Flucht?

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Plötzlich sah ich Mehmet, ein kleines Baby das er auf den Arm hielt. Daneben stand ich und lächelte die beiden an. Dort sah ich glücklich aus. Mehmet war nicht der Mensch, den er die letzte Zeit gewesen ist. Er war wie zuvor, liebevoll, vertrauenswürdig, humorvoll und zärtlich. Alles im einen sah es aus wie meine kleine Traumfamilie, die ich mir immer gewünscht habe.

Aber nichts wird so sein. Mein Traum wird niemals wahr werden. Das wusste ich. Mit Mehmet werde ich niemals glücklich werden auch wenn ich das die ganze Zeit gehofft habe. Aber Menschen verändern sich im Laufe der Zeit. Manche zum positiven und Menschen wie Mehmet zum negativen. Noch immer weiß ich nicht wie man sich in Menschen so täuschen kann. Immer habe ich gedacht, dass ich gute Menschenkenntnisse habe aber es scheint nicht so sein. Dilan war der einzige, der immer zu mir gehalten hat. Vielleicht hatte er manchmal Hintergedanken aber er war da. Immer! Und ich habe ihn weggeschickt obwohl er meine einzige Rettung war aus dieser Hölle zu fliehen.

Aber ich denke es ist langsam an der Zeit mein Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Ich schaffe es auch ohne Hilfe hier raus, wenn ich die Geburt Zuhause überleben sollte. Meine Tochter soll nämlich nicht bei Mehmet aufwachsen. Ich will dass sie erlebt wie es ist geliebt zu werden. Sie soll ohne Angst und Furcht aufwachsen. Sie soll glücklich und behütet aufwachsen. Bestimmt nicht bei Mehmet, dass weiß ich wohl zu verhindern. Ich muss unbdingt wieder aufwachen und mich meinen Leben stellen. Einfach zu sterben, wäre einfach nur feige.

Dann hörte ich ein Schreien. Diese Schreie kamen von so weit weg, dass ich genau hinhören musste. Schließlich erkannte ich, dass es sich im Babygeschrei handelt. Mein Baby! Es lebt. Ich war so erleichtert, dass Mehmet nicht sein eigenes Kind auf dem Gewissen hat. Endlich ist sie da, dass habe ich mir schon seit Monaten ausgemalt, wie es sein wird. Aber da waren Mehmet und ich noch glücklich zusammen und jetzt hat sich schlagartig alles geändert. Wegen nichts. Ich wollte doch nur Dilan in seine Trauer helfen. Ich wollte für einen Freund da sein, so wie es sich gehört als gute Freundin.

Schlagartig öffnete ich meine Augen. Sofort durchfuhr mich ein stechender Schmerz in meiner Bauchgegend. Ich will gar nicht wissen, was Mehmet mit mir gemacht hat. Aber ich war zu neugierig also schob ich ich die Decke weg, die über meinen Körper lag. Sofort erblickte ich eine große Narbe, die sich über meinem ganzen Bauch ziehrte. Das Gesamtbild sah einfach schrecklich aus. Man sah sofort, dass die Naht von einem Anfänger genäht wurde. Ich bin wahrscheinlich für immer entstellt aber ich war froh, dass es meiner Tochter gut geht. Ich wollte aufstehen aber die Schmerzen hinderten mich daran und von Mehmet un meinem Kind war weit und breit nichts zu sehen. Ich will meine Tochter sehen. Ich will sie in meine Arme haben uns sie in die Augen schauen können, wenn sie sie geöffnet hat.

"Me-hme-t", krächzte ich. Mein ganzes Hals war total trocken. Ich brauche unbedingt was zu Trinken. Nach kurzer Zeit hörte ich schon Schritte, die sich dem Schlafzimmer näherten. Mir fiel auf, dass ich das Geschrei gar nicht mehr höre. Hat Mehmet sie beruhigt?

"Du bist ja wach", entgegnete er als er vor dem Bett stand und mich musterte. Ach das hätte ich jetzt nicht gedacht.

"Was hast du mit mir gemacht?", fragte ich ihn plump.

"Ich werde dir sofort Schmerzmittel besorgen", erwiderte er daraufhin. Schmerzmittel? Ist das alles woran er denkt? Er hat gerade bei mir einen Kaiserschnitt durchgeführt ohne eine Sekunde an mich zu denken. Ich hätte sterben können aber ihm war es egal.

"Wo ist meine Tochter?", fragte ich ihn weiter.

"Sie schläft. Sie ist wunderschön, genau wie du", entgegnete Mehmet lächelnd. Wenn ich jetzt noch blind verliebt in ihn wäre, würde ich bei diesem Lächeln dahinschmelzen. Aber ich kenne sein wahres Gesicht.

"Ich will sie sehen. Jetzt", sagte ich strikt.

"Schatz du brauchst Ruhe. Du solltest schlafen und wenn du dich erholt hast, kannst du gerne Mariella sehen", erwiderte er überglücklich. Mariella? Mein Tochter soll nicht so heißen. Er kann ihr doch nicht einfach einen Namen geben ohne mich zu fragen. Mehmet ist so unverschämt.

"Nenne mich nicht so und ich mir geht es bestens", entgegnete ich.

"Reg dich bitte nicht auf. Du willst doch nicht, dass die Narbe noch einmal offen geht", sagte Mehmet besorgt.

"Mehmet wie konntest du mir und deine Tochter das nur antun? Ich verstehe nicht was ich dir getan habe. Ich wollte doch nur helfen und du bestraftst mich? Schau mich doch einmal an, ich bin entstellt und das nur wegen dir, weil du deine Doktorspiele an mir ausprobieren musstest", entgegnete ich.

"Ich habe dir und Mariella das Leben gerettet. Ein bisschen dankbarer könntest du wirklich sein", erwiderte er und sah mich scharf an. Ich soll dankbar sein? Ist das jetzt sein ernst. Wenn wir im Mittelalter wären, wäre ich ihn unendlich dankbar aber wir leben im 21 Jahrhundert. Es gibt Krankenhäuser, die bestens auf einer Geburt vorbereitet sind. Aber nein Mehmet denkt gar nicht dran, er macht es lieber selbst.

"Das war gar nicht nötig, du hättest einfach nur einen Krankenwagen rufen sollen. Warst du wenigsten mit unserer Tochter beim Arzt?", fragte ich ihn obwohl ich mir die Antwort schon denken kann.

"Sie ist gesund, mach dir da mal keine Sorgen. Ich habe alles unter Kontroll. Aber jetzt schlaf erst einmal. Ich hole dir Schmerztabletten", entgegnete Mehmet und verließ das Schlafzimmer wieder.

Nach einer Zeit hörte ich auch schon wie die Haustür zugemacht wurde. Hat er die Kleine mitgenommen? Ich habe nichts gehört aber er würde sie doch nicht alleine lassen oder etwa doch? Ich muss es wenigstens versuchen, dachte ich mir nur. Ich muss nachsehen. Also nahm ich meine ganze Kraft zusammen und setzte mich aufrecht hin. Sofort bereute ich es, denn die Schmerzen waren einfach unerträglich aber ich rieß mich zusammen, für meine Tochter. Also stand ich mühsam auf und unterdrückte die Schmerzen, was wirklich nicht leicht war. Denn am liebsten würde ich das ganze Haus zusammen schreien. So lief ich aus dem Zimmer und hielt die ganze Zeit meine frische Narbe. Ich schliff mich regelrecht von Zimmer zu Zimmer bis ich ihm Wohnzimmer ankam und dort eine kleine Wiege da. Sofort schlich sich ein Lächeln auf mein Gesicht. Ich ging näher auf sie zu und dann sah ich sie. Meine Tochter in einer kleinen pinken Decke eingewickelt lag sie in der Wiege und sah mich mit ihren braunen Kulleraugen an. Ich schmolz dahin, sowas schönes und perfektes ist aus mir und Mehmet entstanden. Man kann es gar nicht glauben. Sie ist einfach unbeschreiblich. Sie ist das schönste Kind der Welt.
Aber ich wusste, dass ich nicht lange Zeit habe zum Überlegen. Also ergriff ich die vielleicht einzigste Chance aus dieser Hölle zu fliehen und meiner Tochter somit ein besseres Leben zu ermöglichen. Ich packte sie mir und lief so schnell ich konnte zur Haustür. Die Schmerzen die ich dabei hatte, ignorierte ich gekonnte. Alles was zählt ist das Leben meiner Tochter. Ich öffnete ruckartig die Tür und stieß in jemanden rein...

Never look backWo Geschichten leben. Entdecke jetzt