Lina
Sobald die Tür hinter mir ins Schloss fiel, brach ich in Jubelschrei aus. Ich hatte ihn geküsst. Nein, zuerst hatte er mich geküsst, seine Lippen auf meinen. Der Kuss war perfekt, das Date war perfekt. Mein Herz klopfte, und ich strahlte wie eine Idiotin. Das musste ich Sam erzählen. Sie würde es nicht glauben! Wer hätte gedacht, dass Josh Lindenstein ein guter Küsser wäre?.
"Sam!" Ich stieg in dem Bus ein, und erreichte sie auf einem Platz. "Sam, o mein Gott, ich muss dir was erzählen. Josh, er..." "Hat dich geküsst," unterbrach mich Sam trocken. "Ich weiß. " Ich stutzte. Ihr Ton klang barsch, und ihre Augen blickten ins Leere. "Alles okay?" Jetzt sah Sam auf, ihr Lächeln wirkte dünn. "Natürlich, erzähl mir jedes Detail. " So ganz glaubte ich es nicht, aber ich erzählte ihr aufgeregt alles. "Und dann habe ich gesagt, dass ich ihn mag, und dass ich will, dass es zwischen uns funktioniert. Und dann hat er mich geküsst. Und es war wie ein Traum. " Plötzlich blitzten ihre Augen auf. "Schön!," fauchte sie. "Komm doch mit ihm zusammen." "Äh... Was ist dein Problem?," fragte ich verwirrt. "Ich habe kein Problem! Aber nur zu. Leb dein Leben weiter mit ihm. Küss ihn, so viel du möchtest. Date ihn, nur zu." "Sam, sag was dein Problem ist, sonst kann ich dir nicht helfen," erklärte ich scharf. Ich wusste nicht, warum sie sich so verhielt. Eigentlich sollte sie sich für mich freuen, aber das tat sie offensichtlich nicht. "Gut, dann sage ich es," fauchte Sam. "Eigentlich würdest du ihn jetzt gar nicht daten, wenn ich nicht gewesen wäre. Oder na ja, Josh hat ja dafür gesorgt, dass du dich in ihn verliebst. " Ich verstand die Welt nicht mehr. "Was? Was redest du da?" Sam sah mich an. "Natürlich verstehst du es nicht. Wie könntest du auch? Du bist schlank, hübsch, und beliebt bei allen. Ich bin nur deine blöde Freundin. " "Ich war schockiert. Nie im Leben hätte ich gedacht, das Sam Eifersucht empfand. "Sam, tut mir leid. Ich wusste nicht, dass du dich so fühlen würdest. " Aber Sam tat so, als hätte sie mich nicht gehört, und setzte sich auf einen anderen Platz weit weg von mir. Ich blickte ihr verwirrt nach. Was hatte sie denn jetzt?
Im Unterricht fehlte Sam. Unsere Klassenlehrer fragte mich, wo sie steckte. Ich sagte, sie wäre kurz auf Klo gegangen. Aber jetzt war eine halbe Stunde vergangen, und sie war immer noch nicht da. Josh warf mir besorgte Blicke zu. Ich fragte, ob ich sie holen konnte, und der Lehrer gab mir die Erlaubnis.
"Sam? Sam, wo bist du? Sam! " "Geh weg," tönte eine trotzige Stimme aus der Tür. Sam klang weinerlich, und ich wunderte mich. Sam weinte nie, sie wollte nie Schwäche vor mir zeigen. Jetzt klopfte ich an der Tür. "Sam, das ist nicht witzig," schimpfte ich. "Geh weg! Ich will dich nicht hier!" Ihre Stimme klang jetzt wütend, aber ich stieß hartnäckig die Tür auf, und erstarrte. Sam saß auf dem Boden, und weinte. Sie hatte ihre Hände in ihr Gesicht verborgen, und schluchzte. "Sam?" Sie blickte jetzt auf. Panik trat in ihren Augen. "Geh weg! Du sollst mich nicht so sehen!" "Aber, Sam. Das ist doch Quatsch. Erzähl mir, was los ist." Ich setzte mich zur ihr auf den Boden, und versuchte sie im Arm zu nehmen, aber sie wich mir aus. "Nein."
sagte sie tonlos. "Ich will dich nicht hier. " Ihre Worte trafen mich. Noch nie hatte Sam sowas gesagt. Noch nie. Und sie jetzt weinen zu sehen, und so wütend, brach mir fast das Herz. "Sam, du kannst mir alles sagen," hob ich an. "Ich bin immer für dich da, das weißt du." Sam sah auf. "Du kannst es nicht verstehen, und du musst es auch nicht. Ich komme damit allein zurecht. Und jetzt geh." "Nein! Tu das nicht! Tu nicht so, als ob du allein sein willst. Du brauchst mich." Jetzt lachte Sam bitter auf. "Natürlich. Ich brauche dich immer, aber nie brauchst du mich." "Sam, sag, was dich bedrückt. " "Ich kann nicht. Ich kann nicht. Lina, verstehst du es nicht? Ich kann es nicht. Du bist vielleicht meine beste Freundin, aber ich kann mit dir nicht alles teilen. " Ihre Worte trafen mich. "Warum würdest du das sagen?" "Weil es die Wahrheit ist. Du tust immer so, als wärst du so wie ich. Hässlich, und unbeliebt. Aber das bist du nicht. Du bist beliebt in der Schule, jede Menge Jungs haben einen crush auf dich. Es heißt immer, Lina hier, und Lina da." "Sag mal, spinnst du eigentlich?" Ich konnte nichts anderes, ich fuhr sie an. Sam erzählte jede Menge Quatsch. Das stimmte gar nicht. "Du bist auch hübsch. Jetzt tu nicht so. " Sam fuhr zu mir herum. Ihre Augen waren voller Wut, und Eifersucht. Und Demütigung. "Wie blind kann man eigentlich sein?" Jetzt schrie sie, und ihre Stimme hallte als Echo nach. "Sieh mich doch an! Ich bin fett, und hässlich. Und jetzt schau dich an. Du bist genau das Gegenteil. Du bist wunderschön, bist sympathisch. Alle lieben dich. Josh mag dich. Er mochte mich nicht. Alle mögen dich, lieben dich. Und du bist zu blind, um es zu merken. Ich dagegen bin unbeliebt. Ich werde gemobbt, und fertig gemacht. Von allen. Außer von dir. Ich habe keine Freunde, außer dir. Meine Mutter hat ihren Job verloren, ich weiß nicht, was ich machen soll. Und du merkst es nicht mal. Du bist viel zu viel mit dir selbst beschäftigt, obwohl für dich alles perfekt ist. Dein Leben ist perfekt. Du hast stolze Eltern, viel Geld, hübsche Klamotten. Freunde, du bist das beliebte Mädchen in der Schule. Ich bin nichts. Ich war schon immer nichts. Also, hör auf mich zu nerven, und sagen, dass du immer für mich da wärst. Denn das bist du nicht. " Die Worte sprudeln nur so aus ihr heraus, es klang, als ob sie es schon lange loswerden wollte. Ich sah sie wie versteinert an. Noch nie in meinen Leben war Sam so wütend, und voller Eifersucht gewesen. Noch nie hatten wir uns gestritten. "Sam, ich hatte keine Ahnung. Ich..." "Hör auf, lass es einfach sein, Lina. Hau ab." "Was?" Meine Stimme brach. "Das kann nicht dein Ernst sein! Sam, ich..." "Bist du taub?" Ihre Stimme war gefährlich leise. "Geh, lass mich einfach in Ruhe." Ich war geschockt. Aber dann stand ich auf, und sah sie nicht an. "Gut, wie du willst. " Ich ging mit langsamen Schritten aus dem Klo. Sam schwieg. Ich auch. Ich schloss leise die Tür, und ging zum Unterricht. Noch nie in meinen Leben war mir meine beste Freundin eine Fremde für mich gewesen. Bis jetzt.
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Immer Ich
RomanceSam hat mit Problemen zukämpfen. Ihre Mutter hat ihren Job verloren. Als ob es nicht schon schlimm genug wäre, kommt ein neuer Schüler in ihre Klasse. Sein Name ist Josh, harmlos, sollte man meinen. Aber er macht Sam das Leben zur Hölle. Als sie...