Kapitel 13 - Faith

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Ich bin stolz auf mich. Ich habe es tatsächlich geschafft, Andy den ganzen Tag aus dem Weg zu gehen. Der Schultag ist erstmal rum, aber jetzt findet noch das Training statt und somit auch meine nächste Hürde: Maddy.

Cassie und ich betreten zusammen die Umkleide. Sie stellt mich dem restlichen Team vor, die sich bereits umziehen.
"Es wird ganz toll, das verspreche ich dir", sagt sie und zwinkert mir zu.
Insgeheim sind meine Gedanken noch bei Nate, auch wenn das falsch ist. Wir werden nie eine Zukunft zusammen haben. Nicht, solange er noch mit Maddy zusammen ist und wir hier zur Schule gehen.

Das Outfit steht mir echt gut. Die Farben Türkis und Schwarz schmeicheln meinen Augen.

In der Sporthalle stellen wir uns alle so auf, wie Maddy es will. Mich stellt sie in die erste Reihe. Wahrscheinlich will sie mich im Blick behalten. Sie macht die Musik an und ich folge ihren Steps.
Es sind die klassischen Schritte jeder Choreo, weswegen es mir nicht sonderlich schwerfällt. Danach probieren wir noch einige Pyramiden aus. Die Mädchen sind nicht wirklich gut in Form, weshalb wir oft nochmal und nochmal üben müssen, bis Maddy irgendwann durchdreht.
"Carina! Was ist nur los mit dir?! Du bist sonst immer da oben und jetzt hast du plötzlich kein Gleichgewicht mehr?!", schreit sie wütend. Carina ist recht zierlich und sieht aus, als wäre sie gerade mal 14, obwohl sie in unserem Alter ist. EIngeschüchtert starrt sie auf den Boden.
"Cassie! Probier du es!", ruft sie.
Jetzt ist Cassie oben, was aber auch nicht wirklich gut funktioniert.
"Ich bin es halt nicht gewohnt, oben zu sein", rechtfertigt sie sich.

Maddy schaut verzweifelt umher, bis ihr Blick an mir hängenbleibt.
"Du! Du bist oben", beschließt sie.
"Was? Oh, das muss nicht sein", antworte ich. Ich hatte nicht vor, im Mittelpunkt zu stehen. Ich bin doch nur hier, um auszuhelfen.
"Komm schon. Zeig, was du drauf hast."

Ich kann Maddy wohl kaum widersprechen, also tue ich es und siehe da: Obwohl ich lange kein Cheerleader mehr bin, halte ich trotzdem noch die Balance und das sogar für eine halbe Minute.

Ich lasse mich nach hinten fallen und werde von den Mädels aufgefangen.
"Schon besser..." murmelt Maddy.
"Faith? Ich will, dass du nächste Woche beim Spiel oben bist."
"Wieso willst du nicht oben sein, Maddy?", mischt sich Cassie ein.
Sie zuckt gleichgültig mit den Schultern.
"Faith passt perfekt für die Rolle."

Später in der Umkleide gehen wir duschen und ziehen uns dann wieder um. Es ist bereits 19 Uhr.
"Das Spiel ist nächste Woche Mittwoch. Bis dahin kann ich sie sicherlich noch überzeugen", sagt Carina zu ihrer Freundin Vivien. Die beiden stehen an ihren Spinden und ziehen sich ihre Jacken an, bis sie mich plötzlich anstarren.
Carina sieht mich finster an und kommt auf mich zu.
"Du denkst wohl, dass du einfach hierherkommen und dir meinen Platz stehlen kannst!", faucht sie.
"Glaub mir, wenn ich die Wahl hätte, wer ich gar nicht hier", erwidere ich müde und packe meine Tasche zusammen.
"Ha! Blödsinn! Du bist doch genauso eine Bitch wie alle anderen. Aber pass auf! Maddy hat dich nicht ohne Grund da oben aufgestellt. Oder denkst du etwa du bist ihr Liebling?"
Ich runzle die Stirn.
"Was meinst du damit?"
"Das wirst du schon noch sehen. Sie hat immer einen Plan. Sie ist eben Maddy."

Carina und Vivien verlassen lachend die Umkleide.

"Was war das denn?", fragt Cassie und kommt auf mich zu.
"Keine Ahnung...Ich...Ich muss jetzt auch los", stottere ich.

Normalerweise würde mir das, was Carina gerade gesagt hat, am Arsch vorbeigehen. Aber jetzt gerade weiß ich nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Maddy ist gefährlich, das weiß jeder.

Ich laufe über den Sportplatz bis zum schwach beleuchteten Parkplatz. Ich will einfach nur noch nach Hause in mein Bett und alles um mich herum vergessen.
An dem Auto neben meinem steht eine dunkle große Gestalt, die ich zuerst nicht erkenne. Sie kommt ein paar Schritte auf mich zu und mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ist das Andy? Hat er mich aufgespürt? Will er mir jetzt ein Messer ins Herz stoßen?
Nein, es ist nicht Andy.
Es ist Nate.

Erleichtert atme ich aus.
"Was machst du hier?", frage ich.
"Ich warte auf Maddy."
Natürlich tut er das.
Ich komme näher und erkenne, dass seine Lippe aufgeplatzt ist.
"Was ist passiert?", frage ich besorgt und hebe meine Hand, um sein Gesicht zu berühren. Im letzten Moment lass ich es aber bleiben.
"Ich...das war Andy", seufzt er.
"Was? Oh mann dieses Arschloch kann es auch einfach nicht lassen. Den mache ich fertig!", rufe ich aufgebracht.
"Nein, ich habe ihn provoziert. Ich bin schuld."
Entsetzt reiße ich die Augen weit auf.
"Wieso tust du das denn?"
"Was denkst du wohl?"
Er presst seinen Kiefer zusammen.
"Hast du es wegen mir getan?"
Er nickt.
"Ich will nicht, dass du dich wegen mir in Gefahr bringst, Nate!"
"Denkst du, ich will das? Wenn ich könnte, würde ich dich gerne vergessen, aber ich kann nicht! Verdammt, wieso verstehst du das nicht? Ich denke jede Sekunde am Tag nur an dich!"
Ich erstarre. Hat er das gerade wirklich gesagt?

Im Hintergrund ertönen Stimmen. Maddy und Cassie kommen auf uns zu.
"Ah da bist du ja schon, Schatz. Danke, dass du mich abholst. Oh mein Gott! Was ist passiert?"
Maddy hat nun auch seine Lippe bemerkt und umarmt ihn besorgt.
"Nichts. Ist nur vom Sport", lügt er.
Nun schaut sie mich an.
"Ich wollte gerade einsteigen", sage ich und zeige auf mein Auto.
"Faith ist jetzt auch in unserem Team. Sie ist wirklich gut", sagt Maddy und legt ihren Arm um mich. Okay, das hätte ich jetzt nicht erwartet. Aber wie gesagt: Maddy ist unvorhersehbar.
"Das ist...toll", zwingt sich Nate zu sagen und lächelt nervös.
"Okay, lass uns einsteigen. Bis morgen Faith!"
"Ja, bis morgen."

Maddy öffnet die Tür von Nates Auto, doch er bleibt wie angewurzelt vor mir stehen und sieht mich an. Wieso tut er das? Nervös schaue ich zwischen ihm und Maddy hin und her.
Will er noch etwas sagen? Will er mich einfach bloß anschauen?
In seinem Blick sehe ich Trauer und Verlangen zugleich. Oh, wenn du nur wüsstest Nate. Ich empfinde doch genauso.
"Kommst du Schatz?", fragt Maddy irritiert.
"Oh, ja."
Nate löst sich aus seiner Starre und steigt nun auch ein.
Bevor sie losfahren wirft mir Maddy noch einen misstrauischen Blick zu, der mehr sagt, als tausend Worte. Er sagt: Ich weiß, was hier läuft.
Sie schöpft Verdacht.

In meinem Kopf pocht es. Bevor ich schlafen gehe, schmeiße ich noch eine Aspirin ein. Ich weiß nicht, wie ich die nächsten Wochen überstehen soll. Echt nicht.

Euphoria - Nate & FaithWo Geschichten leben. Entdecke jetzt