Irgendetwas Unangenehmes weckt mich. Verwirrt schlage ich die Augen auf und starre in den Himmel über uns. Die Sonne ist noch nicht aufgegangen und uns umhüllt noch immer die nächtliche Dunkelheit.
Ich wische mir übers Gesicht und stelle fest, dass es nass ist. Wieder blinzle ich verwirrt, bis ich verstehe, dass es regnet. Perplex schaue ich den Tropfen entgegen, die vom Himmel genau auf mich hinunter fallen. Mein Schlafsack und die Plane sind völlig durchnässt.
»River?« Ich drehe mich hektisch zu ihm, aber er schläft noch tief und fest. Sein halbes Gesicht ist in seinem Schlafsack verborgen und nur seine geschlossenen Augen lugen daraus hervor.
Unwillkürlich muss ich bei diesem Anblick schmunzeln, bis mir ein dicker Tropfen auf die Nase fällt und mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt.
»River!«, rufe ich lauter und schüttle ihn an den Schultern. Er brummt nur und will sich zur anderen Seite drehen, aber ich bin schneller.
Geschickt werfe ich mich halb auf ihn drauf, sodass er sich nicht mehr bewegen kann, und trommle mit den Fäusten sachte auf seine Brust ein.
Schließlich schlägt er die Augen auf und sieht mich verwirrt an. Sein Gesicht ist nur wenige Zentimeter entfernt von meinem und mir stockt der Atem, als ich diese Nähe bewusst registriere.
»Es ist ja schön, geweckt zu werden und direkt dein Gesicht so nah zu sehen, aber es ist mitten in der Nacht, Guapa.« Er zieht spöttisch die Brauen hoch und bei dem spanischen Wort flattern mir die Schmetterlinge in wilden Spiralen im Bauch umher.
»Es regnet, du Idiot«, stelle ich klar, als ich das Flattern wieder im Griff habe und deute auf den Himmel. »Alles ist komplett durchnässt, merkst du das nicht?«
»Nein, weil dein Gesicht wie ein Schirm vor meinem ist«, entgegnet er, noch immer mit hochgezogenen Brauen und einem Grinsen auf den Lippen.
Augenverdrehend rücke ich etwas zur Seite und prompt trifft ihn ein dicker Tropfen auf die Wange.
Kichernd beobachte ich seine etwas überrumpelte Reaktion und sehe ihn an. »Was habe ich gesagt?«
Er zuckt mit den Schultern. »Ja, ja, ich habe schon verstanden. Wir sollten alles zusammen räumen.«
Ich nicke und wir stehen auf, packen Schlafsäcke und Plane zusammen und verstauen die Sachen im Auto.
Als wir selbst – durchnässt bis auf die Haut – im Wagen hocken, starren wir etwas planlos in die dunkle, verregnete Nacht hinaus.
»Und was machen wir jetzt?«, fragt River schließlich. »Gehen wir nachhause?«
»Nachhause?« Entgeistert starre ich ihn an. »Ich habe doch irgendwie gar kein zuhause mehr.«
Bedauernd sieht er mich an. »Das stimmt so nicht ganz, Mads. Du hast ein zuhause und Eltern, die sich Sorgen machen.«
»Aber ich will nicht dahin zurück, verstehst du? Ich hasse es. Und sie machen sich nur Sorgen, um mich zu kontrollieren. Das war schon immer so.« Ich weiche seinem Blick aus und schaue stattdessen nach draußen in den Regen.
Im Augenwinkel sehe ich, wie er auf sein Handydisplay starrt. Dann seufzt er tief. »Es ist erst halb fünf Uhr morgens. Es wäre womöglich wirklich keine gute Idee, jetzt nachhause zu gehen.«
Ich drehe mich zu ihm und schenke ihm ein kleines Lächeln. »Dann müssen wir eben noch etwas unternehmen.«
Er grinst. »An was denkst du denn da?«
Ich zucke mit den Schultern und lehne mich etwas näher zu ihm. So nah, dass ich sein Atem auf meinem Gesicht spüren kann. Scharf sauge ich die Luft ein, während draußen ein heller Blitz über den dunklen Himmel zuckt.
DU LIEST GERADE
Zwischen uns zwei Welten
RomanceMadelyns Leben ist strukturiert, berechenbar und durchgeplant. Ihre beste Freundin ist die Tochter der wichtigsten Geschäftspartner ihrer Eltern, ihr Freund ist ein reicher Vorzeigeschwiegersohn, ihre Noten immer perfekt und später soll sie die ber...