Die Nachricht über die Verlobung breitete sich am nächsten Tag im Dorf aus wie ein Lauffeuer. Den ganzen Morgen über kamen die Leute zur Casita um einen Blick auf das scheinbar glückliche Paar zu werfen, mit dem niemand gerechnet hätte. Alle schienen ein wenig verwirrt darüber zu sein, dass Sofia sich ausgerechnet für Bruno entschieden hatte. Und nicht für Manuel. Sie wurde sogar von einem älteren Herren gefragt, ob sie dazu gezwungen worden wäre, was sie jedoch freundlich verneinte.
Keiner schien zu ahnen, was sich wirklich zugetragen hatte. Nicht einmal ihre Tante, denn diese kam noch vor dem Frühstück zu ihr und wirkte äußerst erfreut über diese Wendung. Meinte sogar, sie hätte es insgeheim schon die ganze Zeit gewusst. Immerhin könnte man es dem jungen Paar an der Nasenspitze ansehen, wie verliebt sie waren.
Sofia dachte daran zurück und war ungemein betrübt darüber. Natürlich hatte sie Gefühle für Bruno und unter anderen Umständen wäre sie im Moment die glücklichste Frau der Welt. Doch sie war sich bewusst, dass ihre Gefühle nicht erwidert wurden und vermutlich würde das auch nie der Fall sein. Alles worauf sie hoffen konnte, war, dass Bruno und sie einen Weg finden würden, irgendwie mit einander aus zu kommen.
Sofia saß gerade auf einer kleinen Bank im Garten hinter der Casita, die Beine angewinkelt und fest mit den Armen umschlugen.
"Sof?" Camilo tauchte hinter ihr auf und sorgte dafür, dass sie überrascht zusammen zuckte. "Alles ok?"
Die Schwarzhaarige nickte nur.
"Warum hast du nichts gesagt?", wollte er wissen und schien sichtlich verletzt darüber, dass seine beste Freundin ihm nicht in die Pläne eingeweiht hatte.
Diese zuckte jedoch nur mit den Schultern und sah in traurig an. "Es ist kompliziert."
"Ist es das nicht immer?", entgegnete er und ließ sich neben ihr auf der Bank nieder. "Du weißt das du immer mit mir reden kannst? Ich seh doch, dass irgendwas nicht stimmt."
Sofia seufzte und ließ den Kopf hängen. Sie wusste, dass sie dem Lockenkopf alles anvertrauen konnte. Doch... war er nicht der einzige der mit hörte. Innerlich dachte sie kurz darüber nach, mit Camilo in sein Zimmer zu gehen, um mit ihm zu reden, doch am Ende war es eigentlich auch egal, ob seine Schwester sie belauschte. Sollte sie ruhig hören, wie es sich wirklich zu getragen hatte.
Und so begann Sofia ihm wirklich alles zu erzählen. Angefangen mit ihren kleinen Treffen zwischen den Wänden, bis zu der wachsenden Anziehung und den Gefühlen ihrerseits. Sie redete darüber, wie er sie abgewiesen hatte und aufgrund welcher Vision Bruno sie an der Hochzeit gehindert hat. Sofia bemerkte, wie Camilo neben ihr immer ruhiger wurde und alles zu verarbeiten versuchte. Klar, hatte er geahnt, dass etwas zwischen seinem Onkel und seiner besten Freundin war, aber in welchem Ausmaße wurde ihm erst jetzt richtig bewusst.
Schließlich erklärte sie ihm auch, was am Abend von Dolores Verlobung geschehen ist. Sprach vom Alkohol und dem Bedürfnis Bruno nah sein zu wollen. Überrascht sah Camilo sie an, als sie ihm dann letztendlich von dem Missverständnis mit seiner Abuela erzählte, was nun zur Verlobung geführt hatte.
"Wow.", kam es anschließend nur von Camilo, der sich gehen die Rückenlehne der Bank fallen ließ.
Eine ganze Weile sagte niemand etwas. Sie saßen einfach nur da. Die Mittagssonne schien auf sie hinab und es waren nur wenige Wolken am Himmel zu sehen.
Plötzlich wurde sie von zwei langen Armen umschlungen. "Warum hast du denn nichts gesagt?", brummelte Camilo in ihre langen Haare.
"Ich weiß nicht.", flüsterte sie und legte ihren Kopf an den seinen an. "Erst habe ich es gar nicht wirklich realisieren können. Und dann... war es zu spät und ich wollte einfach vergessen. Dann geschah plötzlich alles mit einmal und..." Sofia schluchzte.
"Abuela wird euch nicht glauben.", realisierte Camilo jetzt erst so richtig und setzte sich wieder aufrecht hin. Die Schwarzhaarige nickte nur stumm.
Wahrscheinlich war es nun Zeit, sich damit abzufinden. Auch wenn ihr das Herz brechen wollte, bei dem Gedanken daran, wie Bruno sich jetzt fühlen musste. Wie sehr musste er sie hassen.
Laute Stimmen drangen vom Inneren der Casita an ihre Ohren. Es klang als würde jemand streiten. Sofort standen die beiden Freunde auf und begaben sich eilig nach drinnen. Im Innenhof fanden sie schließlich den Ursprung des Aufruhrs.
Félix und Agustín stritten lautstark mit... Manuel? Der junge Mann hatte sich bedrohlich vor den beiden auf gebaut, wovon sie sich aber nicht beeindrucken ließen.
"Geht aus dem Weg und lasst mich zu ihr.", sagte Sofias ehemaliger Verlobter. So wütend kannte sie ihn gar nicht. Natürlich musste er von den neusten Ereignissen gehört haben, doch das war doch kein Grund dafür, so den beiden Madrigals gegenüber zu reagieren. Die konnten schließlich am wenigsten dafür. Die Vision kam ihr wieder in den Sinn und sie schüttelte den Kopf, bevor sie schließlich zu den Streitenden trat.
"Suchst du mich?", fragte sie, obwohl sie die Antwort ja bereits kannte. In Sekundenschnelle drehte sich Manuel zu ihr um und wollte auf sie zu rauschen. Félix jedoch hielt ihm am Arm fest.
"Schon ok, Félix.", versuchte sie diesem zu verstehen zu geben, dass sie mit Manuel schon klar kommen würde. Zumindest hoffte sie das. Pepas Mann lies Manuel los, blieb aber weiterhin stehen, bereit, jederzeit dazwischen zu gehen.
"Sag mal, willst du mich eigentlich verarschen?", fauchte ihr ehemaliger Verlobter sie an. "Was soll die Scheiße? Erst lässt du mich am Altar stehen, dann wirfst du dich diesem Spinner an den Hals?" Sofia schreckte vor ihn und seinen Worten zurück. Zwar ging sie davon aus, dass er nichts von den Umständen der Verlobung wissen konnte, dennoch irritierte es sie. Seine Wut jagte ihr eine Angst ein, die sie so noch nicht gespürt hatte.
"Manuel, bitte, beruhige dich.", sagte sie und hob beschwichtigend die Hände. "Lass mich dir erklär-"
"Das gibt es nichts zu erklären!!", fauchte er sie weiter an, als er ihr ins Wort fiel. Nur beiläufig bekam Sofia mit, wie sich der Himmel mit dichten Wolken verdunkelte.
"Das denke ich auch."
Überrascht drehten sich alle zu Bruno um, der langsam die Treppe herunter kam, die Kapuze seines Ponchos tief ins Gesicht gezogen.
"Du solltest jetzt nach Hause gehen. Und... pass auf, wo du hin trittst.", grinste er unter der Kapuze hervor und stellte sich schließlich demonstrativ neben Sofia. Manuel nicht aus den Augen lassend, legte er der Schwarzhaarigen eine Hand auf die Schulter.
"Das werdet ihr bereuen!", damit rauschte Manuel ab.
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dos oruguitas (Bruno x OC)
Fiksi Penggemar-- Encanto -- Um die Verlobung Ihres Cousins zu retten, muss Sofia herausfinden, wie man dem Wunder helfen kann. Doch kann sie ihre Angst überwinden und Bruno um Hilfe bitten? Charaktere könnten ooc werden, Story abweichen