Zusammen mit ihrem Bruno lief sie den schmalen Gang entlang. Es war, als wären all die schlechten Gefühle, die sie die letzten Tage durchleben musste, wie weggeblasen. Alles was sie jetzt spürte, war das pure Glück und die Liebe, die sie für diesen Idioten empfand. Fest drückte sie seine Hand, was ihn dazu brachte, zu ihr zu schauen. Liebevoll lächelte er sie an, doch da war noch etwas anderes in seinem Blick. Aufregung? Sie konnte es nicht so ganz deuten.
"Willst du mir wirklich nicht sagen, was du die ganze Zeit gemacht hast?", versuchte sie es aus ihm heraus zu locken. Die Neugier war einfach zu groß.
Doch er schüttelte nur seinen lockigen Kopf. "Und die Überraschung verderben?", fragte er im Gegenzug, als sie am Durchgang hinter dem Bild an kamen. "Klopf, Klopf, Klopf auf Holz.", murmelte er und klopfte auf diversen Stellen herum. Sofia brachte er damit zum Kichern. Oh, wie sehr sie das in den letzten Tagen vermisst hatte.
Sofia hörte die aufgeregten Stimmen, noch bevor sie hinter Bruno durch das Loch kletterte. Überrascht sah sie nach unten in den Innenhof. Das halbe Dorf war versammelt und versuchte einen Blick in die Küche zu erhaschen. Verwirrt runzelte sie die Stirn und versuchte sich einen Reim darauf zu machen, was hier vor sich ging. Ein wenig zögerlich ergriff sie Brunos Hand, die er ihr reichte. Kurz überlegte sie, ob sie da wirklich herunter gehen wollte. Doch eine wirkliche Wahl schien sie nicht zu haben und neugierig war sie ja schließlich auch. Also atmete sie einmal tief durch und nickte ihrem Freund knapp zu, bevor sie sich mit ihm nach unten begab.
Es dauerte eine Weile, bis sie sich ihren Weg durch die Massen gekämpft hatten. Und als sie dann endlich die Küche und das angrenzende Esszimmer erreichten, war sie nicht minder verwirrt. Die ganze Familie Madrigal saß zusammen am Tisch. Sogar Mariano und ihre Tante Rosa waren da.
"Was ist hier los?", fragte sie in die Runde. Erst jetzt realisierte sie den fremden Mann, der, mit dem Rücken zu ihr, neben ihrer Tante saß. Diese hatte ihre Hand auf der seinen liegen und Sofia realisierte kaum die Tränen, die der älteren Frau in den Augen lagen.
Es kam ihr vor, als würde die Welt sich nur noch in Zeitlupe bewegen, als der Mann aufstand und sich zu ihr umdrehte. Ihr Gehirn wollte gar nicht so recht realisieren, was sie da eigentlich sah. Die Tränen schossen ihr in die Augen und sie schluchzte, bevor sie ihm regelrecht in die Arme sprang.
"Papá!!" Es war nicht mehr als ein Hauchen, als sie sich von ihm in die Arme nehmen lies und ihn fest an sich drückte. Sofia ließ ihren Gefühlen freien Lauf. Nie hätte sie gedacht, nie ahnen können, dass sie ihn wirklich nochmal wieder sehen würde. Alles um sie herum war vergessen. Alles war egal, als sie den ihr so vertrauten Duft ihres Papás nach Rauch und teuren Gewürzen einatmete. Spürte nicht mal, wie die Tränen ihr zahllos übers Gesicht rannen.
"Oh, Mi cielo", hörte sie ihn sagen. Auch er schien ein wenig überwältigt davon zu sein, seine Tochter endlich wieder im Arm halten zu können.
Es dauerte eine Ewigkeit, ehe sie sich wieder von einander lösten.
"Papá, was machst du denn hier?", fragte sie und wischte sich die Tränen mit einem Tuch weg, welches Julieta ihr reichte.
"Was mache ich wohl hier?", fragte er lächelnd und nahm ihr Gesicht in beide Hände. "Nichts auf dieser Welt hätte mich davon abhalten können, bei der Hochzeit meiner Tochter dabei zu sein."
"Hochzeit...", wiederholte sie und drehte sich ruckartig zu Bruno um, der die ganze Szenerie liebevoll beobachtete. "Du hast ihn her gebracht.", es war mehr eine Feststellung, als eine Frage.
Bruno nickte und grinste sie an. "Du hast gesagt, du hättest ihn gerne dabei und dadurch, dass es jetzt zwischen den Bergen einen Weg gibt...", sagte er und ließ den Rest offen.
"Setzen wir uns doch.", fing ihr Vater an und Casita holte noch weitere Stühle heran. Als alle nun am Tisch saßen, fuhr er fort. "Wusstest du, dass er mich extra noch um Erlaubnis gebeten hat, dich heiraten zu dürfen, bevor er mir angeboten hat, mit zu kommen?"
Sofia schüttelte den Kopf. Woher sollte sie es denn auch wissen. Sie hatte ja nicht einmal ansatzweise ein Ahnung gehabt. Kurz sah sie Dolores an, die sie aber nur kurz anlächelte.
"Ich glaube, das schreit nach einer kleinen Feier!", sagte Abuela und wurde dann von den Dorfbewohnern unterbrochen, die freudig jubelten.
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dos oruguitas (Bruno x OC)
Fanfic-- Encanto -- Um die Verlobung Ihres Cousins zu retten, muss Sofia herausfinden, wie man dem Wunder helfen kann. Doch kann sie ihre Angst überwinden und Bruno um Hilfe bitten? Charaktere könnten ooc werden, Story abweichen