2 years ago...
Ich sah auf meine zitternden Hände und griff nach dem Glas Wasser auf meinem Schreibtisch, nur um es in einem Zug zu leeren. Langsam beruhigten sich meine Hände. Es war deutlich besser geworden. Als ich vor einem Jahr hierher kam und keine Aussicht auf weiteren Stoff gehabt hatte, dachte ich, ich würde sterben. Das ständige Zittern, das Schwitzen, das Herzrasen in der Nacht... ich dachte, es würde niemals wieder aufhören.
Aber es hatte aufgehört. Einzig und allein das Zittern war geblieben, jedoch kam es inzwischen immer seltener.
Ich zuckte zusammen, als lautstark von außen gegen meine Zellentür geklopft wurde. "Aufstehen! Fertig machen zum Duschen in fünf Minuten!", schrie einer der Wärter draußen auf dem Flur.
Ich trat ganz nah an die Tür und lehnte mich mit dem Ohr dagegen, nur um zu hören, wie die Worte und das Klopfen noch um die zwanzig Mal wiederholt wurden und sich dabei immer weiter entfernten. Ich ging hinüber zu meinem Kleiderschrank und öffnete ihn. Neben drei meiner alltäglichen orangefarbenen Overalls lag dort ein vereinzeltes Handtuch, nach dem ich nun griff. Ich schlüpfte gerade in meine Badelatschen, als meine Tür auch schon mit einem leisen Summen geöffnet wurde und mir ein Wärter meine Handschellen anlegte.
"Guten Morgen." Ich versuchte, ein möglichst freundliches Gesicht zu machen doch auch an Tag 365 war alles was ich bekam, ein böser Blick, der mir klarmachen sollte, dass ein Gespräch völlig unangebracht war. Seufzend starrte ich auf meine Zehenspitzen, die ich durch die halboffenen Badelatschen sehen konnte und bemühte mich, das Handtuch, welches ich zwischen Oberarm und Brust eingeklemmt hatte, nicht fallen zu lassen, während ich dem Wärter hinterher in Richtung Gemeinschaftsduschen tapste. Denn die Chance, einmal in der Woche unter sauberem Wasser, auch wenn es noch so kalt war, zu stehen, wollte ich nicht vermasseln. Den Fehler hatte ich ein einziges Mal gemacht und danach nie wieder.
Bei den Duschen angekommen entledigte ich mich so schnell wie möglich meinem Overall und stellte mich zu den anderen zwanzig Häftlingen, die bereits hier waren und sich jeweils unter einem schmalen Wasserstrahl einseiften. Die bösen Blicke, die mir Shawn und Joe zuwarfen, ignorierte ich, denn solange die Wärter uns im Auge hatten, konnten sie mir ohnehin nicht wehtun. Und nachdem sie nach dem letzten Mal, bei dem sie mir eine blutende Unterlippe verpasst hatten, eine ganze Woche lang nicht aus ihren Zellen durften, vertraute ich einfach auf ihren Drang zur Freiheit.
Als die zehn Minuten, die wir zum Duschen und Anziehen hatten, abgelaufen waren, brachte mich mein Wärter zur Essensausgabe, an der ich wie jeden Tag eine Papiertüte bekam, in der sich ein wabbliges Sandwich vom Vortag und ein Apfel befanden. Immerhin besser als nichts.
Ich wurde zusammen mit ein paar anderen Insassen durch die Sicherheitskontrolle, die uns auf metallartige Gegenstände untersuchte und anschließend durch den Keller in die Backstube gebracht. Dort bekam jeder von uns eine Schürze und eine Schüssel mit Brotteig, mit dem wir in den nächsten Stunden die Bleche voll kriegen mussten. Anschließend verkaufte das Gefängnis die fertigen Brötchen an Bäckereien im Umkreis. Wir hantierten dabei mit keinerlei Werkzeugen, sondern hatten lediglich eine Arbeitsfläche mit Mehl, unseren Teig und einen schiebbaren Ständern mit Blechen. Außerdem wurden wir die gesamte Zeit bis zum Nachmittag von sechs Wärtern und sämtlichen Kameras überwacht. Wir mussten arbeiten und ehrlich gesagt war ich auch froh darüber, denn ich hätte sonst keine Ahnung, was ich den ganzen Tag alleine in meiner Zelle machen sollte. Die Tage hier zogen sich ohnehin schon wie Kaugummi und es bestand keine Hoffnung auf ein Ende. Zumindest nicht für mich.
Nach der Arbeit sammelten sich alle in der Kantine, wo wir unser Essen bekamen und anschließend einem Sport nachgehen konnten. Wie fast jeden Tag ging ich zum Basketball, weil der Sport mir irgendwie dabei half all das, was ich die letzten Jahre in mich hinein gefressen hatte, einmal ordentlich rauslassen zu können. Auch die Trauer um Sissi, die ich hier im Gefängnis irgendwie nicht richtig verarbeiten konnte. Wenn man hier war, dann wurde von einem erwartet, dass man immer in Bestform war, dass die einmalige Dusche in der Woche reichte, dass man jeden Tag den ganzen Arbeitstag durch hielt und das, wo wir gerade mal eine vollwertige Mahlzeit bekamen. Hier waren Tränen und Trauer beinahe noch gefährlicher als draußen auf der Straße, weil man vor Kerlen wie Shawn und Joe sonst schnell für ein Weichei gehalten wurde. Und wer ein Weichei war, der war ein Opfer und damit so gut wie erledigt.
"Augen auf, Tomlinson!", riss mich Joes verärgerte Stimme aus meinen Gedanken und schon im nächsten Moment lag ich auf dem Boden und war den Basketball los, während mein eigentlicher Teamkollege von den anderen für seinen Korbwurf gefeiert wurde.
"Du Arsch", schrie ich bloß, während ich mich wieder vom Boden aufrappelte und versuchte, mir das leichte Humpeln, mit dem ich nun auf den Ball zu joggte, nicht anmerken zu lassen. Doch bevor ich ihn erreichte, packte Joe mich am Shirt und zog mich so dicht an sich heran, dass mir sein Schweißgeruch in die Nase stieg. "Wie war das, kleiner?"
Wütend zog ich die Augenbrauen zusammen und trat ihm dann mit voller Wucht in den Schritt. Wimmernd ging er zu Boden, während ich ihn nur grinsend betrachten konnte. Eigentlich hätte er doch genau wissen müssen, wie sehr es mich auf die Palme brachte, wenn man mich so nannte. Doch schon im nächsten Moment bereute ich, was ich getan hatte, als ich kaltes Metall an meinen Handgelenken spürte und unsanft daran weggezogen wurde.
"Herzlichen Glückwunsch zu deiner Woche Isolierung, Tomlinson", lachte Shawn, woraufhin ich ihm wütend die Zunge heraus streckte. Doch ein letzter Blick in Joes schmerzverzerrtes Gesicht verriet mir, dass es das eindeutig wert war.
...
Ein kleiner Einblick in Lou's Alltag von vor zwei Jahren :)
Da ich (überraschenderweise xD) noch keinerlei Berührungspunkte zu einem Ort wie einem Gefängnis habe, basieren all diese Dinge hier allein auf meinen Vorstellungen und Recherche. Falls also etwas unrealistisch oder falsch dargestellt wurde, tut es mir sehr leid.
However... schönen Start in die Woche wünsche ich euch <3
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1002 Wörter - Ivy
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Heart Attack - Larry Stylinson
Fanfiction"Kein Wort zu niemandem oder ich schneide dir die Kehle durch!" Harry ist ein Träumer, Charmeur und ein echter Romantiker. Louis ist das genaue Gegenteil von ihm und das wird dem kleinen Lockenkopf direkt bei ihrer ersten Begegnung bewusst, als der...