Brandbekämpfung

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Sofia saß inmitten der Familie Madrigal am Tisch und hatte Mühe, überhaupt halbwegs gleichmäßig zu atmen. Alma hatte seit Stunden niemand mehr gesehen, aber da Dolores nichts sagte, machte sich auch keiner der anderen Sorgen. Bis auf Sofia und Bruno. Auch wenn sie nicht da war und anscheinend mit niemanden gesprochen hatte, so kam es ihr doch so vor, als würde es jeder wissen. Doch vermutlich bildete sie sich das wirklich nur ein, denn jeder schien die beiden völlig normal zu behandeln.

Bis auf Dolores. Die junge Frau aß keinen Bissen, sondern bedachte ihren Onkel und Sofia nur mit vernichtenden Blicken. Auch wenn sie nicht gehört hatte, was in Brunos Turm geschehen ist, so musste sie zumindest das mitbekommen haben, was im Innenhof geschah. Und ihre eigenen Schlüsse ziehen. Sofia wünschte sich, der Boden unter ihr würde sich auf tun und sie verschlingen.

"Ist alles in Ordnung?", fragte Julieta sie plötzlich und deutete auf das Essen, welches unangerührt auf Sofias Teller lag. Die Schwarzhaarige nickte stumm und wagte es nicht sie an zu sehen. Das musste sie auch gar nicht, um zu wissen, dass diese auch den noch immer vollen Teller ihres Bruders bemerkte.

Als die Tür der Küche aufgestoßen wurde und Abuela Alma eintrat, versteifte sie sich nur noch mehr. "Ich habe euch etwas mitzuteilen.", sagte die Ältere ruhig, während sie sich an den Tisch stellte, hinter ihr der Stammbaum der Familie. Sofia war sich sicher, dass jetzt der Moment war, in dem ihr Herz endgültig versagte. Gespannt sahen alle zu dem Familienoberhaupt auf. Bis auf Bruno und Sofia. Und Dolores, natürlich, sie wusste bereits, was jetzt kommen würde. Sicher hatte Abuela schon mit ihrer Tante gesprochen.

Die Ältere schien sich einen Augenblick lang sammeln zu müssen, bevor sie anfing mit sprechen. "Wie ihr sicher mitbekommen habt, war ich den ganzen Tag über im Dorf. Ich hatte etwas wichtiges zu klären." Ja, jetzt war Sofia sich sicher, ihr Herz hatte den Geist aufgegeben. Alma schien Probleme damit zu haben, die richtigen Worte zu finden. Warum zum Teufel sprach sie es nicht einfach aus und brachte es hinter sich. "Ich hatte ein wirklich langes Gespräch mit Señora Guzmán, denn Bruno und unsere liebe Sofia haben uns etwas wichtiges verschwiegen." Wieder machte sie eine Pause, die Sofia wie eine Ewigkeit vor kam. Auch die anderen schienen irritiert darüber. Normalerweise sagte Abuela immer direkt das, was gesagt werden musste. "Nicht nur Brunos Vision war allem Anschein nach der Auslöser dafür, dass Sofias Hochzeit platzte, sondern auch die Tatsache, dass sie selbst vorhaben, sich zeitnah das Eheversprechen zu geben."

Damit war die Bombe geplatzt und traf jeden. Erschrocken und Verwirrt zugleich sah jeder zu Alma, bevor das Chaos aus brach. Alle fingen an, durcheinander zu reden. Camilo verwandelte sich im Sekundentakt, während Pepa einen Sturm durchs Haus schickte. Dolores hielt sich die Ohren zu und durchbohrte ihren Onkel und Sofia abwechselnd mit tödlichen Blicken, bevor sie aus dem Raum rannte. Luisa und Isabela versuchten aufgeregt heraus zu bekommen, wie es dazu gekommen ist. Félix hatte währenddessen Mühe, seine Frau zu beruhigen und Agustín rutschte sogar die Brille aus dem Gesicht.

Julieta war die erste, die sich aus ihrer Starre löste und erst ihren Bruder, dann Sofia, erfreut in die Arme nahm. "Oh, ich wusste, dass alles gut wird.", sagte sie laut.

Sofia konnte immer noch nichts sagen, sondern sah erst ihre wahrscheinlich zukünftige Schwiegermutter an, dann ihren scheinbaren Verlobten. Dieser schien wie erstarrt in seinem Stuhl zu sitzen und wenn sie es nicht besser wüsste, könnte man meinen er wäre ein Geist, so blass sah er mittlerweile aus.

"Beruhigt euch!" Abuelas Stimme schallte durch den Raum und zog die Aufmerksamkeit wieder vollständig auf sich. "Ich würde euch bitten, mich einen Moment mit den beiden allein zu lassen."

Aufgeregtes Murmeln erklang und die Familie verließ das Zimmer.

Erst jetzt schien Sofia wieder Luft zu bekommen und atmete einmal kräftig durch. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, die sie einfach nur da saß. Noch immer schien Bruno sich keinen Millimeter zu rühren. Lebte er überhaupt noch?

"Nun.", sagte Alma leise und faltete die Hände in einander. "Es war kein leichtes Unterfangen, Señora Guzmán davon zu überzeugen. Ich hoffe, ihr wisst es eines Tages zu schätzen. Dennoch, wir sollten die Angelegenheit schnell und ohne weiteres Aufsehen zu erregen hinter uns bringen. Bevor es Fragen gibt." Als sie das sagte, bedachte sie Sofia mit einem Blick, den sie erst nicht deuten konnte. Doch eigentlich war es klar, was sie damit sagen wollte. Wenn Bruno und sie mit einander geschlafen hätten, dann müsste man davon ausgehen, dass dieses zusammenkommen Früchte tragen könnte. Aber Sofia wagte es nicht, jetzt etwas zu sagen und die Ältere zu korrigieren. Glauben würde sie es ihr wahrscheinlich sowieso nicht.

Zufrieden mit sich selbst, nickte Alma, straffte die Schultern und verließ schließlich ebenfalls den Raum.

"Bruno?" Sofia stand auf und wollte zu ihm herüber gehen, doch da war er bereits selbst auf den Beinen und wollte anscheinend ebenfalls raus. "Wo willst du hin?", fragte sie und stellte sich ihm in den Weg.

"Mit Mamá reden. Ich werde das grade biegen.", sagte er und wollte an ihr vorbei gehen, doch sie hielt ihn am Poncho fest.

Sofia schüttelte den Kopf und sah ihn mit traurigen Augen an. "Kannst du ja gern versuchen. Aber ich denke nicht, dass sie dir glauben wird." Sie atmete ein paar mal tief durch, bevor sie ihn los ließ und einen Schritt zurück trat. "Es tut mir leid.", flüsterte sie und sah zu Boden. "Ohne mich... wären wir jetzt nicht in dieser Situation."

Bruno lachte freudlos auf und schüttelte leicht den Kopf, sodass seine Haare ihm ein wenig mehr im Gesicht hingen. "Dir? Ich war es doch, der dich dazu gebracht hat, mit mir zu kommen. Aber ich will nicht dabei zu sehen, wie du dich unglücklich machst."

Stirnrunzelnd sah sie ihn an. "Das ist nicht allein deine Entscheidung fürchte ich. Wie schon gesagt. Deine Mutter wird sich sicherlich nicht überzeugen lassen und wenn dann raus kommt, was geschehen ist, beziehungsweise was sie glaubt was geschehen ist, dann ist alles vorbei. Wer wird uns schon glauben? Und denk mal an deine Nichte. Meine Tante hat viel akzeptiert von dem Chaos, das veranstaltet wurde. Ich denke nicht, dass sie, wenn auch nur die kleinsten Gerüchte aufkommen, noch zu Marianos und Dolores' Hochzeit zustimmen wird." 

Sofia atmete tief durch und versuchte ihre Atmung zu beruhigen. Es kam ihr vor, als wäre sie einen Marathon gelaufen. 

"Wir werden heiraten müssen, wenn wir nicht alle ins Verderben stürzen wollen."

dos oruguitas (Bruno x OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt