Mehmets Sicht

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Mehmets Sicht:

Es vergingen Tage, Wochen. Ich sitze in meiner kleinen Zelle in New York und erwarte in nächster Zeit mein Urteil. Zwar habe ich einen guten Anwalt an meiner Seite aber er hat mir keine guten Chancen vorher gesagt.

Da wir in den Vereinigten Staaten sind, bekomme ich im schlimmsten Fall die Todesstrafe. Im schlimmsten Fall ist gut. Ich werde wegen Mordes und gegen sexuelle Belästung an Minderjährige angeklagt.

Ob ich da noch schuldfrei herauskomme, denke ich nicht. Mein Anwalt tut alles um das Urteil so klein wie möglich zu halten. Aber ich denke an das schlimmste Urteil, die Todesstrafe.

Wie konnte ich es nur so weit kommen lassen und wie konnte meine eigene Frau mich so verraten? Aisha hat mich einfach der Polizei ausgeliefert ohne mit der Wimper zu zucken.

Immer habe ich gedacht, dass sie mich liebt, dass ich ihr Mann fürs Leben bin aber da habe ich mich getäuscht. Ich gebe zu, dass ich Fehler gemacht habe aber diese waren immer begründet. Ich habe doch nicht vergnügen mein eigenes Kind aus ihrem Leib geschnitten. Lediglich hatte ich Angst  sie und das Kind zu verlieren. Dieser Dilan war mir schon immer ein Dorn im Auge. Der Tod seiner Schwester kam ihn gerade gelegen. Er weiß genau, dass Aisha ein herzlicher Mensch ist und sie ihn sofort bei steht. Er hat ihre liebe Seite einfach nur ausgenutzt um an sie heran zu kommen und er hat es geschafft. Von Anfang an hatte er vor mich und Aisha auseinander zu bringen. Schon im Zeugenschutzprogramm fing es an, mit der Freund Freundin Nummer. Dort durfte ich Aisha Bruder spielen und dort fing alles an. Halit machte dort seinen letzten Atemzug. Wenn ich an ihn denke muss ich grinsen. Ihn so hilfslos zu sehen, war eine  Befreiung für mich und Aisha. Für uns aber sie hat es nicht geschätzt, was ich für uns getan habe.
Plötzlich hörte ich die Tür meiner Zelle.

"Breakfast", hörte ich den Wärter sagen, der die kleine Klappe an der Tür öffnete und ein Tablett rein schob auf den ein trockenes Brot und ein Glas Wasser stand. Wie soll ich bei so einen Fraß satt werden? Das ist unmöglich. Früher fand ich jeden Morgen ein frisch gedeckten Tisch auf und nun sitze ich hier.

Ich stand von der durchlegenden Martratze auf und schluckte das trockene Brot so gut es ging mit Hilfe des Wassers runter. Wie kann man Menschen überhaupt so etwas zumuten? Zwar wartet auf mich wahrscheinlich die Todesspritze aber das heißt doch noch lange nicht, dass man mich hungern lässt.

Zurück auf meiner Matratze versuchte ich vergeblich zu schlafen. Obwohl es erst Morgen ist, kann man hier nichts anderes als schlafen. In einer zwei mal zwei Meter großen Zelle gibt es nicht viel Action. Hier hat man genug Zeit um über seine Taten nachzudenken.

Ich denke aber nur an Aisha und meine Tochter, wie es ihnen wohl geht? Sie hat doch gar nichts mehr in Deutschland. Ihre Familie verstößt sie und andere Leute in Deutschland kennt sie doch gar nicht. Wie bringt sie sich und unsere Tochter über die Runden? Ich habe so viele Fragen aber wahrscheinlich werde ich keine beantwortet bekommen. Meine Frau und meine Tochter werde ich nie wieder sehen. Meine Tochter werde ich nicht aufwachsen sehen nur weil ich einen Mann, der mein Leben zur Hölle gemacht hat, getötet habe. Das kann es doch jetzt nicht gewesen sein. Ich will leben mit Aisha und meine Tochter.

Ich will meine Familie glücklich machen. Aber das werde ich nicht können. Bald schon wird mein Urteil gefällt, ob Aisha darüber in Kenntnis gesetzt wird, weiß ich nicht. Aber insgeheim hoffe ich es. Ich will sie doch nur noch einmal sehen. Das wäre mein sehnlichster Wunsch.

Ich liebe sie und will sie nicht noch verlassen. Ich will nicht aus den Leben gerissen werden. Nicht so. Vielleicht sollte ich ihr einen Brief schreiben und sie bitten hierher zu kommen und noch ein letztes Mal mit mir zu reden. Ist sie es mir nicht schuldig? Nein sie ist mir nichts schuldig. Ich habe unser Kind aus ihren Leib geschnitten und sie in unser gemeinsamen Schlafzimmer festgehalten.
Jetzt im nachhinein weiß ich, dass es großer Fehler war. Ich bereue es zu tiefst und will es ihr persönlich sagen. Ich muss ihr erklären wieso ich es gemacht habe. Natürlich ist dies keine Entschuldigung dafür aber immerhin schon mal ein Ansatz.

So klopfte ich an meiner Zellentür und hoffte, dass mich jemand hört. Ich brauche unbedingt ein Zettel und einen Stift.

"Was wollen sie?", hörte ich die Stimme des Wärters hinter der Tür. Sie machen sich noch nicht einmal die Mühe die Tür zu öffnen. Die Fluchtgefahr ist zu groß. Als wenn man hier im Sicherheitstrakt fliehen könnte ohne vorher geschnappt oder sogar erschossen zu werden.

"Ist es möglich mir ein leeres Blatt und ein Stift zu bringen? Ich möchte einen Brief an meiner Frau schicken", entgegnete ich daraufhin.

"Natürlich. Sofort", erwiderte der Wärter daraufhin. Dann hörte ich Schritte, die sich von meiner Zelle entfernten. Warum bin ich denn nicht schon früher auf die Idee gekommen einen Brief an Aisha zu schreiben?

Nachdem ich einen Zettel und ein Stift erhalten habe, schrieb ich nun ein Brief. Natürlich durfte ich ihn unter Beobachtung eines Wörters schreiben. Mit dem Stift könnte ich mich selbst verletzen. Wenn ich nicht lache. Aber immerhin besser als gar nicht schreiben zu dürfen.

"Liebe Aisha,
es sind Wochen vergangen indem ich dich und meine Tochter das letzte Mal gesehen habe. Ich vermisse euch so sehr...", fing ich an und schrieb alles auf was mir gerade einfiel. Als ich ihn beendet hatte, übergab ich ihn den Wärter, der ihn wegschickte. Ich hoffte so sehr, dass sie mir zurück schreibt.

Einen Tag später bekam ich dann auch mein Urteil, die Todesstrafe. Ich war geschockt, da ich insgeheim gehoffte habe, dass ich eine mildere Strafe bekommen. Ich will doch noch nicht sterben. Versteht denn niemand, dass ich meine Tochter aufwachsen sehen will. Anscheinend nicht. Nun muss ich mit meinen Urteil die letzte Zeit meines Leben leben. In nur wenigen Tage werde ich sterben. Dann werde ich meine Familie nie wieder sehen.

Never look backWo Geschichten leben. Entdecke jetzt