Kapitel 23 || Madelyn

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Müde verlasse ich das Schulgebäude und trete auf den Parkplatz hinaus. Ich halte es keinen Moment länger aus, Tuckers Blicken standzuhalten. Jedes Mal fährt mir ein kalter Schauer über den Rücken und lässt mich an den Abend an seinen Geburtstag zurück denken. Dann ist es, als bekäme ich keine Luft mehr. Mein Mund wird trocken und meine Kehle schnürt sich zu.

Deshalb bin ich jetzt umso mehr erleichtert, dass endlich Schule aus ist und ich den Tag mit River verbringen kann. Es läuft ziemlich gut zwischen uns, wenn man davon absieht, dass ich immer noch keine Ahnung habe, was wir überhaupt sind. Aber vielleicht muss ich das ja gar nicht wissen. Vielleicht reicht es, dass ich weiß, dass wir einfach nur wir sind. Dass wir uns vertrauen. Und vielleicht reicht auch das flatternde Gefühl in meinem Magen, um es auszuhalten, dass er es womöglich nie vollständig schaffen wird, sein ganzes Herz zu öffnen.

Mit schnellen Schritten gehe ich auf Rivers Wagen zu, den er mir für heute überlassen hat, weil er selbst mit dem Skateboard gefahren ist.

Doch bevor ich mich auf den Sitz fallen lassen kann, kommt Gabriella mit großen Schritten auf mich zu und stellt sich vor mich.

Verwundert blicke ich sie an. Sie sieht müde aus und auch ein bisschen zerknirscht. Unsicher verschränkt sie die Arme vor der Brust und räuspert sich. »Hi.«

»Hi?«, gebe ich verwirrt zurück und schließe vorsichtig wieder die Autotür. Ich lehne mich dagegen und verschränke ebenfalls die Arme vor der Brust. In meiner Hand liegt der Autoschlüssel, mit dem ich nervös herumspiele, als sie eine Weile nichts sagt.

»Du solltest da vielleicht etwas wissen.« Ihre Stimme ist leise und unsicher, aber sie sieht mir fest in die Augen.

»Okay?« Noch immer verwirrt drehe ich den Schlüssel zwischen Daumen und Zeigefinger hin und her.

»Ich weiß, was ... zwischen dir und Tucker ... auf seiner Party passiert ist.« Sie räuspert sich und senkt den Blick.

Völlig überrumpelt reiße ich die Augen auf und starre sie einen Moment lang sprachlos an. »Du ... was?« Ich räuspere mich. »Ich meine ... woher?«

Gabriella sieht mich wieder an, lässt ihren Kopf kurz kreisen und stößt angehaltene Luft  aus. »Ich habe ihn mit John darüber reden hören. Er wusste nicht, dass ich zuhöre. Seine Wortwahl ... war nicht besonders schön. Er hat sich wie der Held dastehen lassen, aber ich habe es sofort begriffen, was wirklich passiert ist.« Sie verzieht das Gesicht.

Wut für Tucker steigt in mir auf und ich schüttle den Kopf. »Das ... Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«

Plötzlich sieht Gabriellas Blick traurig aus. »Wieso hast du es mir nicht gesagt, Madelyn? Ich bin ... ich war deine beste Freundin.«

Einen Moment bin ich still. »Ich habe mich nicht getraut, wenn ich ehrlich sein soll. Und außerdem ... du hast immer mehr mit Cassandra gemacht, die mich dazu auch noch hasst. Dazu eurer ständiges Runtermachen von River – es hat sich einfach nicht mehr nach Vertrauen angefühlt.«

Nun ist Gabriella diejenige, die schweigt und den Blick auf ihre Schuhspitzen gesenkt hat. »Cassandra hasst dich nicht, Maddy.«

Wie immer zucke ich bei dem Spitznamen kurz zusammen, aber ich glaube, sie merkt es diesmal nicht.

»Sie ist neidisch.«

»Was?« Ich starre sie an, als wäre sie ein grünes Marsmännchen, das gerade vor meinen Augen die Erde betreten hat.

»Ja, sie ist neidisch. Das merkt jeder Blinde, außer du.« Gabriella zuckt mit den Schultern.

»Wieso sollte man bitte auf mich neidisch sein?« Verwirrt schüttle ich den Kopf.

Zwischen uns zwei WeltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt