Kapitel 10 - Faith

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Ich parke auf dem Parkplatz vor der Schule und steige aus. Jules bleibt heute bei Rue im Krankenhaus, weswegen ich alleine zur Schule fahre. Da Dad heute auf einer Art Männerausflug mit seinen Freunden ist, habe ich das Auto.
Hier im Vorort ist es auf jeden Fall entspannter zu fahren als in Beverly Hills.
Ich nähere mich der Schule mit einem mulmigen Gefühl.
Als jemand meinen Namen ruft, zucke ich zusammen. Es ist Cassie, die neben Maddy läuft und mir zuwinkt. Auch das noch.
"Hey!", rufe ich und setze ein falsches Lächeln auf.
"Weißt du wie es Rue geht?", fragt Cassie besorgt. Wow, das ganze ist gestern erst passiert und hat heute wahrscheinlich schon jeden erreicht.
"Den Umständen entsprechend..."
"Oh man. Wir dachten wirklich sie wäre clean."
Also echt. Ein Blinder mit einem Krückstock hätte gemerkt, dass Rue wieder Drogen nimmt. Die beiden sind doch bloß zu sehr mit Make Up und Jungs beschäftigt. Okay, eigentlich darf ich gar nicht urteilen.
Auf einmal vibriert Maddys Handy.
"Wie geht es McKay?", frage ich Cassie währenddessen.
Sofort errötet sie.
"Wir haben momentan nicht so viel Kontakt. Er ist sehr beschäftigt mit Football. Du weißt schon..."
"Ja klar", erwidere ich.
Im selben Moment ertönt ein lautes Gröhlen vom anderen Ende des Parkplatzes.
Ein paar Footballer nähern sich der Schule. Unter anderem auch Nate und McKay.
"Die Party war echt der Hammer. Du warst du high McKay!", brüllt der eine von ihnen.
Cassie senkt beschämt den Blick.
"Sieht nicht so aus, als wäre er sonderlich beschäftigt", scherzt Maddy. Also wirklich, wie kann man so unsensibel sein wie sie?
Aber Cassie erwidert nichts.
"Wir haben ein Problem, Cas. Sophie hat sich den Knöchel verstaucht und kann nicht mehr mitmachen beim Cheerleading."
Auch, wenn ich Maddy nicht leiden kann, bin ich dankbar für ihren Themenwechsel.

Wir nähern uns dem Eingang der Schule.
"Oh nein! Aber wir brauchen sie!", ruft Cassie aufgeregt.
"Ich weiß! Sie ist eine der besten..."
Ich laufe stumm neben ihnen her.
"Es wird verdammt schwer, Ersatz zu finden", seufzt Maddy.
Wir bleiben an ihrem Spind stehen.
"Aber nicht unmöglich", sagt Cassie und grinst mich an.
"Oh nein! Ich bin kein Cheerleader mehr", antworte ich.
Maddy mustert mich.
"Ich glaube du vermisst es. Allein schon, wie du auf der Party getanzt hast, beweist, dass du ein geborener Cheerleader bist. Das kannst du nicht leugnen", sagt sie.
Ich seufze.
"Aber ich..."
"Du musst, Faith! Du musst bei uns einsteigen, sonst sind wir verloren!", funkt Cassie dazwischen.
"Sags ihr Maddy!"
Maddy zögert für ein paar Sekunden.
"Es stimmt, wir brauchen dich. Aber wie ich schon sagte: Ich werde dich nicht anbetteln. Aber du hättest auf jeden Fall was gut bei mir."

Ich hätte etwas gut bei ihr? Würde sie mir auch verzeihen, dass Nate und ich heimlich Kontakt haben? Ich denke nicht.
Aber trotzdem würde es vielleicht helfen, wenn Maddy anfängt Sympathie für mich zu entwickeln. Dann würde sie vielleicht nie daran denken, dass ich auf Nate stehe.

"Na gut. Aber nur so lange Sophie ausfällt", willige ich ein. Cassie klatscht vor Freude in die Hände.
"Training ist morgen Nachmittag", sagt Maddy und knallt ihre Spindtür zu.
"Sei pünktlich nach der Schule auf dem Sportplatz."
Ich nicke und weiche ihrem Blick aus.
"Bis dann!", ruft Cassie noch, bevor sie in ihrem Unterrichtsraum verschwinden.
Ich schaue ihnen noch eine Weile nach.

Als ich mich umdrehe und weitergehen will, werde ich aufgehalten, weil sich mir jemand in den Weg stellt. Nate.
Er sieht zu mir runter und lächelt.
"Na, was stehst du hier so rum?", fragt er.
"Ich ähm..."
"Wirst du etwa nervös?"
"Nate!", zische ich und schaue um mich.
"Die anderen könnten mitbekommen, dass..."
"Was? Dass wir uns unterhalten? Wir gehen beide auf diese Schule, das wird schon niemand für verdächtig halten."
"Ja, aber wenn Maddy..."
"Maddy ist nicht hier..."
Er beugt sich etwas zu mir runter und starrt direkt in meine Augen.
"Komm mit", flüstert er.

Ich laufe neben ihm her, obwohl ich gar nicht weiß, wo wir hingehen.
Auf einmal biegt er rechts ab und öffnet die Tür zu einer Art Abstellkammer.
"Was machen wir...?"
Bevor ich noch was sagen kann, zieht er mich in die Kammer herein und schließt die Tür hinter uns.
Hier drinnen ist es dunkel, klein und staubig.
Nate drückt mich sanft gegen die Wand. Da sich meine Augen noch nicht ganz an die Dunkelheit gewöhnt haben, erkenne ich nur die Umrisse seines Gesichts, aber ich spüre seinen heißen Atem auf meiner Wange und bekommen Gänsehaut.
"Was ist, wenn jemand reinkommt?", frage ich leise.
"Hier wird niemand reinkommen", antwortet er. Seine Hand berührt meine Wange und streichelt sie.
Der Gedanke daran, dass wir hier ungestört zu zweit sein können, ist zu schön.
Jedoch könnte jeden Moment jemand hereinkommen, auch wenn Nate das Gegenteil behauptet.
"Ich mag es, wenn du deine Haare offen trägst", sagt er und fährt mit seiner Hand durch meine Haare.
Okay, das wars. Ich bin ein totales Opfer. Nate braucht mir nur ein Kompliment zu machen und meine Knie werden ganz weich und in meinem Bauch wirbeln Schmetterlinge herum.
Ich will Nate noch näher haben und seine Haut an meiner spüren.
Reflexartig greife ich mit meinen Händen an den Kragen seines Shirts und ziehe ihn an mich heran.
Er schmunzelt.
Unsere Münder nähern sich und in mir entfacht ein gewaltiges Feuer, als sie sich berühren. Seine weichen Lippen berühren meine und es fühlt sich an, als würde er meinen ganzen Körper mit Küssen bedecken.
Nates Zunge drängt mich dazu, meinen Mund zu öffnen. Als seine raue Zunge meine berührt, stöhne ich leise auf.
Erst ist es mir peinlich, aber Nate scheint es zu gefallen, welche Wirkung er auf mich hat. Mit seinen Händen greift er an meine Taille und hebt mich ruckartig hoch. Ich schlinge meine Beine um ihn, während wir uns weiter küssen.
Er setzt mich auf eine Art Schreibtisch ab und legt seine großen Hände auf meine Oberschenkel.
Dann fährt er mit ihnen meinen Rücken bis zu meinem Nacken hoch.

Ich höre leise Stimmen von draußen und zucke zurück.

"Was ist?", fragt Nate leise.

"Da draußen ist jemand", antworte ich.
"Ja, wahrscheinlich Schüler, die hier langlaufen."
Er will mich wieder küssen, aber ich drücke ihn von mir weg, auch wenn es mir schwer fällt.
"Ich sollte jetzt zum Unterricht", sage ich.
Er seufzt leise.
"Was ist mit heute Nachmittag? Sehen wir uns?"
Ich greife nach meinem Rucksack und denke kurz nach.
"Ich...weiß noch nicht. Ich wollte Rue nochmal besuchen und..."
Nate senkt den Blick. Es macht mich fertig ihn so zu sehen, andererseits male ich mir die ganze Zeit Horrorszenarien in meinem Kopf aus.
Davon, wie Maddy plötzlich bei ihm auftaucht oder sonstiges.
Ich stelle mich vor Nate und lege meine Hand an seinen Arm.
"Ich schreibe dir", sage ich und gebe ihm einen Kuss auf die Wange. Dann öffne ich für einen kleinen Spalt die Tür, schaue ob der Gang leer ist und schlüpfe dann heraus.

Euphoria - Nate & FaithWo Geschichten leben. Entdecke jetzt