Kapitel 6 - Nate

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Fuck. Was habe ich getan? Andys Blut klebt immer noch an meinen Fäusten.
Schnell verlasse ich das Haus, stürme an den anderen vorbei zu meinem Auto. Ich bin definitiv nicht in der Lage, um jetzt mit dem Auto zu fahren.
Mein Atem wird schneller und meine Brust enger, sodass ich kaum noch Luft bekomme.
Wieso habe ich das nur getan?

"Nate!", ruft eine Stimme hinter mir. Es ist Maddy, die mich fassungslos anschaut.
"Was ist denn los?", fragte sie und kommt näher.
"Wieso hast du Andy verprügelt, was hat er dir getan?"
Ich antworte nicht.
"Nate!", faucht Maddy.
Ich schaue hinter ihr zum Haus. Faith kommt heraus gerannt. Als sie mich mit Maddy sieht, bleibt sie stehen.
"Ich gehe nach Hause", sage ich zu Maddy und lasse sie stehen.
"Im Ernst?! Du haust einfach ab? Das wars Nate!", ruft sie mir hinterher.

Während ich langsam die Straße runterlaufe, denke ich die ganze Zeit an das, was ich gesehen habe. Ich habe Andy nicht grundlos geschlagen. Er hat Faith angefasst. Er hat sie bedrängt, ging mit seinen dreckigen Händen unter ihr Kleid, obwohl sie sich gewehrt hat.
Dieser Mistkerl hat es nicht anders verdient.

"Nate?"
Ich drehe mich um und sehe Faith. Sie ist mir hinterher gelaufen und steht völlig aus der Puste da.
Ihr Gesichtsausdruck wirkt traurig und verzweifelt.
"Alles okay?", fragt sie und kommt näher.
Ich mustere ihr hübsches Gesicht und ihre gute Figur in dem Kleid.
Sie sieht wirklich fabelhaft aus und es macht mich krank, dass Andy das einfach so ausnutzen wollte.
"Nicht wirklich, bei dir?"
Sie schüttelt den Kopf.
"Wieso hast du ihn zusammengeschlagen?"
"Weil er dir weh tun wollte. Weil er dich angefasst hat und dein Nein nicht akzeptiert hat."
Faith senkt den Blick, dann schaut sie wieder zu mir hoch. Eine Träne kullert über ihre Wange. Gleichzeitig lächelt sie sanft.
Nein, ich kann sie nicht so sehen. Ich ertrage es nicht, wenn sie weint.
Ich trete einen Schritt näher und nehme ihr Gesicht in meine Hände.
Dann wische ich mit meinen Daumen ihre Tränen weg.
"Danke", flüstert sie leise.
Am liebsten würde ich sie jetzt küssen.
Aber Faith entfernt sich von mir.
Kurz bevor sie weg ist, dreht sie sich noch einmal zu mir um.
"Kann ich dich was fragen?"
Ich nicke.
"Hast du Maddy damals wirklich gewürgt? Oder war es nur ein Gerücht?"
Diese Frage hatte ich nicht erwartet. Faith verdient die Wahrheit, auch wenn sie nicht schön ist.
"Ja, das habe ich", antworte ich.
Und ich bereue es mit jeder Phase meines Körpers. Maddy und ich haben uns gestritten. Sie hat meine Eltern blamiert, meine Familie. Ich war sauer und konnte meine Wut nicht mehr kontrollieren.
Reflexartig drückte ich sie an die Wand und meine Hände umfassten ihren zarten Hals.
Sie hat mir sofort verziehen und bis heute frage ich mich wieso sie das tat. Sie müsste mich dafür, was ich ihr angetan habe, hassen. Aber sie tut es nicht. Sie sieht nur das gute in mir.
Faith nickt und geht.
Sie läuft wieder zum Haus, wo Jules steht und auf sie wartet.
Kurze Zeit später fährt ein Rettungswagen mit Blaulicht die Straße hoch. Ich muss schnell weg.

Zuhause angekommen laufe ich leise die Treppen nach oben, um niemanden aufzuwecken. Ich zucke zusammen, als ich Dads Silhouette oben erkenne.
"Du hast mich erschreckt", sage ich und laufe an ihm vorbei.
"Wo warst du?"
"Geht dich nichts an."
"Komm schon, Junge. Verschwende deine Jugend nicht mit Partys. Trainiere hart für den Sieg."
"Wir haben heute gesiegt."
"Ja, die anderen. Du nicht."
Ich seufze und spüre wieder Wut in mir aufkommen.
"Wieso kannst du nicht einmal stolz auf mich sein? Wieso musst du mich immer runtermachen? Ich bin dein Sohn."
Er starrt mich überrascht an.
"Weil mein Vater genauso war."
"Das entschuldigt gar nichts", sage ich und betrete mein Zimmer. Ich schließe die Tür hinter mir, gehe duschen und dann ins Bett.
Maddy hat mir eine Nachricht geschrieben:
"Es tut mir leid, Babe. Ich habe das nicht so gemeint."

Es war mir klar, dass sie nicht einfach so Schluss macht. Dafür liebt sie mich zu sehr.
Und ich brauche sie. Jetzt gerade in meinen Armen. Auch, wenn ich nur an Faith denke.
Aber Faith kann nicht hier sein, also brauche ich Maddy.

Ich schreibe ihr: "Komm vorbei."

Kurze Zeit später öffne ich ihr unten die Tür und wir gehen nach oben in mein Zimmer.

"Willst du Sex?", fragt sie mich als wir uns ins Bett legen.
Ich schüttle den Kopf.
Sie kuschelt sich an mich und streichelt meinen Arm.

Am nächsten Tag wache ich früh auf. Es ist Samstag. Maddy ist bereits weg.

Auch, wenn ich lange geschlafen habe, fühle ich mich, als hätte mich ein Auto angefahren. Zögernd entsperre ich mein Handy und gehe auf Instagram.
Da bei der gestrigen Party gefüllt jeder von der Schule war, sind dementsprechend viele Posts online gegangen.
Es existiert ein Video von dem Vorfall. Es existiert ein Video davon, wie ich Andy zu Boden schlage.
Fuck.
Dieses Video zeigt nur die Schlägerei, mehr nicht. Es zeigt nicht den Grund für das Video.
Es ist völlig aus dem Kontext gerissen und wird mich stark belasten, wenn es die Runde macht, was nicht lange dauern wird, denn das Video hat bereits 2 Tausend Likes und einige Kommentare wie:

"Ist Nate verrückt geworden? Wieso macht er das?"

"Und die Schlampe steht nur daneben und schaut zu."

Damit ist wohl Faith gemeint.

Ich bekomme eine Nachricht von McKay:

"Alter, du sitzt richtig tief in der Scheiße!"

Und kurz darauf eine von Maddy:

"Ruf mich an!!!!"

Ich seufze, schalte mein Handy aus und lege mich wieder ins Bett.

Euphoria - Nate & FaithWo Geschichten leben. Entdecke jetzt