Kapitel 22 - Mike

87 5 0
                                    

Ich schloss die Tür auf ohne zu wissen wer geklingelt hatte. Ich war immer noch in Gedanken versunken.
Wir hatten uns geküsst. Ich Isi. Sie mich. Ich grinste und fühlte mich gleichzeitig verwirrt und aufgeregt. Ihre Lippen hatten einen süßen Geschmack hinterlassen, der mich in einen Moment der Unschärfe versetzte. Und auch heute, konnte ich es immer noch nicht fassen. Jeder Gedanke an sie ließ mein Herz schneller schlagen, und ich konnte den Klang ihres Lachens in meinen Ohren widerhallen hören.

Als ich die Tür öffnete und Dean mit Mara davor stand, brachte mich dies wieder in die Realität zurück. „Was schaust du denn so verträumt?" mein Cousin sah mich lachend an. Ich sah verblüfft, „Wo ist dein Schlüssel?" Dean verdrehte die Augen „Hab ich im Stress vergessen."

Beim Mittagessen versuchte Isi meinem Blick immer auszuweichen, doch sah ich die Röte die ihre Wangen bedeckten. „Isi?" Mum ergriff das Wort und Isi zuckte zusammen und Sarah neben ihr lachte. Meine Schwester sah mich so neckisch an, als hätte ihr Isi vom gestrigen Abend noch erzählt. „Ja?" „Was hältst du davon Alina und Ben über Weihnachten und Silvester einzuladen?" Ich grinste, daraus würde ich ebenfalls mein Ticket ziehen. „Wirklich?" Isi's Augen strahlten und sie lächelte. „Ja, Hank und Ich finden das deine Fliegerei etwas viel für die kurze Zeit sind da du bis 15.01 noch ihr arbeitest etc. Was sagst du?" Isi nickte „Ja, sage ich." Mum lächelte liebevoll und zwinkerte mir zu. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen doch dadurch wurde ich daran erinnert das nächste Woche der 01.12 bereits ist. Also 1 1/2 Monate und Citygirl war weg. 

Ich schnaubte und widmete mich endlich meinem Essen. Es war schwer, die aufkommenden Gefühle zu ignorieren. Die Vorstellung, dass Isi bald weg sein würde, machte mich unruhig. Ich hatte mich schon viel zu sehr an ihre Anwesenheit gewöhnt. Ich versuchte, meinen Blick von ihr abzuwenden und mich auf die Gespräche am Tisch zu konzentrieren. Sarah plauderte über ihre neuesten Bilder von unseren Tieren (sie führt quasi Fototagebuch über Wachstum und Zucht), und Mum schwärmte von den bevorstehenden Feiertagen. Ich nickte ab und zu, gab die passenden Antworten, doch innerlich konnte ich nicht anders, als darüber nachzudenken, wie ich die Zeit mit Isi in den kommenden Wochen noch intensiver nutzen konnte ohne ihr zu aufdringlich zu wirken.

Als der Nachtisch serviert wurde, bemerkte ich, wie Isi leise seufzte. Ich sah zu ihr hinüber, und sie blickte in die Ferne, als würde sie ebenfalls in Gedanken versinken. Ich fragte mich, was in ihrem Kopf vorging. Vielleicht dachte sie über die bevorstehenden Stress ihrer Doktorarbeit, oder den Rückzug nach Deutschland.. oder vielleicht doch auch an mich? Unsere Blicke trafen sich kurz, bevor sie schnell wieder ihren Blick senkte. Ich spürte, wie sich ein Kloß in meinem Magen bildete. Warum mussten gute Dinge immer so kurzlebig sein? Die Zeit schien zwischen meinen Fingern zu verrinnen, und ich wünschte mir, ich könnte sie anhalten.

Während ich in meine Gedanken versunken war, bemerkte ich kaum, dass das Gespräch am Tisch weiterging. Die Stimmen meiner Mutter und meiner Schwester verschwammen zu einem Hintergrundrauschen, während sich in meinem Inneren die Gedanken um Isi drehten. Sie war immer noch in ihren eigenen Gedanken gefangen, und das konnte ich förmlich spüren. Als sich unsere Blicke erneut trafen, lächelte ich ihr sanft zu. Ich weiß das es bestimmt schön wird.

Als Isi sich schließlich erhob und langsam Richtung Treppe ging, stupste Sarah mich unvermittelt an. Ihr Blick folgte Isi, und sie flüsterte beinahe verschwörerisch: "Geh ihr nach." Ich schluckte schwer, spürte jedoch gleichzeitig, dass sie recht hatte. Dies war meine Chance, mit Isi allein zu sein, ohne die Ablenkung der anderen. Entschlossen stand ich auf, meine Stuhllehne kratzte leise auf dem Boden. Ohne ein weiteres Wort verließ ich den Tisch und folgte Isi die Treppe hinauf. Ich fand sie in ihrem Zimmer, wie sie am Fenster stand und hinausstarrte, als würde sie in der Ferne etwas suchen.

„Hey", sagte ich leise, und sie drehte sich überrascht zu mir um. Ihre Augen, die mich normalerweise so selbstbewusst ansahen, waren jetzt von Unsicherheit gezeichnet. Ein kleiner Stich durchzuckte mein Herz. Ich wusste, dass die Zeit langsam gegen uns lief. „Hey", erwiderte Isi leise und wandte den Blick wieder zum Fenster. Die Stille zwischen uns war zwar unangenehm und ich wusste nicht so recht was ich sagen sollte. Hatte ich seit dem gestrigen Kuss ein solches Selbstvertrauen in der Sache wieder erlangt, so schrumpfte dieses wieder insich  zusammen.

Schließlich nahm ich all meinen Mut zusammen und trat näher an sie heran. „Isi", begann ich, meine Stimme sanft. Doch sie schüttelte nur den Kopf und jetzt erkannte ich Tränen. "Hey komm her", und ich zog sie sanft in meine Arme. „Ich weiß, dass die bevorstehende Zeit nicht einfach wird." Sie seufzte leise, „Aber wir sollten versuchen, das Beste daraus zu machen. Die Wochen, die uns noch bleiben." Isi nickte langsam, und ich legte meine Hand behutsam auf ihre. Die Berührung war zart, fast als würde ich ein zerbrechliches Gefühl halten. "Danke Mike." Sie lächelte nun leicht zur mir auf.

Von München Nach TexasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt