Entscheidung

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POV Camilo

Camilo kehrte am Abend zusammen mit seinen beiden Cousinen, Mirabel und Luisa, aus dem Dorf zurück. Sein Onkel Bruno war bereits den dritten Tag verschwunden und so langsam war es auch im Dorf kein Geheimnis mehr. Besonders nach Manuels Aufstand am Vortag. Abuela hatte darum gebeten, dass sie die Bewohner ein bisschen beruhigen sollten. Sie davon überzeugen sollten, dass alles gut war und sich niemand Sorgen machen musste. Das hatte zum Glück auch mehr oder weniger gut geklappt, auch wenn es immer noch ein paar gab, die skeptisch waren. Auch in der Familie Madrigal gab es immer mehr, die nicht mehr wussten, wie sie über sein Verschwinden denken sollten. Ob sie wirklich glauben sollten, dass alles nur ein großes Missverständnis war.

Zusammen betraten sie die Casita und blieben überrascht stehen, als sie Sofia in der Mitte des Innenhofes auf dem Boden liegen sahen. Sofort eilten sie hin.

Camilo hockte sich neben sie und legte ihr besorgt eine Hand auf die Schulter. Ihr Gesicht konnte er nicht ganz erkennen, denn sie lang mit dem Bauch voran auf dem gefliesten Boden.

"Hey Sof.", fing er besorgt an und runzelte die Stirn. "Alles ok? Was machst du denn da?"

Die Schwarzhaarige schluchzte, sah ihn aber nicht an, als sie antwortete. "Ich umarmte Casita. Sie hat so viel mit gemacht, sie braucht das jetzt."

Camilo verdrehte die Augen und warf seinen Cousinen einen Blick zu. Der Alkoholgeruch, der von ihr aus ging, war wahrlich nicht gerade dezent. Der Lockenkopf setzte sich nun im Schneidersitz neben sie. Keiner von ihnen schien so recht zu wissen, wie sie nun mit dieser Situation umgehen sollten. Das Bruno weg ist, war für jeden hier verdammt scheiße, hatten sie ihn doch gerade erst wieder bekommen. Doch Sofia schien es härter zu treffen, als sie sich gedacht hätten. 

"Wenn ich mich selbst schlage und es tut mir weh... bin ich dann stark oder schwach?", fragte sie plötzlich und drehte sich mehr schlecht als recht auf den Rücken. Verdutzt sahen sich die Madrigals an.

"Schwach.", antwortete Luisa darauf, nach einigem Zögern und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Stark.", widersprach Camilo und sah seine beste Freundin mitleidig an. Er hatte keine Ahnung, worauf sie mit dieser Frage hinaus wollte. 

"Ein Dummkopf.", kam es dann aber von Mirabel, die von den anderen Beiden dafür überrascht angesehen würde. Doch davon ließ sie sich nicht beirrten und hockte sich auf Sofias andere Seite. "Das ist es, was du dann bist." Sie nickte ihrer Schwester kurz zu. "Bringen wir sie ins Bett."

Luisa nickte und hob Sofia hoch, als wäre sie nicht schwerer als eine Feder. Diese brummelte irgendetwas vor sich hin, ließ es aber gesehen. Zusammen gingen die vier die Treppe hinauf in Mirabels Zimmer. Dort legte Luisa sie vorsichtig auf dem Bett ab. 

"Ruh dich aus.", sagte Mirabel und strich ihr einige dunkle Strähnen aus dem Gesicht. 

"Er ist einfach gegangen.", schluchzte Sofia und zog ihr Kissen fest an sich. 

"Es ist nicht deine Schuld.", sagte Camilo und setzte sich neben sie aufs Bett. Es schmerzte ihn, seine Freundin so zu sehen. Er warf seinen Cousinen einen kurzen Blick zu und schickte sie damit hinaus. Es war vermutlich besser, wenn er allein mit Sofia sprach. "Wir können nicht wissen, was passiert ist."

Sofia setzte sich auf und wischte sich über die Augen. "Was soll schon passiert sein? Niemand hat ihn gesehen, Dolores sagt auch nichts. Und das kurz vor der Hochzeit. Jetzt sag mir mal bitte, was ich da denken soll?" Gequält sah sie ihn an, doch leider konnte Camilo ihr nicht die Antwort geben, die sie brauchen würde. 

Einen Moment lang saßen sie einfach nur schweigend da. "Vielleicht hatte Manuel recht.", hauchte sie und schluchzte wieder. 

Verwirrt sah Camilo sie an. "Sag doch sowas nicht. Der Typ ist ein Spinner."

dos oruguitas (Bruno x OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt