Es ist immerhin ein Abschied für immer!
Plötzlich sah ich wie Mehmet einer Träne der andere über die Wange kullerte. Noch nie zuvor habe ich ihn so gesehen. Entweder war er eiskalt oder wütend aber niemals so emotional. Nie hat er mir seine Gefühle so offenbart wie heute jetzt und hier im Gefängnis.
Ich konnte nicht anders als aufzustehen und ihn in die Arme zu nehmen. Es ist immerhin das letzte Mal, dass ich es machen kann. Dann ist er für immer aus meinen Leben verschwunden. Ich habe es mir gewünscht aber jetzt fühlt es sich so falsch an. Niemand hat so einen Tod verdient. Nicht einmal Mehmet aber ich kann nichts mehr an sein Urteil ändern. Hier in New York gelten einfach andere Gesetze als in Deutschland.
Warum mache ich das hier? Er ist ein eiskalter Killer, der mich einfach so aufgeschnitten hat. Ich will gar nicht wissen was er gemacht hätte, wenn was schief gelaufen wäre. Bestimmt hätte er mich eiskalt verbluten lassen.
Ich schütelte meinen Kopf und die Gedanken beiseite zu räumen. Im Moment habe sie hier nicht zu suchen. In wenigen Stunden wird er die Todesspritze bekommen. Dann ist er entgültig aus meinem Leben verschwunden. Erst dann kann ich glücklich mit Dilan werden.
"Würdest du mir noch einen Gefallen tun, Aisha?", hörte ich Mehmet plötzlich fragen. Erschrocken zuckte ich zusammen. Als ich mich einigermaßen wieder gefangen habe, regierte ich endlich.
"Kommt drauf an", entgegnete ich und löste mich endlich von Mehmet.
"Ich weiß, dass ich dich nicht darum bitten kann aber es ist mir wichtig", redete er drumherum.
"Mehmet komm zum Punkt. Ich hatte nicht vor hier ewig zu bleiben", entgegnete ich etwas genervt. Diese Umgebung ist nichts für meine Tochter und mich. Diese kahlen Betonwände und dann das Fenster mit dem Gitter vor. Ich habe das Gefühl keine Luft zu bekommen. Ich fühlte mich eingesperrt, meiner Freiheit geraubt. Es kam mir vor wie früher als ich mein eigenes Leben nicht leben durfte.
"Ich möchte, dass du bei meinen letzten Atemzug dabei bist. Ich will dein Gesicht als letztes sehen", hörte ich ihn dann sagen. Mir blieb nun entgültig die Luft weg. Das kann er unmöglich von mir verlangen. Ich will ihn nicht sterben sehen. Mir reicht schon die Gewissheit, dass er tot ist, völlig aus. Ich lehnte mich an einer nahliegenden Wand an um mich abzustützen. Ich kann das nicht. Ich kann es nicht mit ansehen, wie er zuckt und dann aufhört zu atmen.
"Aisha es ist mein letzter Wunsch", entgegnete er eindringlich.
"Dann bist du mich endlich los, das was du immer wolltest", fügte er noch hinzu.
"Spinnst du! Meinst du ich habe es so gewollt? Ganz bestimmt nicht. Mehmet ich habe dich verdammt noch mal geliebt. Bis du einfach alles kaputt gemacht hast. Ich habe wirklich gedacht, dass wir für immer zusammen bleiben und eine Familie gründen. Du kannst nicht behaupten, dass ich das hier gewollt hätte. Du weißt doch gar nicht wie schwer es für mich in Deutschland ist. Wegen dir will meine Familie nichts mehr mit mir zu tun haben. Ich habe einfach alles verloren!", erwiderte ich daraufhin.
"Wie oft soll ich dir denn sagen, dass es mir Leid tut. Aisha ich kann es nicht ändern! In ein paar Stunden werde ich sterben. Ich habe doch nur noch den einen Wunsch. Ich bitte dich nur noch darum", flehte mich Mehmet schon regelrecht an. Wenn es doch nur ein leicht zu erfüllender Wunsch wäre. Aber ich kann Mehmet doch nicht beim sterben zusehen. Ich würde alles machen aber nicht das. Das kann er nicht von mir verlangen.
"Ich kann es nicht. Es tut mir Leid aber ich gehe jetzt. Lebe wohl", entgegnete ich und nahm ihm die Kleine ab. Mir wird es einfach zu viel. Ich kann das einfach nicht. Der Wärter öffnete mir die Tür, sodass ich raus ging. Bevor der Wärter die Tür schloss, hörte ich Mehmet mich weiter anflehen. Mit meiner Tochter auf den Arm führte mich der Wärter wieder raus. Als ich endlich wieder an der frischen Luft war, fühlte ich mich gleich besser. Diese Enge und diese Gitter im Gefängnis machen einen doch auf Dauer verrückt. Mehmet tut mir schon Leid. Sein Opfer Halit hat dort bestimmt auch Insassenen, die er kannte und sich an Mehmet rächen wollen. Aber in wenigen Stunden braucht er keine Angst mehr zu haben. Dann wird er von seiner Schuld erlöst. Nie wieder muss er sich Vorwürfe machen. Aber seine letzte Bitte geht mir nicht mehr aus den Kopf. Er will unbedingt mich als letztes sehen bevor er stirbt. Zwar bin ich ihm nichts schuldig aber ich würde mir das wahrscheinlich nie verzeihen, wenn ich es nicht mache. Aber werde ich jemals die Bilder aus meinen Kopf bekommen? Ich habe noch nie jemand sterben gesehen am meisten nicht auf so einer brutalen Art und Weise.
Aber mein Entschluss steht fest. Ich werde seinen letzten Wunsch erfüllen. So werde ich im nachhinein kein schlechtes Gewissen haben. Ich drehte mich also wieder um und ging wieder rein.
DU LIEST GERADE
Never look back
RomanceDas ist der zweite Teil von "Der Traum von Freiheit". Also würde ich euch empfehlen erst den ersten Teil zu lesen um zu wissen, worum es überhaupt geht. Ich hoffe, das euch der zweite Teil genauso gefällt wie der erste. Aisha und Mehmet können endli...