Kapitel 18 - Faith

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Zwei Monate später:

Es hat sich einiges verändert seit dem Spiel. Natürlich bin ich beim Cheerleading ausgestiegen. Ich bin jetzt einfach nur noch eine normale Schülerin, die den Unterricht mitmacht und dann wieder geht. Die Pausen verbringe ich mit Jules und Rue. Kate ist auch manchmal da.
Maddy und Cassie gehen mir zum Glück aus dem Weg. Das macht die Sache einfacher. Seit dem Brief, habe ich auch nichts mehr von Nate gehört und langsam tut es immer weniger weh. Vielleicht hatte er recht. Vielleicht ist es wirklich besser so. Trotzdem vermisse ich ihn wie die Hölle. Aber nur, wenn ich darüber nachdenke.

"Kommst du noch mit?", fragt Jules, als wir den Gang runterlaufen.
"Wohin?", frage ich.
"In dieses Café, in dem wir letzte Woche auch waren."
"Oh, lieber nicht. Ich muss für die Prüfungen nächste Woche lernen", antworte ich. In Wahrheit brauche ich etwas Abstand von allem. Nächste Woche sind die Abschlussprüfungen. Danach muss ich nie wieder zur Schule und bin frei. Ein schöner Gedanke.
"Sicher?"
"Ja, sicher."
"Na gut, dann bis nächste Woche."
Wir umarmen uns und ich verlasse das Schulgebäude. Nachdenklich laufe ich über den Parkplatz zu meinem Auto, als ich abrupt stehen bleibe. Maddy steht an meinem Auto und mustert mich.
"Was willst du?", frage ich.
"Reden."
"Ich denke nicht, dass wir reden müssen", kontere ich und hole meinen Autoschlüssel heraus.
"Was dagegen, wenn ich einsteige?"
"Ja!"
Sie verdreht die Augen.
"Ich werde dich nicht abstechen, keine Sorge. Seh es einfach als Mitfahrgelegenheit."
"Ich passe."
"Okay, ich will mit dir über Nate reden. Bist du jetzt interessiert?"
Ich starre sie an. Lügt sie? Will sie mich verarschen?
"Ich meins ernst, Faith", sagt sie, als könnte sie meine Gedanken lesen.

Wenige Minuten später sitze ich hinter dem Steuer und Maddy auf dem Beifahrersitz. Im Hintergrund läuft leise Musik von Taylor Swift.
"Hat Nate sich in letzter Zeit bei dir gemeldet?", fragt Maddy.
"Nein."
"Das hast du mir zu verdanken."
"Das war mir klar", fauche ich.
"Hör zu, das was alles passiert ist, war echt...blöd und das sehe ich auch ein. Aber versetz dich mal in meine Lage. Mein Freund hat mich betrogen und zwar mit einem Mädchen, was unberechenbar scheint."
Spricht sie von mir?
"Du wirkst so perfekt in allem, was du tust. Du schreibst nur Einsen und bist der beste Cheerleader, den ich kenne. Ich war fucking eifersüchtig, okay?"
Ihre Stimme bricht und für einen kurzen Moment denke ich, dass sie weint. Tut sie aber nicht.
"Nach dem Spiel, als du ins Krankenhaus kamst, habe ich zu Nate gesagt, dass wenn ich ihn nicht haben kann, er auch dich nicht haben kann."
Ich höre aufmerksam zu.
"Dass er wirklich nach New York zieht, konnte ich nicht ahnen. Ich habe ihm damit gedroht, jedem zu erzählen, was für eine Schlampe du bist und das wollte er nicht. Er wollte dich bloß schützen und ist deshalb weggezogen."
Wow, jetzt wird mir so einiges klar.

Wir sind da. Ich halte in der Einfahrt vor meinem Haus.
"Natürlich war das ziemlich dumm von mir. Ich dachte, dass es mich glücklich machen würde, aber dich so einsam und verlassen zu sehen ist echt schmerzhaft. Und auch Nate ist ohne dich nicht glücklich. Das weiß ich. Ich will kein schlechter Mensch sein und eurem Glück im Wege stehen."
"Was soll das heißen?"
"Dass ich euch wieder zusammen sehen will. Wie Barbie und Ken."
Ich runzle die Stirn und Maddy verdreht die Augen.
"Zwischen Nate und mir lief es eh nicht mehr so gut."
"Das ist ja sehr nett von dir, aber es ist zu spät. Er hat mich verlassen und ist in New York. Er hat sich gegen mich entschieden."
"Sprech ich Chinesisch? Er wollte dich bloß schützen, Faith!"
"Das habe ich schon verstanden, aber wie soll ich ihn überhaupt erreichen? Er antwortet eh nicht auf meine Nachrichten."
Sie denkt kurz nach.
"Hast du nicht seine Adresse?"
"Nein."
"Aber seine Eltern haben sie bestimmt."
"Ja und? Ich kenne seine Eltern kaum und selbst wenn, ich kann doch jetzt nicht nach New York fliegen."
"Wieso nicht?"
"Die Prüfungen!", antworte ich.
Maddy verdreht wieder die Augen.
"Du Streber", schimpft sie.
"Okay, wie wäre es damit: Ich finde seine Adresse in New York heraus und du versprichst mir, dass du nach den Prüfungen zu ihm fliegst."
"Und was hast du davon?"
Sie zuckt gleichgültig mit den Schultern.
"Ich muss mein Karma aufbessern. In Vergangenheit war ich ein ziemlich schlechter Mensch."
Ich muss schmunzeln. Scheiße, fange ich an sie zu mögen?
"Also, deal?"
"Deal", antworte ich.
Sie öffnet die Autotür und springt raus. Ich tue es ebenfalls.
"Willst du noch mit reinkommen, Maddy? Keine Sorge, ich habe meinen Eltern nichts davon erzählt, dass du für meinen Sturz verantwortlich warst."
"Oh, lieber nicht."
"Okay."
Wir schweigen uns für eine Minute an.
"Danke, Maddy. Danke, dass du deine Meinung doch noch geändert hast. Und es tut mir wirklich leid, wie das alles gelaufen ist. Das hast du nicht verdient. Cassie hatte jedes gute Recht, es dir zu sagen. Ich wollte nie, dass es so läuft."
Sie lächelt sanft.
"Ach hör auf, ich fang noch an dich zu mögen", scherzt sie und wir beide müssen lachen.

Eins ist klar: Maddy und ich werden in Zukunft vielleicht keine besten Freunde sein, aber wenigsten ignorieren wir uns nicht mehr.

Die Prüfungen sind durch. Ich bin so erleichtert. Ich glaube ich habe noch nie so viel gelernt wie in den letzten Wochen. Mein Kopf ist explodiert vor Lernstoff.
"Und wie liefs?", fragt Jules aufgeregt, als sie mir auf dem Gang entgegenkommt.
"Ganz gut, denke ich", antworte ich zufrieden. Sie legt ihren Arm um meine Schulter und zusammen schlendern wir nach draußen.
"Ich bin so erleichtert! Endlich Ferien und endlich keine Schule mehr!"
"Ja, du hast so recht. Nur noch die Abschlusszeremonie und das wars!", rufe ich.
"Und was machst du heute noch? Rue und ich wollten vielleicht feiern gehen. Kommst du mit?"
"Leider ist Faith heute schon anderweitig beschäftigt. Sie fliegt nach New York!", ruft eine Stimme von hinten. Wir drehen uns um und erblicken Maddy, die mir ein Flugticket hinhält. Skeptisch nehme ich es an.
"Was ist das? Hast du das etwa bezahlt?", frage ich.
"Mach dir mal darüber keine Gedanken. Du hast zwei Stunden, um zu packen und am Flughafen zu sein. Cassie hat angeboten dich zu fahren."
Völlig perplex schaue ich Jules an.
"Was willst du denn in New York?", fragt sie.
"Das ist eine lange Geschichte. Hast du auch seine Adresse?", frage ich Maddy.
"Die schicke ich dir gleich aufs Handy. Also, wir helfen dir beim packen! Na los!"

Zu dritt steigen wir ins Auto und fahren zu mir nach Hause. Während Jules und ich packen, erzählt Maddy meinen Eltern davon. Sie kann wirklich überzeugend sein. Ich bin so aufgeregt, dass ich nicht mal mehr klar denken kann. Was ist, wenn Nate mich gar nicht mehr will? Nein, das ist Quatsch, oder?

Cassies großes Auto hält vor dem Haus. Wir steigen ein und als ich Rue und Kat im Auto sehe, kreische ich laut auf.
"Ihr seid auch da?", frage ich.
"Natürlich! Wir müssen dich doch verabschieden, bevor wir dich nie wieder sehen", antwortet Kat.
"Wer weiß, ob Nate dich je wieder gehen lässt!", scherzt Cassie.
Wir steigen ein, hören zusammen Maddys Playlist, bestehend aus Nicki Minaj und Cardi B, und singen mit.
Ich weiß nicht, wann ich das letzte mal so glücklich war. Hätte mir jemand erzählt, dass das Schuljahr so enden würde, hätte ich ihm nie geglaubt.
Aber eins steht fest: Trotz allen Umständen, habe ich Freunde fürs Leben gefunden. Und dafür bin ich mehr als dankbar.

Euphoria - Nate & FaithWo Geschichten leben. Entdecke jetzt