Carnivora - Erwecke nicht den Löwen in ihm.
Um das Leben ihrer beiden Geschwister zu retten, muss Beyla den Bruder des gefürchtetsten Mannes der Türkei töten. Wäre da nicht ihr kleiner Bruder, würde sie wohl kaum ihren großen Bruder, den sie zutiefs...
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ASLAN
Ich bin nur noch einige Minuten von der ganzen Wahrheit entfernt. Nur noch einige Minuten und ich habe alle Antworten auf meine Fragen und doch verliere ich gerade den Geduldsfaden und diese Minuten fühlen sich für mich an wie Stunden. Gefühlt wie die Ewigkeit.
Die gespeicherte Datei lädt. Schon seit qualvollen Minuten lässt sie sich nicht öffnen und ist ausgerechnet jetzt, wo ich mir alles anhören will, hängengeblieben. Allmählich steigt die Wut in mir auf und ich drehe jetzt schon durch, weil ich jetzt verdammt nochmal die Wahrheit wissen will!
Ich musste schon zu lange darauf warten und die letzten Minuten halte ich einfach nicht mehr aus.
»Wie lange noch, verdammt?«, brülle ich ungeduldig, trete gegen den freien Stuhl in meinem Arbeitszimmer, der sofort zu wanken beginnt und schlussendlich nach hinten kippt.
Ich laufe im Zimmer auf und ab, streiche durch meinen Bart und anschließend über meine kurzen Haare, um mich irgendwie zu besänftigen. Mein Puls schlägt nebenbei noch wie wild, mein Brustkorb hebt und senkt sich gewaltig schnell und ich atme hektisch durch die Nase ein und aus.
»Da!«, ruft Cem und springt von meinem Sessel auf, damit ich mich vor den Laptop setzen kann. »Die Datei hat sich endlich geöffnet.« In großen Schritten laufe ich um meinen Tisch, setze mich auf meinen Ledersessel und beuge mich etwas vor.
Auch mein Cousin ist wie wild aufgesprungen und steht nun seitlich hinter mir, während Cemal, mein Berater, auf dem anderen freien Stuhl, den ich nicht weggestoßen habe, sitzt und sein Handy zur Seite legt und ebenfalls gebannt auf die ersten Töne der Aufnahme wartet.
Mit dem Touchpad startet Cem die Aufnahme, die er zuvor zurecht geschnitten hat, um die unnötigen Stellen herauszunehmen und wir alle hören gespannt zu.
Eine greifbare Anspannung, gemischt mit einer unruhigen Stille herrscht in meinem Arbeitszimmer. Die letzten Sekunden laufen noch, bis endlich eine Stimme vom Laptop ertönt und mein Körper sich auf der Stelle anspannt.
Ich kann kaum noch darauf warten zu hören, was Beyla wirklich dazu veranlasst hat meinen Bruder umzubringen. Am liebsten würde ich geradewegs zu ihr gehen und behaupten, dass ich alles gehört hätte, damit ich es aus ihrem Mund höre.
»Was fällt dir eigentlich ein, Beyla?«, hören wir die erste Stimme aus der Audio zischen. Es ist die Frau von Faruk und wahrscheinlich auch ihre Mutter. »Was zur Hölle fällt dir ein, huh?«, brüllt sie noch lauter.
»Wie kannst du mich in der Öffentlichkeit bloßstellen und mich wie ein erbärmliches, kleines Kind mit Anne ansprechen?« Mein Blick schweift sofort zu meinem Cousin.
»Siktir«, haucht er fluchend und erwidert meinen Blick mit einer hochgezogenen Augenbraue. »Sie ist wirklich ihre Mutter!« Mit angespanntem Kiefer blicke ich wieder auf den Bildschirm, balle meine Hände zu Fäusten und beherrsche mich gerade noch so, nicht direkt auszurasten.
