Euphoria - Nate & Faith

Kapitel 4 - Faith

"Wenn ich dich nerve, dann sag bescheid", sagt Cassie, während wir in der Cafeteria, an unserem Tisch Platz nehmen.
Wie nett, dass sie das sagt. Sonst nerven mich die Leute einfach immer nur, ohne jemals damit aufzuhören.
"Nein, du nervst nicht", erwidere ich.
Eigentlich ist das eine Lüge. Nicht Cassie nervt mich, aber das Thema, über das wir reden. Aber ich hätte sie wohl schlecht abwimmeln können, als sie auf mich zukam und mir auf ihrem Handy Fotos von den Cheerleader Turnieren zeigte, bei denen mein Team damals teilnahm.
"Das ist meine Lieblings-Choreo", sagt sie und startet ein Video von vor zwei Jahren.
Ich erinnere mich noch ganz genau an diesen Tag.
Holly und ich waren so aufgeregt. Keine Droge der Welt könnte dieses Gefühl in mir erwecken, welches ich damals empfunden habe, als ich in die Luft geschleudert wurde. Die Choreo war gefährlich und ich würde sie nie wieder durchführen, aber sie brachte uns den Sieg.
"Wie hast du das gemacht? Wie bist du so hoch geflogen?", fragt Cassie begeistert.
"Wochenlange Übung", antworte ich.
Meine Mum sagte immer, ich brauche nicht zu üben. Ich habe das Talent. Aber was bringt Talent, wenn man es nicht ausprobiert und nutzt?
"Wieso willst du nicht in unser Team?"
Ich denke lange über Cassies Frage nach, obwohl ich die Antwort schon längst kenne.
"Ich habe mit dem Cheerleading abgeschlossen. Für mich gibt es keinen Weg zurück", antworte ich.
Für mich gibt es keinen Weg zurück, für Holly gab es nie einen Weg da raus.
"Schade", sagt Cassie. Ihr Handy vibriert kurz und ich gehe davon aus, dass sie eine Nachricht bekommen hat.
Auf einmal lächelt sie.
"Eine Nachricht von McKay?", frage ich.
Cassies Wangen röten sich.
"Ist es was ernstes?"
"Keine Ahnung. Er ist sich nicht sicher."
"Womit?"
"Mit Allem einfach."
"Da gibt es einen Unterschied: Ist er sich nicht sicher, ob er eine Beziehung will, oder ist er sich nicht sicher, ob er dich will?"
"Was macht das für einen Unterschied?", fragt Cassie irritiert.
"Einen großen", antworte ich.
"Wenn er sich nicht sicher ist, ob du die Richtige für ihn bist, ist er das Warten nicht wert. Glaub mir."
Cassie denkt kurz nach.
"Aber ich liebe ihn."
Ja, das ist doch immer das Problem. Liebe.
"Liebe ist aber nichts wert, wenn du nicht geliebt wirst", antworte ich.

Bevor der Unterricht anfängt, muss ich noch einmal auf die Toilette, also trennen sich Cassies und meine Wege und ich laufe alleine durch den langen Gang weiter. Auf einmal spüre ich eine warme Hand an meinem Unterarm. Ich schaue neben mir hoch und erblicke Nate.
Sofort seufze ich.
"Freut mich auch, dich zu sehen", sagt er.
"Was willst du?"
"Wir müssen reden."
"Das denke ich nicht."
Der Gang wird immer leerer, da alle in ihren Unterrichtsräumen verschwinden.
Nate stellt sich vor mich und versperrt mir damit den Weg.
"Geh nicht mit Andy aus."
"Was?!", frage ich empört. Er versucht mir wirklich schon wieder etwas vorzuschreiben? Hat er nicht aus seiner Lektion gelernt?
"Er ist ein ekelhafter Schmarotzer, glaub mir. Verschwende deine Zeit nicht mit ihm."
"Du bist im Moment der einzige, der meine Zeit verschwendet", antworte ich gereizt.
Nate geht nicht auf meinen Konter ein.
"Wieso liegt dir überhaupt so viel daran?", frage ich und verschränke die Arme vor der Brust.
Ha! Darauf fällt ihm nichts ein. Es ist doch nur der Jagdinstinkt. Mehr nicht.
"Danke für das Gespräch", sage ich und lasse ihn stehen.
"Warte!"
Ich bleibe stehen.
"Weil ich wusste, wie du deinen Kaffee trinkst. Deswegen liegt mir so viel daran."
Ich runzle verwirrt die Stirn.
Woher weiß er, dass Andy und ich uns heute über Kaffee unterhalten haben?
Ich drehe mich wieder zu ihm um.
"Hör auf damit, Nate."
"Womit?"
"Du weißt was ich meine. Du hast Maddy und ich bin nicht an dir interessiert. Also lass es einfach."
Plötzlich schmunzelt er leicht.
"Du bist ganz schön arrogant, weißt du das?"
Okay, jetzt bin ich wirklich verwirrt.
"Du denkst, dass ich auf dich stehe?"
Er fängt laut an zu lachen.
"Ich stehe nicht auf dich, Faith. Ich wollte dich nur schützen, weil ich...weil ich dich mag. Mehr nicht. Aber wenn du unbedingt diese Erfahrung machen willst, dann bitte..."
Er dreht sich um und geht.