ich sitze auf der Rückbank und klammere mich am Türgriff fest, als Nick in eine Kurve fährt und ich nach aussen gedrückt werde.

"Um Himmels Willen, Nick!", flucht Quinn, die auf dem Beifahrersitz sitzt. Sie wirft ihm einen bösen Blick zu, als sie versucht ihren nassen Pony aus dem Gesicht zu wischen.

"Man, seid ihr Memmen", stöhnt er generft auf. "Stellt euch nicht so an." Quinn hebt die Hand und droht ihm mit ihrem Zeigefinger. "Es ist mir ja egal, wenn du dein Leben aufs Spiel setzten willst, aber solange ich in diesem gottverdammten Auto sitze, fährst du gefälligst anständig. Ich habe nämlich keine Lust mit meinen jungen dreiundzwanzig Jahren unter der Erde zu landen." Ihre grünen Augen funkeln bedrohlich. "Ich auch nicht", werfe ich nach vorne, gerade als Nick das Lenkrad rumdreht, und fast gegen den Bordstein fährt.

Ich bete inständig, dass ich diese Rückfahrt überleben werde. Warum haben Quinn und ich auch zugelassen, dass Nick nach Hause fährt? Schon die Hinfahrt ist ein reines Desaster gewesen. Nick hält sich nicht annähernd an die Geschwindigkeitsbegrenzungen und nimmt so gut wie jedem anderen Autofahrer die Vorfahrt. Da soll noch einmal jemand sagen, dass Frauen nicht Autofahren können.

Ich schaue aus dem Fenster. Wir haben das Meer schon längst hinter uns gelassen, doch es kommt mir noch immer so vor, als würde ich das Salz in der Luft riechen. Das Allure hat einen Wasserschaden, weswegen es für eine Woche schliessen muss. Dies hat uns Sandler in einer Rundmail mitgeteilt. Er hat uns aber versichert, dass jeder von uns, achtzig Prozent von den Stunden, die er oder sie diese Woche gearbeitet hätte, ausgezahlt bekommt. Das Allure kann sich das immerhin leisten.

Also haben Nick, Quinn und ich uns dazu entschieden, den Tag heute am Strand zu verbringen. Wir haben gebadet, Beachvolleyball gespielt, uns gegenseitig im Sand eingebuddelt und uns stundenlang unterhalten. Ich habe keine einzige Sekunde an Ethan gedacht. Bis jetzt. Seit dem Vorfall im Aufzug sind neun Tage vergangen, in denen ich ihn nicht zu Gesicht bekommen habe. Einerseits bin ich froh darüber, da ich nicht weiss, was ich zu ihm sagen sollte, aber auf der anderen Seite hätte ich gerne mit ihm darüber gesprochen. Etwas war in diesem Aufzug zwischen uns passiert. Das bilde ich mir doch nicht ein, und wenn doch, dann muss ich eine ganz abgedrehte Sichtweise der Realität haben.

Ich frage mich, wie es ihm geht. Ich frage mich, ob er auch an mich denkt, so wie ich an ihn denke. Insgeheim wünsche ich mir nichts sehnlicher, als dass er mich noch einmal so in den Arm nimmt, wie er es getan hat, als ich Panik in diesem engen Aufzug bekommen habe. Die ganze Zeit habe ich geglaubt, es sei das Beste für mich, und auch das Beste für alle, wenn wir uns aus dem Weg gehen würden. Dabei habe ich nicht begriffen, dass er das Beste für mich ist. Es könnte alles so einfach zwischen uns sein, wäre da nicht Taylor.

Ich will die beiden ja nicht auseinander bringen. Das wäre unmoralisch von mir, und ich bin nicht unmoralisch. Im Gegenteil. Aber ich will auch nicht, dass Ethan noch länger mit Taylor zusammen ist. Ich will, dass er neben mir einschläft und neben mir auch wieder aufwacht. Ich will, dass er mich vermisst, nicht sie. Ich will, dass er mich liebt. Ich will, dass er mit mir zusammen ist. Ich will so vieles.

Doch das alles kann ich ihm nicht sagen, ohne ein riesiges Chaos anzurichten. Taylor weiss ja nichtmal, dass wir uns bereits kennen, geschweige denn, dass wir mal ein Paar gewesen sind. Ich frage mich noch immer, weshalb Ethan mich mit keinem einzigen Wort erwähnt hat. Will er etwa unsere Vergangenheit verdrängen?

Lovely DarlingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt