Die Feier neigte sich langsam dem Ende zu und Sofia war schon einige Zeit auf der Suche nach Bruno, konnte ihn aber nirgends entdecken. Sie sah jedoch Dolores, die sich gerade von Mariano verabschiedete.
"He Sofia, kommst du gleich mit?", fragte ihr Vetter, aber sie schüttelte nur den Kopf.
"Ich werde schauen, ob ich nicht noch mit aufräumen kann.", sagte sie nur und sah zu, wie er nickte und sich auf dem Heimweg machte.
"Dolores?" Sie wandte dich an die junge Frau neben ihr, als Mariano außer Hörweite war. "Hast du zufällig eine Ahnung, wo dein Onkel steckt?"
Die Angesprochene legte den Kopf schief und lauschte. "Auf dem Dach."
"Danke." Sofia runzelte die Stirn und sollte sich gerade auf dem Weg machen, als Dolores sie noch aufhielt.
"Manuel scheint nett zu sein. In deinem Alter." Verwirrt sah Sofia ihr hinterher als sie ging und fragte sich, was sie ihr damit denn jetzt sagen wollte. War es eine Anspielung? Dachte sie etwa... Bruno und sie... Natürlich war da der Kuss gewesen, den Dolores sicherlich mit bekommen hatte, doch... das war ja nichts weiter gewesen... oder? Kopfschüttelnd schob sie den Gedanken beiseite.
Es dauerte eine Weile, bis sie sich dank Casitas Hilfe einen Weg aufs Dach gebahnt hatte. Dort sah sie Bruno auf den Ziegeln liegen und zum Himmel hinauf schauen.
"Hey." Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, als sie sich vorsichtig neben ihn setzte. Innerlich betend, nicht abzurutschen.
Er sagte nichts, sondern sah einfach nur weiter nach oben."Es ist toll, dass alles gut gegangen ist, nicht?", sprach sie weiter und legte ihre Arme um ihre angewinkelten Beine.
"Jop.", war alles, was er jedoch dazu zu sagen hatte.
"Bruno.", sagte sie und stupste ihn mit dem Ellenbogen an. "Was ist los."
Wieder sagte Bruno nichts und Sofia gab vorerst auf. Schweigend sah sie ebenfalls zum Himmel auf und verlor sich in Gedanken. Ließ den heutigen Tag Revue passieren. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, seit dem sie gestern mit Mirabel und Bruno noch inständig darauf hoffte, dass alles gut werden würde. Wie es wohl von nun an werden würde? Würde es für Mirabel nun doch eine Aufgabe in dieser Familie geben? Würde Bruno wieder in die Zukunft schauen? Und was war mit ihr? Würden Bruno und sie sich immer noch sehen oder würde es sich irgendwann verlaufen? Was, wenn sie Manuels Antrag wirklich annehmen würde? Er wäre dagegen, da war sie sich sicher. So viele Fragen schwirrten ihr im Kopf herum. Nur die Zeit würde zeigen, wie es sich entwickelte.
"Wirst du es tun?", fragte Bruno so plötzlich, dass Sofia zusammen zuckte.
"Was meinst du?"
"Der Antrag.", seufzte er und setzte sich auf.
"Dolores" Sofia verdrehte die Augen und sah Bruno an. "Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Die ganze Sache... ich mein, ich konnte mir denken, dass meine Tante es sich wünschen würde, aber das auch er solche Gedanken hat... ich habe es nicht erwartet."
"Wem sagst du das", seufzte Bruno und stand auf. Sofia tat es ihm gleich und sie sahen sich nun direkt in die Augen.
Ob es nun der Alkohol war, der heute in nicht gerade kleinen Mengen konsumiert wurde, oder die Wärme seines Körpers, konnte sie nicht sagen. Doch wieder bekam sie ein warmes Kribbeln in der Magengegend und ihr Herzschlag beschleunigte sich.
"Bruno? Warum hast du mich geküsst?", platzte es schließlich aus ihr heraus, noch ehe sie es verhindern konnte. Egal, wie oft sie darüber nach dachte und sich einreden wollte, dass es an der Aufregung gelegen hatte, es wollte ihr einfach nicht in den Kopf gehen.
Verlegen sah er zur Seite und kratzte sich am Kopf. "Ist das nicht eigentlich offensichtlich gewesen?", fragte er schließlich und sah sie wieder direkt an.
"Wenn es so wäre, dann würde ich jetzt nicht hier stehen und dir diese Frage stellen." Sofia trat noch einen kleinen Schritt näher an ihn ran. Es fehlte nicht mehr fiel und ihre Körper würden sich berühren. "Also... warum Bruno."
"Es spielt im Grunde keine Rolle.", wollte er ausweichen und trat einen Schritt zurück.
"Bruno." Ihre Stimme hatte etwas nachdrückliches. "Jetzt bleib hier und sag es mir."
Er lachte auf, aber es war kein fröhliches Lachen. "Du willst es also wirklich wissen, ja?" Der Ältere machte wieder einen Schritt auf sie zu, nahm diesmal aber ihr Gesicht in beide Hände, wollte seinen Worten Nachdruck verleihen. "Weil ich, seit dem ich dich das erste Mal durch die Wand in diesem Haus habe stehen sehen, an nichts anderes mehr denken kann. Weil du in meinem Kopf bist, wenn ich esse, wenn ich schlafe. Ja sogar als ich mit Mirabel die Vision nochmal hervor geholt habe, warst du allein in meinen Gedanken. Seit dem du das erste Mal zwischen den Wänden warst, habe ich jeden Tag nur darauf hin gelebt, dass du wieder durch die Tür schneist und den Raum mit deinem Duft erfüllst."
Sofia blieb der Atem weg, ihr Kopf war wie leer gefegt, stattdessen saugte ihr Herz jedes seiner Worte auf wie ein trockener Schwamm.
"Und genau deswegen habe ich dich geküsst, Sofia. Und genau deswegen werden wir das nicht mehr machen können. Ich bin viel zu alt um dir das Leben zu geben, dass du verdienst. Mein Ruf.. die Leute im Dorf... es geht nicht." Er wollte sie wieder los lassen und zurück treten, doch Sofia streckte die Hand aus und zog ihm an seinem Oberteil zurück.
"Mir egal, was die Leute sagen oder denken.", flüsterte sie und schließlich fanden ihre Lippen die seinen.
Sofias Herz explodierte wie ein Feuerwerk und ihr ganzer Körper schien von kleinen Blitzen durchzuckt zu werden, die ihren Verstand benebelten. Alles drehte sich und doch war es anders als alles was sie vorher gespürt hatte. Sie fühlte sich so lebendig wie noch nie.
Glücklich seufzte sie in den Kuss hinein, als Bruno ihn erwiderte. Ihre schlanken Finger lösten sich von seinem Oberteil, glitten zaghaft seine Brust hinauf und an seinem Hals vorbei, bevor sie sich schließlich in seinen langen Haaren vergruben. Etwas, was sie schon so lange einfach machen wollte.
Bruno schloss seine Arme um sie und zog sie näher zu sich heran. Es war als würde jetzt alles einfach Sinn ergeben. Dass sie nach Encanto zurück kam, dass sie ihm begegnet ist. Warum sie immer wieder zu ihm gegangen ist.
"Nein", hauchte Bruno und schob sie schneller von sich, als sie überhaupt realisieren konnte.
"Was?", fragte sie verwirrt und realisierte seinen gequält Gesichtsausdruck. "Bruno..." Sie wollte auf ihn zu gehen, doch mit jedem wackligen Schritt den sie auf ihn zu machte, machte er einen zurück.
"Ich... es tut mir leid...", fing er an und hob die Hände, als könne er sie so aufhalten. Sofia wollte schon lachen, schließlich hatte sie ihm ja jetzt geküsst. "Es war ein Fehler, der nicht wieder vor kommen wird."
Sie ließ die Schultern hängen und schaute ihn entgeistert an. "Bruno... ich versteh nicht."
Er blickte auf die Ziegel unter sich. "Das wirst du noch. Am besten du vergisst mich. Hasst mich meinetwegen. Aber mein Entschluss steht fest. Führ dein Leben weiter. Es wird ein gutes Leben sein."
"Du machst es dir gern einfach, nicht wahr?", fragte sie und presste die Lippen aufeinander, während sie mit den Tränen rang. "Den Problemen immer aus dem Weg gehen."
"Du solltest jetzt nach Hause gehen.", sagte er und drehte sich um. Sofia sah ihm hinterher bis er verschwand. Erst dann gaben ihre Beine unter ihr nach. Die Gedanken schwirrten ihr durch den Kopf. Gerade war sie doch noch so glücklich gewesen. Sie hatte nicht geahnt, dass sie so für ihn empfinden würde, doch in dem Augenblick wo sie sich küssten, sie seine Arme um sich spürte.... da war ihr alle klar. Und jetzt wollte ihr das Herz brechen. Doch sie wollte die Tränen nicht zu lassen und kämpfte dagegen an, als die zitternd wieder auf stand. Wie konnte er nur? Erst küsste er sie, dann wies er sie ab. Zum 2. Mal. Das würde sie ganz sicher nicht vergessen.
Sofia straffte die Schultern und klopfte sich den Dreck vom Kleid, bevor sie vom Dach kletterte.
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dos oruguitas (Bruno x OC)
Fanfiction-- Encanto -- Um die Verlobung Ihres Cousins zu retten, muss Sofia herausfinden, wie man dem Wunder helfen kann. Doch kann sie ihre Angst überwinden und Bruno um Hilfe bitten? Charaktere könnten ooc werden, Story abweichen